Bauen

Die "Höfe am Brühl". (Foto: Wiegand)

06.03.2015

Allgegenwärtiges Werkeln

Bauboom im tausendjährigen Leipzig

Leipzig wird heuer 1000 Jahre alt und die Baukräne tanzen dazu Ballett. Die Stadt, im Zweiten Weltkrieg zu 60 Prozent zerstört, füllt restliche Lücken und geht neue Projekte an. Denn Leipzig ist seit Jahren – abgesehen von Berlin – die am schnellsten wachsende Stadt Ostdeutschlands.
Was bisher, vor allem nach der Wende, neu oder wieder errichtet wurde, zeugt von Geschichtsbewusstsein. So zitiert das 1995 von RKW Architekten wieder aufgebaute Hansa Haus (in der Grimmaischen Straße) mit seinem geschwungenen Dachaufsatz den zerbombten Jugendstilbau. Originalgetreu rekonstruiert wurde der sich dahinter öffnende Speck’s Hof (Ursprung 1430), der Anfang des 20. Jahrhunderts, mehrfach erweitert, zu Europas bedeutendstem Handels- und Messehaus avancierte.

Der erste Lichtblick
auf dem Sachsenplatz


Dem wieder hergestellten Karstadt verpasste RKW ein schickes Innenleben. Jede volle Stunde schießt eine Fontäne aus dem Brunnen im Erdgeschoss bis zur obersten Etage empor. „Alle Besucher schleppen wir dort hin“, erzählt lachend Gästeführer Thorsten Plate. Gleich um die Ecke wartet die neue S-Bahn, wurde doch im Dezember 2013 nach zehnjähriger Bauzeit der City Tunnel Leipzig fertig. Kosten 960 Millionen Euro. Er ist das Herzstück des 430 Kilometer langen Mitteldeutschen S-Bahn-Netzes, das 104 Bahnhöfe verbindet. Je ein Architektenbüro gestaltete einen der vier Leipziger Stationen, beim Bahnhof Markt war es das Team Kellner-Schleich-Wunderling.
Momentan kreisen die Kräne vor allem rund ums Museum der Bildenden Künste, auch „Bildermuseum“ genannt. Dieser Glasbau von 2004, konzipiert von Hufnagel, Pütz, Rafaelian, war der erste Lichtblick auf dem lange Zeit leeren Sachsenplatz. Gleich daneben wurde das rote Stadtgeschichtliche Museum neu gebaut, ein Entwurf von Ulrich Coersmeier. Nach längerer Pause war 2011 das Wohn- und Geschäftshaus Katharinum beziehbar, geplant von Fuchshuber Architekten GmbH. Doch nun geht’s auch dort rund. Am Brühl, Leipzigs ältester Handelsstraße und Teil der Via Regia, reihen sich die Neubauten, viele mit dunklen verpixelten Fassaden, die die einstigen Häuser zeigen.
Der Brühl mündet auf den Richard-Wagner-Platz, wo 1908 das erste Kaufhaus nach Pariser Vorbild eröffnet wurde. Nach Zerstörung und Wiederaufbau zu DDR-Zeiten hieß es „Konsument“, wurde jedoch 1967 durch die geschwungene Aluminiumfassade von Harry Müller aufgewertet. „Blechbüchse“ witzelten die Leipziger. Fein aufgearbeitet ziert diese silbrige Verblendung nun die „Höfe am Brühl“. Das Shopping-Center dahinter sowie der Gesamtkomplex, geplant von Grüntuch & Ernst, Berlin, ist jedoch neu. Vitrinen draußen informieren mit Texten und alten Fotos, wie es am Brühl vormals ausgeschaut hat.
Ein anderer Bau-Schwerpunkt sind der Dittrich- und Martin-Luther-Ring. An der Schnittstelle und direkt am Pleißemühlgraben errichteten KSP Engel und Zimmermann, Frankfurt, 1996 die moderne Leipziger Zentrale der Dresdner Bank, jetzt Commerzbank. Nach der endgültigen Freilegung der zu DDR-Zeiten zubetonierten innerstädtischen Wasserstraßen werden die Boote direkt vor der Bank und angrenzenden Hotelneubauten bis ins Leipziger Neuseenland schippern. Leipzig als sächsisches Venedig.

Ein Dreieck mit dem
Rücken zum Neuen Rathaus


Den Martin-Luther Ring schmückt seit Mitte 2014 das von den Leipziger Architekten schulz&schulz konzipierte TRIAS-Hochhaus. Aus entsprechendem Winkel betrachtet, ist es ein Dreieck mit dem Rücken zum Neuen Rathaus (von 1905) und zitiert das Flatiron Building (von 1902) in Manhattan. Genau gegenüber dem Neuen Rathaus, Nonnenmühlgasse/Ecke Martin-Luther-Ring, geht die neue Propsteikirche St. Trinitatis ihrer Vollendung entgegen. Der 55 m hohe Turm und der flach gehaltene Baukörper sind mit rotem sächsischem Porphyr verkleidet und wirken optisch warm. Nicht nur das. 18 Sonden holen Erdwärme aus 140 Meter Tiefe zur Beheizung ins Gotteshaus. Überdies wird der Regen in einer Zisterne gesammelt und weiter genutzt.
Last but not least sind am Neuen Augusteum die Gerüste gefallen. Dieser Uni-Neubau, entworfen vom Niederländer Erick van Egeraat, ist das Schmuckstück am Augustusplatz. Auch die 1968 von der Stasi gesprengte Universitätskirche St. Pauli ist somit auferstanden aus Ruinen. Ihr Innenausbau hat sich jedoch verzögert, vermutlich wird sie im Dezember geweiht. Das wäre dann ein großartiger Ausklang des Jubiläumsjahrs. (Ursula Wiegand) (Das neue Augusteum mit der Universitätskirche St. Pauli; die S-Bahnstation Markt und das Stadtgeschichtliche Museum - Fotos: Wiegand)

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