Bauen

Der Eingang zum Justizpalast. (Foto: Staatliches Bauamt Bayreuth)

27.02.2015

Altes mit Neuem vereint

Generalsanierung des Justitzpalasts in Bayreuth

Man muss die Gerüste wegnehmen, wenn das Haus gebaut ist.“ Dieses Zitat von Friedrich Wilhelm Nietzsche wurde im Jahr 2014 beim Justizpalast in Bayreuth in die Tat umgesetzt und das Ergebnis der abgeschlossenen Generalsanierung somit der Öffentlichkeit präsentiert. Zum Vorschein kam ein altehrwürdiges Gebäude und ein gewohntes Bild im neuen Glanz an exponierter Stelle.
Die Generalsanierung des Justizpalasts in Bayreuth wurde in den Jahren 2008 bis 2014 in insgesamt sechs Bauabschnitten durchgeführt. Dabei galten die Bauabschnitte 1 bis 4 der Sanierung der Seitenflügel in einzelnen Teilbauabschnitten und in einem 5. Bauabschnitt wurde das „Herzstück“ des Gebäudes, welches neben dem Eingangsbereich auch zwei Sitzungssäle umfasst, von Grund auf saniert. In einem letzten Bauabschnitt wurden die Außenanlagen für moderne und zeitgerechte Ansprüche modernisiert und dem ehemaligen Justizgarten eine neue Optik verliehen. Somit ist der Außenbereich nicht nur Parkplatzfläche, sondern vor allem auch Freiraum mit neuer Aufenthaltsqualität.
Der Generalsanierung vorausgegangen war bereits die Sanierung der Sanitäranlagen im Jahr 2007. Bereits bei dieser Maßnahme wurde deutlich, welche Herausforderungen das Bauen im Bestand mit Blick auf den Denkmalschutz bedeuten kann. In den folgenden Abschnitten galt es vor allem das „angestaubte“ Bild des Justizgebäudes durch eine ansprechende und würdige Raumgestaltung für Besucher und Angestellte die Raum- und Aufenthaltsqualität adäquat zu verbessern. Dies ist unter Beteiligung von Fachrestauratoren unter anderem für Stuckarbeiten, Holzausstattungen und historischen Fensterkonstruktionen hervorragend gelungen. Die Komposition aus alten und bewährten Bauteilen in Verbindung mit neuen und modernen Funktionen sind oftmals besondere Prachtstücke. Als Beispiel sind hier die Leuchten im Treppenhaus zu nennen, welche als Originalelement nun mit neuester Leuchttechnik ausgestattet sind.
Ebenso wurden in Abstimmung mit dem Landesamt für Denkmalpflege alle erforderlichen Funktionen für einen Sitzungssaal in das vorhandene Raumgefüge integriert.
Bei der kompletten Sanierung der Sandsteinfassade und der Fensterkonstruktionen in allen Gebäudeabschnitten galt ein besonderes Augenmerk der Erhaltung des Bestands unter Betrachtung einer nachhaltigen Lösung für die Zukunft des Gebäudes. So wurde die Fassadenoptik nicht dem typischen Charakter beraubt und die Fenster behielten in großen Teilen ihre ursprüngliche Konstruktion.
Die bereits erwähnte Außenanlagenplanung sorgte anfangs für großen „Entdeckergeist“, da vermutet wurde, dass einmal ein Brunnen die Gartenanlage zierte. Intensive Recherchen haben allerdings nur ein Indiz ans Tageslicht gebracht: Zur Bauzeit um 1900 gab es neben einem Wäschetrockenplatz auf dem Gelände des Justizgartens auch einen großen Gemüse- und Blumengarten zur Selbstversorgung. Und eben diese Nutzung benötigte Wasserentnahmestellen zur Pflege der zahlreichen Beete und Pflanzflächen. Da auf absehbare Zeit die neu angelegten Parkplatzflächen nicht wieder einem Gemüsegarten weichen sollen, konnte im Zuge der Sanierung auf diese Art der Bewässerung verzichtet werden.
Auch wenn das Historische erhalten blieb und in Einklang mit der heutigen Architektur künftig im Gebäude anzutreffen ist, soll dabei die Eigenständigkeit jeder Zeitspanne betont werden. So sind einige Raumausstattungen nach zwei Weltkriegen und einigen Umbauten weit vor unserer Zeit teilweise nur noch in Fragmenten erhalten geblieben. In Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege erfolgten intensive Überlegungen, wie man mit historischen und neuen Elementen einen gelungenen Raumeindruck erzielen kann.
Als ein Beispiel ist hier die Deckensanierung im Sitzungssaal im 1. Obergeschoss zu nennen. Unter einer abgehängten Mineralfaserdecke verbarg sich ein Kleinod der künstlerischen Gestaltung zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Diese farbenfrohe und reich verzierte Holzbalkendecke ist nun wieder in voller Pracht zu bestaunen.
Eine besondere Aufgabenstellung bei allen Gerichtsgebäuden ist die Umsetzung von modernsten Anforderungen an die Sicherheit. Die Fragestellung, wie stabile Sicherheitsvorkehrungen mit schusssicherem Glas in einem offenen und für seine Zeit herausragenden Präsentationsraum umzusetzen sind, wurde mit allen Projektbeteiligten abgestimmt und zu einem guten Ergebnis geführt. In gemeinsamen Terminen wurde über Erhalt und Rückbau, über Notwendigkeit und Option sowie über Funktion und Optik abgestimmt und eine gemeinsame Lösung gefunden. Das Vestibül als Eingangsbereich ist auch mit Sicherheitseinrichtungen ein beeindruckender Raum durch Architektur und Größe.

Operation am
offenen Herzen


Nicht nur am Beispiel der Umsetzung der Sicherheitserfordernisse im Vestibül wurde deutlich, dass ein Gebäude dieser Art und in diesem Umfang einer Sanierung zu unterziehen, für Architekten wie für einen Chirurgen eine Operation am offenen Herzen ist. In Bayreuth wurden im 5. Bauabschnitt neben dem Eingangs- und Sicherheitsbereich zudem zeitgleich zwei Sitzungssäle saniert, was einer organisatorischen und logistischen Meisterleistung auf beiden Seiten, also dem Patienten und dem Operateur, glich. In dieser Zeit stand neben neu eingerichteten kleinen Sitzungssälen vor allem der historische Schwurgerichtssaal zur Verfügung. Im Zuge der Sanierung wurde hier das sehr beeindruckende Mosaikglasfeld an der Saaldecke zu neuem Leben erweckt.
Der Justizpalast in Bayreuth ist ein altehrwürdiges Gebäude und prägt seit 1904 entscheidend das Bild der „Wilhelminenstadt“. Ein beeindruckendes Bauwerk im Zeichen Justitias, einer Dame, die für Recht und Gerechtigkeit steht. So glich das Gebäude einer in Würde alternden Dame, die sich ihrer entgegengebrachten Ehre durchaus bewusst ist, viele innere Werte besitzt, welche vielleicht nicht jeder auf den ersten Blick erkennt, und die ihre Schätze oftmals vor unseren Augen verborgen hielt.
Diese inneren Werte wurden mit der Generalsanierung ins rechte Licht gerückt, denn eine Zukunft ohne Vergangenheit gibt es nicht. So existiert heute im Justizpalast Bayreuth moderne Technik neben historischen Ausstattungen und erlebbare Geschichte neben weißem Papier, das darauf wartet in diesen ehrwürdigen Räumen beschriftet zu werden. (BSZ) (Das Vestibül des Justizpalasts und das Glasmosaik im Schwurgerichtssaal - Fotos: Staatliches Bauamt Bayreuth)

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