Bauen

Leuchtend gelbes Fachwerkhaus mit intensiv blauer Tür in Gudhjem. (Foto: Wiegand)

16.03.2018

Bunte Traditionsbauten und weiße Moderne

Auf Architekturentdeckungsreise im dänischen Bornholm

Kaum kommt der Hafen von Rønne an Bornholms Westküste in Sicht, locken an Land schon frische Farben. Hoch erhebt sich die weiße Pfarrkirche mit der kupfergrünen Turmspitze und dem roten Dach, ein mehrfach umgebautes Gotteshaus mit rund 700-jähriger Tradition, über die Häuser der Inselhauptstadt. In Rønnes Straßen und Gassen wird das Bild dann noch bunter. Hingucker ist ein traditionelles, leuchtend gelbes Fachwerkhaus mit intensiv blauer Tür. Eine ähnliche, farblich noch perfektere Kombination findet sich in Gudhjem an der Ostküste. Dass die Wände dieser alten Häuser oft krumm und schief sind, stört die Bewohner nicht. Die halten dennoch Wind und Wetter stand.
Ein zweistöckiges Fachwerkhaus mit einem kleinen Dachaufbau und dem Schild Bodega fällt ebenfalls auf. Alte Bauten neu zu nutzen, ist auf Bornholm gang und gäbe, Dächer zu Kunstgalerien auszubauen ebenfalls. An geschichtsträchtigen Backsteingebäuden nach nordeuropäischer Art fehlt es in Rønne auch nicht. Wenige Schritte weiter zeigt der wohlhabende Besitzer eines großen Gebäudes seine Vorliebe für den Jugendstil.

Kunstmuseum fand zunächst wenig Anklang

Tradition, auch im Baustil, haben die Räuchereien mit ihren eckigen Schornsteinen. Von den einst 133 Betrieben sind aber nur wenige übrig und die arbeiten zumeist in der warmen Jahreszeit, wenn die Sommergäste anreisen. Von noch weit älteren Zeiten erzählt die Festung Hammershus auf Bornholms felsiger Nordspitze, die größte Burgruine Nordeuropas, erbaut im 12./13. Jahrhundert. In 72 Metern Höhe thront sie, umgeben von mehreren Verteidigungsanlagen, über der Ostsee. Die klobigen Mauern lassen ihre frühere Bedeutung ebenso erkennen wie der eckige Mantelturm. Dessen Ziegel stammen aus den Zeiten der Lübecker (1525 bis 1575), die die Anlage erheblich erweiterten. Von Hammershus geht’s dann entlang der Ostküste und damit vom braunen, mittelalterlichen Festungsbau zur weißen Moderne. Gemeint ist Bornholms Kunstmuseum, konzipiert von den dänischen Architekten Johan Fogh und Per Følner. Die Idee, auf dieser nur 590 Quadratkilometer großen Insel ein Kunstmuseum zu errichten, stieß in der Bevölkerung zunächst auf Ablehnung. „Das Geld sollte lieber für soziale Projekte verwendet werden“, meinten zahlreiche Bornholmer. Auch der Standort oberhalb der Klippen von Helligdommen, einst eine vorchristliche Kultstätte, wurde kritisiert. Das dennoch gebaute und 1993 eröffnete Kunstmuseum fand jedoch so viel Anklang, dass es bald vergrößert werden musste. Doch erst drinnen zeigt es sich, wie schön und wohldurchdacht dieses Gebäude ist. Es sollte gerade an dieser Stelle auch kein Fremdkörper sein. Sogar eine alte, heilige Quelle wurde in dieses Museum geleitet und fließt in einer Rinne über die Treppenstufen. Gerne gehen die Besucher treppauf, treppab durch die lichten, abwechslungsreich konzipierten Gänge. Nach jeder Ecke wartet eine neue architektonische Überraschung. Sehr wichtig war den Planern die Verbindung von drinnen und draußen, das Zusammenspiel des Beton-Stahl-Glas-Gebäudes mit der Natur. Das geschieht durch zahlreiche Fenster, die den Blick in die grüne Umgebung und auf Vorbeigehende ermöglichen. Darüber hinaus verleiht dieser je nach Tageszeit und Wetter unterschiedliche Lichteinfall den Bildern und Skulpturen eine zusätzliche Lebendigkeit.
Oft haben die Bornholmer Maler auf einem Hügel oberhalb von Gudhjem gesessen und das skizziert, was auch die Gäste lieben: den Blick über die roten Dächer auf die Ostsee. Unter manch einem neuen Ziegeldach verbirgt sich jedoch ein unerwartetes Fachwerk-Farbwunder. Ganz anders die weiß gekalkte, um 1150 erbaute Østerlars-Rundkirche, die größte und älteste von insgesamt vieren. Alle wurden als Wehrkirchen errichtet, in denen die Menschen bei Angriffen Schutz suchten, und alle wurden nach dem gleichen Schema rund um den stabilen Mittelpfeiler gebaut. Diese vier Rundkirchen sind offensichtlich „unkaputtbar“ und gehören zu den wichtigsten Wahrzeichen Bornholms. Von außen wirken diese Kirchen recht streng, überraschen innen jedoch mit Fresken und jahrhundertealtem Dekor.
In der Østerlars-Rundkirche faszinieren vor allem die gut erhaltenen Malereien auf dem Mittelpfeiler. Hier ringelt sich die Schlange verführerisch zwischen Adam und Eva, links davon werden die beiden ungehorsamen „Apfelbeißer“ aus dem Paradies vertrieben. Rechts ist Jesus beim Jüngsten Gericht zu sehen. Die Rundkirche ist ein Besuchermagnet.

Neues Leben hinter
alten Fachwerkmauern

In anderer Weise gilt das auch für den hübschen Küstenort Svaneke, ein Stück weiter südlich. Doch nicht die auffallend rote Kirche findet die meiste Aufmerksamkeit, sondern der weitläufig angelegte Markt. In die traditionellen Fachwerkhäuser sind Wagemutige gezogen, wie der weit über Bornholm hinaus bekannte Chocolatier Daniel Mikkelsen. Hinter der historischen Fassade fabrizieren er und seine Angestellten in Handarbeit die feinsten Leckereien. Gleich nebenan stillt das Bryghus mit ungewöhnlichen Bierkreationen jeden Durst. Neues Leben hinter alten, soliden Fachwerkmauern.
(Ursula Wiegand) (Østerlars-Rundkirche im Morgennebel und der bemalte Mittelpfeiler. Das Bornholmer Kunstmuseum mit Blick von innen zur Ostsee - Fotos: Wiegand)
 

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