Bauen

Blick aus der neuen National-Bibliothek auf Riga. (Foto: Wiegand)

22.08.2014

Bauten und ihre Historie

Architekturspaziergang in Riga

Riga und seine Bauten von hoher Warte zu betrachten, gleicht einem Geschichtsunterricht. Von der Plattform der St. Petrikirche schaut man sozusagen zurück bis zur Stadtgründung durch den Bremer Bischof Albert im Jahr 1201. Jahrhunderte lang hatten der Deutsche Orden und die Kaufleute im damaligen Livland das Sagen. Noch immer prägen Backsteingotik und Mittelalterflair das Bild der seit 1997 zum UNESCO-Welterbe zählenden Altstadt. Ihr wuchtiger Wächter ist der 1206 erstmals urkundlich erwähnte Dom, der größte Sakralbau im gesamten Baltikum.
1209 wurde auch St. Petri im Schrifttum erwähnt. Die jetzige Drei-Schiff-Basilika entstand durch Erweiterungen im 15. Jahrhundert und zeigt den gewachsenen Reichtum der Hansestadt. In dieses Gotteshaus gingen die Kaufleute und Mitglieder der Zünfte, die so gegen den Erzbischof und das Domkapitel opponierten. Im Kirchenschiff von St. Petri ist noch bis zum 7. September eine Internationale Wanderausstellung „Die Natur im Jugendstil“ zu sehen. Ein Impulsgeber, um sich gleich in Riga, ohnehin Europas Jugendstil-Hochburg, umzuschauen.
In der Altstadt ist insbesondere das Haus in der Kaleju iela 23 (iela heißt Straße) mit dem blütenumrankten Eingangsportal, konzipiert von Paul Mandelstamm, ein „Hingucker“. Die auffälligsten Häuser finden sich jedoch im Jugendstil-Viertel, in den Straßen Alberta, Elizabetes und Strelnieku. Am tollsten – mit dekorativen Details in Rekordzahl – trieb es dort Michael Eisenstein (1867 bis 1921), der Vater des Filmemachers Sergej Eisenstein.
Riga, die Europäische Kulturhauptstadt 2014, bringt aber auch Licht in die dunkle Vergangenheit und hat bis zum 19. Oktober das verschlossene KGB-Gebäude an der Brivibas iela (Freiheitsstraße) Nr. 61 geöffnet. „Manche wechseln noch immer die Straßenseite, wenn sie sich diesem Eckhaus nähern“, weiß Begleiterin Anna Muhka. Was künftig aus dem denkmalgeschützten Bau wird, ist noch ungeklärt.
Dieses neoklassizistische Gebäude mit Säulen und Schmuckgiebeln – 1912 als Wohnhaus errichtet von Aleksandrs Vanags (1873 bis 1919) – wurde 2008 geschlossen und musste seither schweigen. Jetzt kann es wieder erzählen, welche Gräueltaten sich während der Sowjetzeit in dieser KGB-Zentrale abspielten. Vor allem in den Horrorjahren 1940/1941. Bei Führungen durch die Kellerräume, wo gefoltert und erschossen wurde, und beim Blick in einige der 44 engen Zellen, graust es selbst die Besucher. Erst die Ausstellungen in den oberen Stockwerken – zu erreichen über das erhaltene, hochherrschaftliche Treppenhaus – berichten Besseres und zeigen das trotzige „Dennoch“ der Letten. Sie verhinderten auch den Abriss des 1935 errichteten Freiheitsdenkmals – eine Frau – , das während der ersten Unabhängigkeit Lettlands aus Spenden der Bevölkerung errichtet worden war. Ein Werk des Architekten Ernests Stahlbergs und des Bildhauers Karlis Zale.

Neue National-Bibliothek


Die Frau hoch oben schaut geradewegs über die Altstadt und die Daugava (Düna) zur nagelneuen National-Bibliothek. Der fantasievolle moderne Bau kündet von Zuversicht. Entworfen hat ihn der US-Architekt Gunnar Birkerts, ein gebürtiger Lette. 163 Millionen Euro hat sich das kleine Land diese 68 Meter hohe, 13-geschossige Heimstatt für sechs Millionen Bücher, Seminarräume und einen Konzertsaal kosten lassen. Ein facettenreicher Bau ist es geworden aus Beton, Glas und Edelstahl, der von jeder Seite ein anderes Bild bietet, das nur von den O-Bus-Drähten etwas beeinträchtigt wird.
Zur ersten Ausstellung „The Book 1514-2014“ hat auch München wertvolle Zeugnisse 500-jähriger Buchdruckerkunst ausgeliehen. Die werden zurückkehren, doch eines bleibt dauerhaft faszinierend, der Blick durch die großen Bibliotheksfenster über den Fluss auf die Altstadt mit den Türmen von Riga. Eine gelungene Verzahnung von einst und jetzt. (Ursula Wiegand) (Das ehemalige KGB-Gebäude; die neue National-Bibliothek und ein Jugendstil-Detail von Michael Eisenstein - Fotos: Wiegand)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 23.08.2014
    Riga ist wunderschön und nur gut zwei Flugstunden von Deutschland entfernt und eine fröhliche Stadt.
    Ich wünsche den baltischen Staaten, dass die USA und Europa dem Russland unter Putin unmissverständlich klarmachen können, Finger weg von den baltischen Staaten.
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