Bauen

Die sanierte, ehemalige Dominikanerkirche. (Foto: Tim Kipphan/Universität Bamberg)

27.07.2016

Den Kirchenraum neu erleben

Sanierung der AULA, der ehemaligen Dominikanerkirche, für die Universität Bamberg

Im Jahr 1999 ging die ehemalige Dominikanerkirche, die sich in stark sanierungsbedürftigem Zustand befand, in die Verwaltung der Universität Bamberg als Grundbesitz verwaltende Dienststelle über. Bereits ein Jahr zuvor entwickelte das damalige Staatliche Hochbauamt Bamberg einen Stufenplan zur Sanierung, der sich in drei Stufen gliederte:
Stufe I: Teilsanierung mit Mindeststandards für eine Teilnutzung (Mindestbetriebszustand).
Stufe II: Denkmalpflegerische Sicherung und Restaurierung der Raumschale.
Stufe III: Verbesserung der Ausstattung der Räumlichkeiten zur Aufnahme aller Funktionen.
Das Staatliche Hochbauamt Bamberg erstellte damals eine Grobkostenschätzung, die für die Stufen I bis III Gesamtkosten von 16 Millionen Mark ermittelte.
Der sogenannte Mindestbetriebszustand (Stufe I) konnte im Rahmen einer „Kleinen Baumaßnahme“ mit einem Kostenumfang von rund einer Millionen Euro erzielt werden. Beginn der Baumaßnahme mit Rückbau der Inneneinrichtung, die für eine vorherige Konzertsaalnutzung angefertigt worden war, war im November 1999.
Nach Herstellung des Mindestbetriebszustands konnte die ehemalige Dominikanerkirche zum Dies Academicus der Universität Bamberg am 11. November 2002 erstmals für eine universitäre Veranstaltung genutzt werden. In diesem Zustand verblieb sie bis Juli 2011.
Während dieser Zeit wurden weitere Maßnahmen ergriffen/durchgeführt:
– Im Sommer 2006 mussten die einsturzgefährdeten Kreuzgangdächer statisch gesichert werden (Kosten: 140 000 Euro).
– Statische Untersuchung des Tragwerks am Kirchenbau im September 2007 (Kosten: 150 000 Euro) und
– Verkehrssicherung durch Gerüststellung mit Dachfangvorrichtung in der Sandstraße und im „Schlenkerla-Hof“ (Vorwegmaßnahme) im Herbst 2008.
Mit der Planung der Stufe II war das Büro Deubzer König + Rimmel Architekten GmbH, München, beauftragt.
Der Bauantrag für die Stufe II (Sanierung des Dachstuhls und der Kirchenfenster) wurde am 30. September 2009 vom Bayerischen Staatsministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst genehmigt. Nach Abschluss der Planungen konnte die Sanierungsmaßnahme für Stufe II im Juli 2011 beginnen:
– Im Zuge der Dachsanierung wurde die durch den Einbau des barocken Tonnengewölbes stark beeinträchtigte Statik des Dachstuhls durch zusätzliche Maßnahmen wieder stabilisiert sowie die Dacheindeckung komplett erneuert.
– Im Rahmen eines Kunstwettbewerbs (Künstler: Günter Grohs) wurden die Langfenster neu gestaltet sowie energetisch und bauphysikalisch verbessert.

Die Langfenster
wurden erneuert

Im Zuge dieser Maßnahmen fanden Vorbereitungen statt, um die Funktionalität der AULA im Rahmen eines dritten Schritts für die universitäre Nutzung zu optimieren. Die Gesamtkosten der Stufe II beliefen sich auf 3,35 Millionen Euro.
Die erneuerten Langfenster gehören zu den Besonderheiten der AULA. Zum einen deshalb, weil sie als Kunstwerk auch für sich selbst stehen, zum anderen, weil durch ihre Konstruktion und ihr Zusammenspiel miteinander zwar eine feierliche Atmosphäre entsteht, jedoch bewusst keine sakrale Stimmung erzeugt wird. Die Fenster sollen das Licht in dezenter und abgemilderter Form filtern, eine „hintergründige“, nicht plakative Wirkung entfalten und der besonderen Nutzung des Gebäudes als AULA, akademischer Festsaal und Tagungsraum dienen.
Sie sind daher in Farben und Formen sehr zurückhalten gestaltet und durch ein sogenanntes serielles Ornament, also eine sich wiederholende, hier geometrische, Struktur, die in jedem Fenster vorkommt, als zusammengehörige Einheit erkennbar. Unter „geometrischer Struktur“ sind dabei lineare grafische Elemente zu verstehen, deren Richtungen (senkrecht, waagerecht, diagonal aufsteigend oder abfallend) von Fenster zu Fenster variieren.
Durch die insgesamt drei Glasebenen, die jedes Fenster erst zu einer Einheit machen, und deren Abstand zueinander, kommt es zu leichten optischen Verschiebungen, je nach eigenem Standort und Blickwinkel im Raum. So entstehen für den Betrachter sehr unterschiedliche Ansichten eines jeden Fensters und der Fenstergruppen und damit eine optische Vielfalt, die, wenn diese als Ganzes erschlossen werden soll, dazu auffordert, mehrmals und immer anders hinzusehen.
Zum Oktober 2012 wurde die Genehmigung der Stufe III (funktionaler Innenausbau für universitäre Nutzungen) vom Wissenschaftsministerium erteilt, sodass Fachplanungen und Vorbereitungen für die Fortsetzung der Sanierung ohne Unterbrechung weitergeführt werden konnten.
Zunächst wurden die Kosten für die Maßnahme auf 3,3 Millionen Euro geschätzt. Die Befunderhebung für die Innensanierung zeigte allerdings, dass zusätzliche Maßnahmen zur Sicherung der Statik erforderlich wurden, da insbesondere die Bewegungen der Gewölbebögen zum Stillstand gebracht werden mussten. Die endgültige Fassung der AFU-Bau (Ausführungsunterlage Bau), also der Unterlagen, die für die reibungslose Ausführung eines Baus unentbehrlich sind (zum Beispiel Ausführungspläne des bauleitenden Architekten und der beteiligten Fachplaner, baubehördlich geprüften Standsicherheitsnachweise und anderes mehr) konnte im Juni 2014 vorgelegt werden. Zusätzlich notwendige Maßnahmen (zum Beispiel Bohrpfahlgründung, Stabilisierung der Südwand) wurden erforderlich.
Wesentliche Veränderungen sind der Abriss der Empore aus den 1950er Jahren sowie die gestalterischen Akzente, die mit dem Einbau der sogenannten Cella-Wände erzielt wurden, einer beweglichen Abtrennvorrichtung, die den ehemaligen Kirchenraum neu erleben lässt und die Raumakustik positiv beeinflusst. Auf der Basis der aktualisierten Planungen wurde die Kostenkalkulation überarbeitet. Die aktualisierte Kalkulation ergab, insbesondere wegen der statischen Maßnahmen, eine Erhöhung der HU-Bau-Gesamtsumme für die Stufe III auf 4,415 Millionen Euro.
Die Haushaltsunterlage Bau (HU-Bau) beinhaltet sämtliche Planungsunterlagen und Kostenkalkulationen und damit die Basis für die Bewilligung der Baumaßnahme durch den Bayerischen Landtag.
Mit den archäologischen Grabungen im Herbst 2013 begannen offiziell die Ausführungsarbeiten für die Stufe III. Denn bevor die neue Heizungsanlage installiert werden konnte, brachten zahlreiche archäologische Befunde wie Auffüll- und Planierschichten, Fußbodenreste und Gräber ans Tageslicht.

Jüdische
Grabsteine gefunden


Eine besondere Überraschung lieferte die Bausubstanz zweier Grüfte, die am Eingang des Chors liegen. Aus dem westlichen Grab konnten zwei Fragmente jüdischer Grabsteine geborgen werden. Im südöstlich gelegenen zweiten Grab fand sich ein Grabstein mit hebräischen Schriftzeichen aus dem Jahr 1400. „Der 70 x 55 Zentimeter große Stein war mit der Inschrift nach außen in die Seitenwand des Grabes eingebaut worden“, sagt Grabungsleitern Johanna Aas von der Firma „ReVe Büro für Archäologie“. „Die jüdischen Grabsteine wurden offensichtlich als Baumaterial für die erst später entstandenen Gräber der Gruft verwendet.“
Spannend ist dieser Fund deswegen, weil jüdische Gemeinden solch eine „Weiterverwendung“ möglichst zu verhindern suchen. Denn die Störung der Totenruhe ist für Juden ein Sakrileg.
Zum Dies Academicus 2015 wurde die Aula offiziell wieder in Betrieb genommen. Allerdings ist heute schon abzusehen, dass einige Nacharbeiten erforderlich sein werden, bis alle Gewerke abgeschlossen sind.
Die Gesamtkosten für die Stufen I bis III mit ergänzend notwendigen Zwischenmaßnahmen betragen bislang rund 9,1 Millionen Euro. Unter Berücksichtigung der allgemeinen Kostensteigerungen im Baugewerbe kann gegenüber der ursprünglichen Kostenschätzung des damaligen staatlichen Hochbauamts Bamberg von 16 Millionen Mark aus dem Jahr 1998 festgestellt werden, dass die ursprünglichen Schätzkosten nicht überschritten wurden. (Tanja Eisenach/Samira Rosenbaum) (Es gab drei Sanierungsstufen für die AULA - Fotos: Tim Kipphan/Universität Bamberg)

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