Bauen

Der festliche Marmorsaal. (Foto: Schloss Weissenstein)

26.08.2016

Der Marmorsaal erstrahlt in neuem Glanz

Die Sanierungsmaßnahmen an Schloss Weissenstein in Pommersfelden sind nach vier Jahren abgeschlossen

Die Instandsetzungsarbeiten am Mittelbau von Schloss Weissenstein wurden nach vier Jahren im Frühling 2016 beendet und Anfang August mit einem feierlichen Festakt offiziell abgeschlossen. Schloss Weissenstein in Pommersfelden zählt zu den besterhaltenen Kulturdenkmälern Europas und befindet sich bis heute im Besitz der Grafen von Schönborn. Zwischen 1711 und 1718 wurde der Barockbau unter dem Architekten Johann Dientzenhofer errichtet, welchem beratend der Wiener Hofarchitekt Johann Lukas von Hildebrandt zur Seite stand. Der Bauherr, Fürstbischof und Kurfürst Lothar Franz von Schönborn, schuf ein Schloss mit allen zeitgenössischen Raffinessen und beschäftigte die besten Künstler seiner Zeit mit der Ausstattung von Fresken, Grisaille-Malerei und Stuckwerk. Das imposante Treppenhaus im Mittelbau erstreckt sich über drei Etagen und beeindruckt seit 300 Jahren seine Gäste. Des Weiteren beherbergt der Mittelbau die Sala Terrena, die in einer vorangegangen Maßnahme restauriert worden war sowie den festlichen Marmorsaal.

Radikales Weißeln

Die ersten Restaurierungsmaßnahmen am Mittelbau erfolgten fast 170 Jahre nach Fertigstellung des Baus in den Jahren 1888/1889. Dabei erhielt das Treppenhaus eine Neufassung, bei der alles weiß übermalt wurde. Schäden am Deckengemälde wurden bearbeitet, Putzschäden repariert und Malschichten fixiert. Es dauerte fast weitere 90 Jahre bis zur zweiten Gesamtinstandsetzung im Jahr 1977. Dabei wurde die Neufassung des 19. Jahrhunderts wieder rückgängig gemacht, was zu vielen Diskussionen in Expertenkreisen führte – nicht zuletzt, weil man sich zwischenzeitlich an die weiße Fassung gewöhnt hatte. Da es sich um eine organische Farbe handelte, konnte diese damals einfach abgewaschen werden und darunter kam die Originalfassung in Ockergelb zum Vorschein, die nun bis heute erhalten ist, was Primärquellen belegen.

Beim Dachbau dazu gelernt

Das Mansarddach von Schloss Weissenstein zählt zu den ältesten und größten in Deutschland und gibt Aufschlüsse über die handwerklichen Fähigkeiten und Lernprozesse der Handwerker vor 300 Jahren und ist somit ein wichtiges kulturhistorisches Zeugnis seiner Zeit. Die aktuelle Bearbeitung war aufgrund andauernder statischer Probleme im Tragwerk dringend notwendig geworden. Schon zehn Jahre nach Fertigstellung wurden stabilisierende Streben hinzugefügt, die nicht den gewünschten Erfolg brachten und auch keine der weiteren Maßnahmen konnte die Probleme endgültig beheben. So wurde eine Gesamtrestaurierung beschlossen, da der Marmorsaal und das Treppenhaus zur Absicherung der Besucher ohnehin eingerüstet werden mussten. Das primäre Ziel war dabei die Sicherung und Säuberung der unzähligen Stuck- und Holzfiguren. Immer wieder betonen die leitenden Restauratoren Peter Turek und Stefan Achternkamp den guten Zustand der Malerarbeiten und Stuckelemente. So zeigten sich seit 1977 am Deckenfresko der beiden barocken Künstler Giovanni Francesco Marchini und Johann Rudolf Byss lediglich kleinere Putz- und Malschichtablösungen, die behoben wurden. Die bemalte Stuckatur auf dem Gesims war stark verschmutzt und wurde mit einem weichen Dachshaarpinsel gereinigt. Alle Restauratoren, von denen viele bei den Restaurierungsarbeiten an der Würzburger Residenz mitgewirkt hatten, wiesen auch auf den guten Zustand der Fresken hin. Das große Alleinstellungsmerkmal dieses imposanten Schlosses ist seine über drei Jahrhunderte erhaltene Originalität. Alte Stiche, Briefe oder anderes Dokumentationsmaterial wurden immer wieder zu Rate gezogen, um den Originalzustand zu recherchieren und wieder herzustellen. So wurden zum Beispiel am Eingang zur Grotte an den Sockeln der Figuren liebevoll Muscheln, die über die Jahrzehnte verloren gegangen waren – Stück für Stück – wieder angebracht.

Undichte Fenster

Im Marmorsaal hatten undichte Fenster zu Wasser- sowie Kondensatschäden an den mit Stuck verzierten Oberflächen geführt. Im Rahmen des Gesamtkonzepts erfolgte auch hier eine Konservierung und Restaurierung des Bestands. Dabei fand man im Bauschutt vergangener Maßnahmen Teile, die nach fachgerechter Zuordnung wieder angebracht wurden. Ebenso wurden die Stuckelemente untersucht, neu angebracht und gesichert – so mussten beispielsweise ungefähr 2400 Rosen aus Stuck untersucht werden, davon wurden zehn Prozent instandgesetzt und neu vergoldet. Die Stuckmarmorflächen im Festsaal waren bei den vorangegangenen Maßnahmen nicht überarbeitet worden und so ist noch die bauzeitliche Oberfläche erhalten. Aufgrund dieses außergewöhnlichen Umstands wurden die Flächen nur trocken und leicht feucht gereinigt und auf weitere Beschichtungen und Polituren bewusst verzichtet.

Installation einer modernen Belüftungsanlage

Die Restaurierungsarbeiten mussten den jeweiligen Witterungsverhältnissen angepasst werden, da eine Beheizung des Sommerschlosses nicht möglich ist und Kälte sowie Nässe einige Maßnahmen unmöglich machten. Im Sinne einer langjährigen Nachhaltigkeit wurde eine moderne Belüftungsanlage installiert. Damit werden die Klimaverhältnisse durch Luftumwälzung mithilfe von Frischluft verbessert. So können nun auch Feuchtigkeitsprobleme stabil gehalten werden. All die Maßnahmen dienen dazu, das Schloss für weitere Jahrhunderte zu erhalten und den Besuchern in seinem ursprünglichen Glanz zu zeigen. Diese Originalität des Bauwerks ist einzigartig und die Besucher atmen die Luft von Prunk und Pracht längst vergangener Zeiten. Der öffentliche Besucherverkehr wurde während der gesamten Restaurierungsphase uneingeschränkt aufrechterhalten und so konnten die Besucher teilweise direkt die Arbeiten beobachten. Schloss Weissenstein kann von April bis Oktober im Rahmen von stündlichen Führungen täglich besichtigt werden. Ein besonderes Highlight sind die Konzerte des Collegium Musicum Mitte Juli bis Mitte August, bei dem junge Musikstudenten aus aller Welt, die im Schloss wohnen können, beinahe allabendlich klassische Konzerte geben. (Antoinette Fehlinger)

Kommentare (2)

  1. Manni am 15.02.2018
    Wie ist das BRI (Brutto-Raumvolumen) des Schlosses Pommersfelden ?.
  2. Manni am 15.02.2018
    Schloß Pommersfelden ist toll. Gibt es eine neue Groß-Monografie ?
    Das Treppenhaus soll ein Raumvolumen von 8000 cbm haben.
    Wieviel Raumvolumen hat das ganze Schloß ?
    Auf eine Antwort freue ich mich an meine o.g. E-Mail Adresse.
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