Bauen

Insgesamt wurden 37 Millionen Euro in das neue Mozarteum investiert. (Foto: Rechenauer)

08.10.2010

Ein Solitär als Markenzeichen

Der Münchner Architekt Robert Rechenauer gestaltetedas Mozarteum in Salzburg

Sein Architekturstudium in München und Zürich ergänzte Robert Rechenauer noch mit einer Zimmermannausbildung. „Der Einstieg war nicht ganz einfach, aber nur so lernt man von der Pike auf, auch praktisch zu arbeiten. Wie beispielsweise ein Dachstuhl geplant und gebaut wird“, erklärt der 47-jährige Münchner, der heute mit vier weiteren Kollegen ein Architekturbüro im Glockenbachviertel leitet. Nach vielen Jahren als Angestellter, unter anderem bei Koch+Partner sowie Klein&Sänger, wollte er endlich freiberuflich arbeiten.
Erfahrung mit Instituts- und Universitätsgebäuden hatte er bereits gesammelt, bevor er sich 2002 an der Ausschreibung für das Mozarteum in Salzburg beteiligte. Das Gebäude zählt zu den traditionsreichsten Einrichtungen der Musikstadt an der Salzach. Gegründet als „Dom-Musikverein“ und Musikschule 1841, wurden hier die besonders musisch begabten Studenten ausgebildet sowie die Mozart-Dokumente gesammelt und aufbewahrt. Vom Konservatorium über Musikakademie erreichte die Einrichtung im Jahr 1998 sogar den Universitätsstatus zuerkannt. Heute verfügt das Mozarteum über 500 Lehrende, darunter auch berühmte internationale Künstler, die den Studierenden ein reichhaltiges Repertoire an instrumentaler und gesanglicher Ausbildung bieten können. Dirigieren, Komposition, Gesang und Musikwissenschaft gehören ebenso dazu wie ein renommierter Tanz- und Schauspielunterricht.


Zahlreiche
Gebäudemängel


Noch als Hochschule zog das Mozarteum 1979 in den damals renovierten barocken Primogeniturpalast des Fürstbischofs Paris Lodron. Nach 25 Jahren wurden jedoch starke Baummängel festgestellt, außerdem genügten die Räumlichkeiten nicht mehr den Anforderungen. Also entschied die BIG, Bundesimmobiliengesellschaft, 2001, eine neue Planung in Auftrag zu geben. Die mögliche Nutzfläche wurde ausgewiesen und ein Raum- und Funktionskonzept für einen Zwei-Standorte-Plan erarbeitet. Dieser bildete die Grundlage für den 2002 ausgeschriebenen, offenen EU-weiten Architekturwettbewerb.
„Aufgrund der vielfachen Gebäudemängel, beteiligten sich nur 35 Teilnehmer“, erklärt Rechenauer, der nach einer dreimonatigen Planungsphase den Wettbewerb gewinnen konnte. Über den damaligen Zustand des Gebäudes sagt er: „Das Haus war nicht auf die Studenten ausgerichtet. Die Räume waren zu eng und zu niedrig, ferner es gab keinen Sichtkontakt zum Mirabellgarten.“
Dieser veralteten Situation stellte er eine moderne Planung gegenüber und stellte die Nutzer, also die Studenten, in den Mittelpunkt des Um- und Neubaus. Es entstand eine Kombination von historischer Bausubstanz und neu erbauten, modernen Raumkonzepten, die jetzt auch den hohen und speziellen Anforderungen der Medientechnik entsprechen.
Auf einer Nutzfläche von 11 250 Quadratmetern entstanden für insgesamt 37 Millionen Euro 110 Seminar- und Unterrichtsräume, 20 Übungszimmer mit modernster Akustik und Luftkonditionierung. Für 1000 Besucher stehen fünf Säle zur Verfügung. Die 490 Quadratmeter große Dachterrasse oberhalb des Mirabellgartens ist eine attraktive Anlage, die häufig genutzt wird.
Der Eingangsbereich, offener Vorplatz und verglastes Foyer, definieren einen öffentlichen und halb-öffentlichen Raum. Flankiert vom sanierten barocken Primogeniturpalast mit umgestalteten Fensterlaibungen und dem neuen Markenzeichen der Universität, dem Solitär. Wuchtig in sich ruhend, bildet er einen spannungsvollen Kontrast zur Glas- und Barockfassade und im Inneren als Kammermusiksaal kommuniziert er mit dem draußen liegenden Mirabellgarten.


Schallschluckende Stoffbahnen


„Für mich entsteht Architektur über den Raum“, sagt Rechenauer. „Die einzelnen Raumqualitäten kommunizieren über Flächen, Fassaden, Böden oder Wände miteinander. Das ist wie bei einem Gedankengang.“ Um Kommunikation geht es auch bei der modernen Medientechnik. „Es werden Mikros, Lautsprecher, Kameras benötigt bis hin zu den Stühlen, die mit akustisch absorbierenden Stoffen bezogen werden“, erklärt der Architekt. Gegen das so genannte „Flatterecho“, das bei parallel gestellten Wänden entsteht, müsse man Wandabsorber verwenden oder die Wände entsprechend konstruieren. Doch für diesen Bereich wurden eigene Ingenieure, Techniker und Akustiker eingesetzt. Von architektonischer Seite müssen nur die baulichen Voraussetzungen vorhanden sein und passen.
Auch textile Kunstobjekte fungieren als Wandabsorber. So genannte „tex art“, Stoffbahnen in kräftigen Rot- und Orangetönen wirken schallschluckend und dekorativ zugleich. Da „Kunst am Bau“ ganz dezent nur vorhanden ist, fallen im Foyer die in den Steinfußboden eingelassenen Metallscheiben auf. „Der Wiener Franz Graf kreierte die neun in sich verschlungenen Scheiben, genauso viel wie das Wort Mozarteum Buchstaben hat“, erklärt Rechenauer. „Das Muster wirkt wie ein Mandala, das durch seine Aura einen imaginären Raum schafft.“
Zur Eröffnung des Mozarteums am 12. Oktober 2006 kamen 17 000 Salzburger, erinnert sich Architekt Rechenauer nicht ohne Stolz. Und das nächste Projekt liegt bereits auf dem Planungstisch. Denn er und seine Crew haben erneut einen Wettbewerb gewonnen. „Es ist wieder ein Musikgebäude, dieses Mal in Nürnberg“, sagt er und erwähnt einige Einzelheiten. „In einem 100 Jahre alten Spitalgebäude wird ein neues Foyer, Probenräume und ein Konzertsaal mit 200 Plätzen entstehen.“ Bis 2013 sollen Umbau und Sanierung fertiggestellt sein. „Wir arbeiten seit März 2009 daran und rechnen mit zwei Jahren Bauzeit“, erklärt Rechenauer in selbstbewusster Gelassenheit.
(Eva-Maria Mayring)

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