Bauen

Der Haupteingang der Pinakothek der Moderne in München. (Foto: Probst)

23.01.2015

Ein Überzeugungstäter

Der Architekt Stephan Braunfels musste oft für seine Entwürfe kämpfen

Wenn Pünktlichkeit, dem Sprichwort nach, die Höflichkeit von Königen ist, dann müssen Pünktlichkeit und Bescheidenheit zusammen die Tugenden von Kaisern sein. Ein Mensch von einem solchen Kaliber ist der Architekt Stephan Braunfels. Kritiker sagen ihm nach, schwierig zu sein. Dieser Vorwurf ist nach einem Gespräch mit der Bayerischen Staatszeitung jedoch alles andere als berechtigt. In München hat er sich mit der Pinakothek der Moderne und in Berlin sowohl mit dem Paul-Löbe-Haus, dem neuen Parlamentsgebäude, als auch dem Elisabeth-Lüders-Haus, der neuen Parlamentsbibliothek, ein Denkmal gesetzt. Jetzt beginnt er auch noch, Asiaten für moderne Architektur zu begeistern.
Überhaupt: Begeisterung oder sollte man nicht besser sagen Leidenschaft, Leidenschaft für Architektur, Leidenschaft für Städtebau, Leidenschaft für Gesamtkonzepte, das sind die Attribute, die Braunfels aus allen Poren verströmt. Das ist umso erstaunlicher, als auch sein Weg zu den Erfolgen recht dornig war.
Nicht nur für seine Kritik am Umbau des Münchner Armeemuseums zur Bayerischen Staatskanzlei musste er heftige Kritik einstecken, auch der Umbau des Schlosses in Berlin stieß zumindest anfangs auf heftigen Widerstand. Jeder andere wäre bis ins nächste Jahrhundert hinein tief frustiert, ja beleidigt. Nicht so Stephan Braunfels. Er gibt zu, viele seelische Narben zurück behalten zu haben, besteht aber darauf, dass das zu seiner Arbeit dazu gehört. Bedingung sei jedoch, dass man sich über Fakten verständigt.
Zum Beispiel sei es ein Fakt gewesen, dass seine Kostenkalkulation für die Pinakothek der Moderne bauamts-administrativ aus Rücksichtnahme auf Projekte in Nürnberg um die Hälfte reduziert worden ist und damit anfällig für Baumängel wurde. Trotzdem habe der Oberste Bayerische Rechnungshof am 28. Juni 2002 bescheinigt, er, der Architekt, hätte schlussendlich (2002) nur um 20 Prozent das Budget überzogen, was im Kostenvergleich (etwa umbauter Kubikmeter des Brandhorst-Museums: 1000 Euro, verglichen mit der Pinakothek der Moderne: 500) sensationell günstig zu seinen Gunsten ausgefallen sei. Man merkt, dass Braunfels auf Fakten Wert legt, ein Rechthaber-Leuchten in seinen Augen ist jedoch nicht erkennbar, obwohl dieser Rechnungshof-Bericht Grund genug dafür wäre.

Asien lockt mit
neuen Herausforderungen


Wer aus einer berühmten Künstlerfamilie stammt wie Stephan Braunfels, wird naturgemäß von seiner eigenen Umgebung sozialisiert: Urgroßvater, Adolf von Hildebrandt, war ein Bildhauer des 19. Jahrhunderts, dem die Münchner unter anderem den Wittelsbacher Brunnen am Lenbachplatz verdanken; Großvater, Walter Braunfels, ein begnadeter Komponist, der in den 1920er Jahren in der Wertschätzung gleich nach Richard Strauß kam, der als Halbjude aber von den Nationalsozialisten verboten wurde; und letztlich der Vater, Wolfgang Braunfels, dem Sohn Stephan nicht nur zahlreiche Reisen in die Toskana, sondern vor allem sein Faible für mittelalterliche Stadtbaukunst und die florentinische Renaissance verdankt.
Auch der erste Kontakt zur Moderne kam vor Beginn des Architekturstudiums in München (1970 bis 1975) über den Vater zustande, der einen Lehrstuhl in Aachen inne hatte und oft mit dem berühmten Deutsch-Schweizer LeCorbusier und dem Deutsch-Amerikaner und gebürtigen Aachener Mies van der Rohe zusammentraf. Monumentale Sinnschöpfungen lernte er, nach eigener Aussage, durch Louis Kahn, dem gebürtigen Estländer aus New York (und dessen Schüler), kennen.
Dass sich Stephan Braunfels als Halb-Münchner zu Carl von Fischer, dem eigentlichen Erbauer des Nationaltheaters und „Mozarts der Architektur“, sowie als Halb-Berliner auch zu Karl-Friedrich Schinkel als Vorbilder bekennt, versteht sich fast von selbst. Die Frage, ob diese Vorbilder ihn nicht auch beengt hätten, verneint er mehrfach: Leistungen hätte er immer anerkannt und seien Ansporn für ihn gewesen.
Ob in Vorträgen oder in Darstellungen von Fremdautoren über sein Großprojekt Bundestagsbau in Berlin, der nach eigener Aussage zehnmal so groß ist wie die Pinakothek der Moderne – im Gespräch kommt Braunfels immer wieder auf sein zentrales Thema zurück, nämlich, die Gestaltung öffentlicher Räume. Und als Kenner der Toskana gerät er zunehmend ins Schwärmen, wenn er anfängt, über Plätze in Siena, Pisa oder Florenz zu reden. Als Zuhörer wird man von dieser Begeisterung mitgerissen und von der italienischen Renaissance voll in den Bann geschlagen.
Laut Wikipedia besuchten im Jahr 2002 rund 33 000 Touristen die Stadt Zhangzhou. Besondere Sehenswürdigkeiten sind die Insel Donghshan und die Zhao-Residenz. Zhangzhou ist die Heimat vieler Überseechinesen und Taiwanesen. Ein Drittel der Bevölkerung Taiwans soll ursprünglich aus Zhangzhou stammen. Im Dezember 2012 gewann Braunfels einen Wettbewerb für die Errichtung eines Kulturzentrums, später auch für das Opernhaus der Stadt. Der Entwurf des Kulturzentrums wird durch Anklänge an die traditionellen Wehrbauten des Volks der Hakka und Tulou geprägt, ohne jedoch die Wehrhaftigkeit widerzuspiegeln. Erklärtes und ambitioniertes Ziel von Braunfels ist es, eine chinesische Moderne zu entwickeln.
Ein weiteres neues Projekt in Asien ist zur Zeit in Nepal in Arbeit und zwar in Lumbini, direkt an der vermeintlichen Geburtsstätte Buddhas. Nach 40 Jahren allmählicher Entwicklung als Architekt fühle er sich reif genug, sich auch an die chinesische und indische Formensprache heranzuwagen. Wer würde nach dieser Lebensleistung in Deutschland und bei einem unter dem Sternzeichen des Löwen Geborenen daran irgendwelche Zweifel aufkommen lassen? (Ulrich Probst) (Stephan Braunfels; eine Lotusblütenform ist Vorlage für den Tempel in Lumbini; das geplante Opernhaus der Stadt Zhangzhou - Fotos: Probst/Braunfels)

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