Bauen

Innenminister Joachim Herrmann (CSU). (Foto: Ministerium)

12.08.2011

"Die Weichen für die Zukunft gestellt"

Innenminister Joachim Herrmann (CSU) über das Pilotprojekt zur interkommunalen Zusammenarbeit

Am 16. August 2011 unterzeichnen die Kommunen Bamberg, Bischberg, Hallstadt und Hirschaid in Bamberg den Vertrag zur Fortsetzung der interkommunalen Zu- sammenarbeit im Bereich der Stadt- und Einzelhandels- entwicklung. Die Bayerische Staatszeitung sprach mit Innenminister Joachim Herrmann über den Nutzen und die Vorteile interkommunaler Kooperation. BSZ: Herr Herrmann, die Staatsregierung wirbt für eine interkommunale Zusammenarbeit in der Stadt- und Ortsentwicklung. Welche Vorteile haben Städte und Gemeinden?
Herrmann: Mit der Stadt- und Ortsentwicklung werden wichtige Weichen für die Zukunft eines Ortes gestellt. Ein gemeinsames städtebauliches Konzept zur Stärkung der Stadt- und Ortszentren stärkt das Profil und die kulturelle Identität einer Region. Es ist aber auch ein Gebot der wirtschaftlichen Vernunft. Denn es gibt Investitionssicherheit für Kommunen, die Wirtschaft und Investoren. BSZ: Welche neuen Impulse ergeben sich aus der interkommunalen Kooperation?
Herrmann: Mit einer Kooperation können Stärken einzelner Kommunen herausgearbeitet und zu einem regional strukturwirksamen Konzept verbunden werden. Innenstadtaktivitäten können so durch gemeinsame Konzepte für Tourismus, Nah-versorgung oder die soziale Infrastruktur ergänzt werden. Wenn wir in einem Flächenstaat wie Bayern die Vielfalt im Kleinen erhalten wollen, so müssen wir in größeren Zusammenhängen denken und uns gut abstimmen. BSZ: Wie haben die vier Städte und Gemeinden Bamberg, Bischberg, Hallstadt und Hirschaid zu einander gefunden?
Herrmann: Ein erstes städtebauliches Konzept zum Einzelhandel hatte die Oberste Baubehörde gemeinsam mit der Bauabteilung der Regierung von Oberfranken bereits 2001 initiiert. Damals zeigte sich, dass in einem Verdichtungsraum die Probleme und Konflikte bei der Einzelhandelsentwicklung nur gemeinsam zu lösen sind. 2002 gründeten die vier Kommunen dann eine „Besondere Arbeitsgemeinschaft“, um künftig ihre Einzelhandelsentwicklung gemeinsam abzustimmen. BSZ: Was ist beispielhaft und das Besondere an der Zusammenarbeit von Bamberg, Bischberg, Hallstadt und Hirschaid?
Herrmann: Die Zusammenarbeit eines Oberzentrums und seiner Umlandgemeinden ist eine Chance, die noch viel zu selten genutzt wird. Das Bamberger Projekt ist vorbildlich und sollte viele Nachahmer finden. Deutlich wird, dass eine vertrauensvolle Zusammenarbeit langsam wachsen muss und ein fundiertes fachliches Fundament braucht. Nach der Fortschreibung des Konzepts wird die interkommunale Abstimmung im Bereich der Einzelhandelsentwicklung jetzt weiter vertieft. BSZ: Warum steht der Einzelhandel im Mittelpunkt?
Herrmann: Eine verantwortliche Steuerung der Einzelhandelsentwicklung ist notwendig. Denn Wachstum im Einzelhandel ist angesichts des umfangreichen Flächenangebots vielfach nur auf Kosten des Nachbarn möglich. Das interkommunale Einzelhandelskonzept und der gemeinsame Standortatlas sind beispielhafte Instrumente. Letztendlich lassen sich die Ziele jedoch nur verwirklichen, wenn auch der rechtliche Rahmen verbindlich gesetzt wird und die Bauleitpläne auf das gemeinsame Oberziel, also die Stärkung der Stadt- und Ortszentren ausgerichtet sind. BSZ: Welche Unterstützung gibt die Städtebauförderung?
Herrmann: Bund, Land und Kommunen haben enorm in die Stadt- und Ortszentren des interkommunalen Verbunds der Region Bamberg investiert. Alleine in den letzten zehn Jahren stellte die Städtebauförderung dort fast 30 Millionen Euro staatliche Gelder zur Verfügung. In diesem Jahr werden dort rund 2,3 Millionen Euro Städtebaufördermittel in die Stärkung der Zentren fließen. BSZ: Wo liegt der Schwerpunkt?
Herrmann: Ein Schwerpunkt liegt natürlich im Erhalt des UNESCO-Weltkulturerbes, von dem auch das Umland erheblich profitiert. Öffentliche und private Investitionen in den Stadt- und Ortszentren sollen nicht durch gegenläufige Entwicklungen gefährdet werden. Darum unterstützen wir mit der Städtebauförderung den Aufbau interkommunaler Kooperationen und die Erarbeitung entsprechender städtebaulicher Konzepte. BSZ: Auf welchen Zeitraum ist das Bamberger Pilotprojekt angelegt?
Herrmann: Das Abstimmungsverfahren zur Einzelhandelsentwicklung geht nun in die Praxis. Dessen Moderation ist vorläufig für ein Jahr bewilligt, dann wird neu entschieden. Über den Einzelhandel hinaus sollte die Chance genutzt werden, die interkommunale Zusammenarbeit in weiteren Feldern wie beispielsweise der nachhaltigen Mobilität oder der Energie- und Klimaschutzpolitik zu vertiefen und konkrete Projekte anzustoßen. BSZ: Wie kommt in der Stadt- und Ortsentwicklung die interkommunale Zusammenarbeit voran?
Herrmann: Neben den Stadtumlandbereichen sehe ich vor dem Hintergrund der demografischen Entwicklung gerade im ländlichen Raum die Notwendigkeit, sich verstärkt interkommunal abzustimmen. Mit Unterstützung der Städtebauförderung haben sich in Bayern mittlerweile 34 Kooperationen mit über 150 Städten, Märkten und Gemeinden zu interkommunalen Gemeinschaften zusammengeschlossen. Mit dem Bund-Länder-Programm „Kleinere Städte und Gemeinden – überörtliche Zusammenarbeit und Netzwerke“ fördern wir seit 2010 gezielt die interkommunale Zusammenarbeit zur Sicherung der Daseinsvorsorge in dünn besiedelten, von Abwanderung bedrohten ländlichen Räumen. Gerade dort sind erhebliche An-strengungen für gleichwertige Lebensverhältnisse notwendig. BSZ: Herr Herrmann, welchen Stellenwert hat die interkommunale Zusammenarbeit für Sie?
Herrmann: Sie ist ein außerordentlich aktuelles Thema in der Kommunalpolitik und in der Landespolitik. Die interkommunale Zusammenarbeit bietet den Kommunen die Chance, ihre Kräfte zu bündeln, ihre Angebote für die Bürgerinnen und Bürger zu erhalten und noch vielfältigere Leistungen zur Verfügung zu stellen. Gleichzeitig lassen sich personelle und finanzielle Ressourcen einsparen. Die Entscheidung zur Zusammenarbeit liegt bei den Kommunen selbst.
BSZ: Gibt es weitere Aktivitäten in Bezug auf die interkommunale Zusammenarbeit und wenn ja, welche?
Herrmann: Die Möglichkeiten werden bayernweit in den verschiedensten Handlungsfeldern mit Erfolg genutzt. In der Internetdatenbank des Innenministeriums finden Sie rund 70 „best-practice-Beispiele“ aus 18 verschiedenen kommunalen Themenfeldern, die Informationen und Anregungen für interessierte Kommunen geben. Angesichts der zunehmenden Bedeutung der interkommunalen Zusammenarbeit hat der Ministerrat bei den Regierungen Ansprechpartner zur fachlichen Unterstützung der Kommunen etabliert, die die Kommunen informieren, beraten und aktiv begleiten.
(Interview: Friedrich H. Hettler)

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