Bauen

In München soll bezahlbarer Wohnraum entstehen. (Foto: Hettler)

06.05.2011

Die Preise werden weiter steigen

Boom am Münchner Wohnungsmarkt

Bei institutionellen Investoren steht München ganz oben auf der Einkaufsliste für Wohnungsinvestments. Auch private Kapitalanleger investieren seit Ende der Finanzkrise wieder verstärkt in Münchner Wohnimmobilien. Die Mieten Steigen hier deutschlandweit am rasantesten. Auch bei den Preisen von Eigentumswohnungen hat München die Spitzenposition, im zweiten Halbjahr 2010 haben sie sogar nochmals kräftig angezogen. Investoren erwarten, dass die Preise weiter steigen und investieren trotz absoluter Höchstpreise weiter in Grundstücke.
Artur Riedl, Leiter Vertrieb Wohnen der Bayerischen Hausbau geht davon aus, dass die Nachfrage nach Wohnraum in München auch in den nächsten Jahren weiter steigen wird, denn die Landeshauptstadt ist eine der begehrtesten Städte Deutschlands, was durch die Bevölkerungsprognose für die Isarmetropole bestätigt wird: Bis 2030 wird die Bevölkerungszahl nach Angaben des Münchner Statistikamts jedes Jahr um durchschnittlich 7000 steigen, von knapp 1,4 (2009) auf nicht ganz 1,55 Millionen (2030).

Mehr Wohnraum gefragt


Hinzu kommt laut Riedl ein anhaltender Trend zum Einpersonenhaushalt, der den Wohnflächenbedarf Münchens zusätzlich in die Höhe treiben wird. Das Referat für Stadtplanung und Bauordnung rechnet bis 2020 mit einem zusätzlichen Bedarf von 40 000 Wohnungen. Gleichzeitig ziehe es immer mehr Paare und Singles zurück in die Stadt, beziehungsweise möchten in der Stadt bleiben. Dies gelte auch für sehr viele Paare, deren Kinder mittlerweile erwachsen geworden sind und das Elternhaus verlassen haben. Jüngere Familien würden am unmittelbaren Stadtrand die Nähe zum Zentrum bevorzugen. Dies erstrecke sich auf das gesamte Einzugsgebiet im S-Bahn-Bereich.
Ferner geht Riedl davon aus, dass altersgerechte Wohnungen heute wichtiger sind denn je. Die hohe Nachfrage nach Wohnraum in München werde nicht allein von Zuzüglern aus anderen Städten verursacht. Vor allem viele ältere Menschen aus dem direkten Umfeld Münchens ziehe es nach einigen Jahren auf dem Land wieder in die Innenstadt, da sie hier vielfältige Freizeitmöglichkeiten und eine gute Infrastruktur finden würden.
Barrierefreiheit ist daher laut Riedl ein wichtiges Zukunftsthema. Bereits heute würden Wohnungen in München gemäß der Bayerischen Bauordnung barrierefrei gebaut. Das bedeutet, dass die Wohnungen mindestens in einem Geschoss eines Gebäudes barrierefrei erreichbar sein müssen. Die Wohnungen müssen nicht nebeneinander, sondern können auch übereinander gestaffelt werden. Bis 2025 müssen bundesweit nach Angaben des Pestel-Instituts zu den 400 000 bis 500 000 vorhandenen altengerechten Einheiten 1,5 Millionen hinzukommen.
Für dringend erforderlich hält Riedl Veränderungen in der Stadtentwicklungspraxis. In der Stadtentwicklung muss seiner Ansicht nach verstärkt auf Umnutzung von Flächen und Nachverdichtung gesetzt werden. Sein Vorschlag: Flächen, die für die gewerbliche Nutzung ausgewiesen sind, in Mischgebiete oder reine Wohngebiete umwandeln. Zahlen des Instituts der deutschen Wirtschaft würden die Notwendigkeit dieser Maßnahme bestätigen: Bis 2025 wird in München im Vergleich zu 2006 rund 13 Prozent mehr Wohnraum nachgefragt werden, bei Büroflächen steigt die Nachfrage hingegen nur um sieben Prozent.
Auch die Aufstockung der Geschosse mancher Gebäude könne eine Lösung sein. „Eine akzentuierte Bebauung erlaubt an geeigneter Stelle ein herausragendes, also höheres Haus zum Wohnen.“ Auch dies könne zur Bekämpfung des Wohnungsmangels beitragen.
Zwar müsse der Wohnungsbestand erhöht werden, jedoch nicht an den Bedürfnissen der Bürger vorbei, betont Riedl. „Eine blinde und zusammenhangslose Errichtung von Neubauten muss unbedingt vermieden werden.“ Zum Beispiel werde sich nicht jede Freifläche für eine Neubebauung eignen. Wichtig sei stets, dass sich das Objekt in seine Umgebung integriert und die Wohnqualität der Quartiere beibehalten wird. Ansonsten werde dem Ziel der Wohnraumversorgung zwar quantitativ aber nicht mehr qualitativ entsprochen. „Die einzelnen Maßnahmen zur Bekämpfung des Wohnraummangels sollten daher stets in ein übergeordnetes Konzept eingebunden sein, um unkoordinierte einzelne Maßnahmen zu vermeiden.“

Städtebauliche Akzente


Fakt ist für Riedl, dass das Wohnungsangebot vor allem immer weiter an den Bedürfnissen der mittleren und unteren Bevölkerungsschicht vorbei geht, obwohl auch in diesen Gruppen die Nachfrage nach Wohnraum in den zentralen Lagen Münchens steigt. Es sei daher die Aufgabe von Bauträgern, Architekten und der Stadt, bezahlbaren Wohnraum in der Innenstadt zu schaffen.
Die Quartiersbildung kommt der Stadtgestaltung entgegen, so Riedl. Jeder Neubau schaffe viele Möglichkeiten, städtebauliche Akzente zu setzen. Bei jedem Bauvorhaben gelte es daher darüber nachzudenken, wie sich das Objekt in die Umgebung bestmöglich integrieren lässt. Größere Bauvorhaben und ganze Quartiere würden im besonderen Maße das Stadtbild prägen, weshalb die Aufmerksamkeit auf eine durchdachte, sich harmonisch einfügende Architektur zu legen ist. Dies bedeutet laut Riedl nicht, dass alle Gebäude die gleiche Ausprägung haben müssen. Vielmehr sei das Ziel, eine akzentuierte, abwechslungsreiche und in Elementen vielfältig gestaltete Architektur zu schaffen, die letztendlich die Qualität des Quartiers mit bestimmt. „Es soll nicht monoton wirken.“
Geplant wird heute in ganzheitlichen Ansätzen mit besonderem Fokus auf Nachhaltigkeit, betont Riedl. So entstehen Wohnquartiere, die nach den heutigen Qualitätsansprüchen Wohnen, Arbeiten und Freizeit harmonisch kombinieren, um allen Bewohnern höchstmöglichen Komfort und Behaglichkeit zu bieten. Im Vordergrund stünden die Aspekte Ökologie, Ökonomie und soziokulturelle Belange. Dabei werde den Bedürfnissen von Familien genauso Rechnungen getragen wie den Ansprüchen an die Wohnraumgestaltung für das Wohnen im Alter.
„Die Stadtgestaltung bestimmt unseren Lebensraum und damit die Lebensqualität sowie das Image der Stadt. Die künftigen Bewohner werden sich nur dann wohlfühlen, wenn neben einem repräsentativen Äußeren auch die inneren Qualitäten, wie beispielsweise Barrierefreiheit und großzügige, lichtdurchflutete Grundrisse, in sich stimmig sind“, erklärt Riedl. Abrundend komme die gärtnerische Gestaltung der Außenanlagen hinzu.
Trotz überdurchschnittlicher Einkommen müssen Münchner erhebliche Wohnkostenbelastung in Kauf nehmen. Knapper Wohnraum habe hohe Mieten und weiter steigende Kaufpreise zur Folge. Zwar verfüge die Münchner Bevölkerung im Bundesvergleich über ein überdurchschnittliches Einkommen, dennoch könne dies die hohe Wohnkostenbelastung nicht gänzlich ausgleichen. Viele Haushalte müssten deutlich mehr als 50 Prozent ihres zur Verfügung stehenden Nettoeinkommens für Wohnen ausgeben. Die Alternative wären laut Riedl Einschnitte bei der Wohnungswahl – sowohl hinsichtlich der Qualität als auch hinsichtlich der Lage.
Wohnimmobilien werden nicht nur bei privaten sondern auch bei institutionellen Anlegern immer beliebter. Laut E-REGI (European Regional Economic Growth Index) von Jones Lang LaSalle ist München hinter London und Moskau der begehrteste Standort Europas für Investoren und Entwickler. Auch die Studie „Emerging Trends in Real Estate 2011“ von PwC und Urban Land Institute bescheinigt München die führende Position als attraktivste Stadt für Immobilieninvestitionen. Investoren würden sich jedoch dem gleichen Problem gegenüber wie Selbstnutzer: Das Angebot vor allem in 1 A-Lagen ist knapp. Nur wenige Immobilienbesitzer wollen derzeit verkaufen, so Riedl, da sie von weiter steigenden Preisen und Mieten ausgehen.
Frei finanzierter Mietwohnungsbau ist bei den aktuellen Preisen für Bestandshalter derzeit nicht rentabel, erklärte Ernst Holland, Vorstandsvorsitzender der GBW AG. Bei Wohnanlagen, die auch nach wie vor gebaut werden, würden als Käufer verstärkt langfristig orientierte Investoren auftreten. Für diese stehe beim Kauf der Kapitalerhalt im Vordergrund, die Rendite spiele eine vergleichsweise untergeordnete Rolle.
In den kommenden Jahren wird der Zuzug nach München anhalten. Gleichzeitig, so Holland, gebe es immer weniger größere Areale, die bebaut werden können. „Vor diesem Hintergrund ist nicht erkennbar, dass die Preise in München auf absehbare Zeit einbrechen. Zwar wird es in den kommenden Jahren nicht die Zuwächse aus der jüngeren Vergangenheit geben, mittelfristig wird der Wohnungsmarkt dennoch Steigerungsraten verzeichnen.“

Verteuerung verhindern


Vor allem für Familien mit mittlerem Einkommen wird es laut Holland immer schwieriger, bezahlbaren Wohnraum in München zu finden. „Ihr Dilemma ist: Sie können keinen Anspruch auf eine Sozialwohnung geltend machen, da hierfür das Einkommen zu hoch ist. Sie haben allerdings auch nicht die Möglichkeit, sich eine frei finanzierte Wohnung zu den aktuellen Mieten zu leisten, weil dazu das Einkommen wiederum zu niedrig ist.“
Die Mittel für das Wohnungsbauförderungsprogramm sollten nach den Worten von Andreas Eisele, Vorstand des Bundesverbands Freier Immobilien- und Wohnungsunternehmen (BFW), aufgestockt werden, so dass der Wohnungsbau für die Menschen günstiger wird und weiterhin ausreichend Wohnungen zur Verfügung stehen. Zusätzlich müsse die Politik eine weitere Verteuerung bei Neubau- und Bestandsimmobilien verhindern und darüber hinaus die Abschreibungsmöglichkeiten verbessert werden.
Auch dürfen die Mittel der Städtebauförderungsprogramme nicht gekürzt werden, um auf den demografischen Wandel vorbereitet zu sein. Darüber hinaus forderte Eisele, dass die Vergabe von kommunalen Grundstücken transparent geschehen und die Politik darauf achten müsse, dass die kommunalen Wohnungsunternehmen nicht mit der Privatwirtschaft konkurrieren. (Friedrich H. Hettler)

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