Bauen

Die neue Kauferinger Realschule. (Foto: Landratsamt Landsberg am Lech)

01.10.2010

Freier Blick in den alten Markt

Neubau einer Realschule in Kaufering

Der Landkreis Landsberg am Lech erhielt Anfang Februar 2008 vom Kultusministerium den Genehmigungsbescheid eine Realschule in Kaufering zu errichten. Die Randbedingungen waren bereits fest umrissen, die Leistungsanforderungen definiert. In Abstimmung mit der Bayerischen Architektenkammer wurde ein begrenzt offener Wettbewerb ausgelobt. Zehn Teilnehmer wurden gesetzt, während weitere 20 Teilnehmer nach eindeutigen, nicht diskriminierenden Kriterien über eine europaweite Ausschreibung ausgewählt wurden.
Das Auswahlverfahren zum „Begrenzt offener Realisierungswettbewerb“ wurde jedoch von uneinsichtigen Bewerbern ob der Formalitäten angegriffen, sodass die Vergabekammer eingeschaltet werden musste, die das gesamte Wettbewerbsverfahren stoppte, doch das Nachprüfverfahren nach kurzer Bearbeitungszeit einstellte.
Die Gesamtkosten des Verfahrens einschließlich der Gebühren und Kosten der Vorprüfung, Modellbau und der Preisrichter beliefen auf rund 95 000 Euro. Davon wurden vom Siegerentwurf bereits erbrachte Leistungen bis zur Höhe des anerkannten Preises, Ankaufs oder gewährten Bearbeitungshonorars nicht erneut vergütet.
Die Wettbewerbsaufgabe war im Auslobungstext klar definiert: Der Landkreis Landsberg am Lech plant in Kaufering den Neubau einer dreizügigen Realschule mit 18 Klassen. Durch den Neubau sollten die erforderlichen Raumkapazitäten geschaffen werden, die durch die steigenden Schülerzahlen an den Realschulen erforderlich sind. Als Schülerpotenzial wurden rund 500 Schüler ermittelt.
Neu am Raumprogramm einer Realschule war die Mittagsbetreuung, die hier erstmalig von der Regierung als förderfähig zugesagt worden war und im Rahmen des FAG-Antrags dann auch so bestätigt werden konnte.
Der 1. Preis ging an die Architekten Meyer und Partner aus Bayreuth. Das Preisgericht würdigte den Entwurf unter anderem wie folgt: Städtebaulich lässt die Lage den Blick nach Süden zu, gleichzeitig ist die Situierung günstig für die verkehrsmäßige Anbindung an den Viehweideweg. Die zwei Baukörper bilden abgewandt zur Ortsrandbebauung einen Pausenhof, von dem aus der freie Blick nach Altkaufering möglich wird. Die (mögliche) vorgeschlagene Erweiterung im Süden würde den Pausenhof abrunden.
Die klare Erschließung von Osten führt über die Pausenhalle zu allen Funktionen, ermöglicht aber auch im Westen den Zugang durch die Unterführung zur Sporthalle, heißt es weiter im Jury-Urteil. Mehrzweckraum und Musiksaal lassen sich laut Preisgericht mit der Pausenhalle zu einer ansprechenden Aula zusammenschließen. Die einzelnen Funktionsbereiche sind zu jedem Geschoss sinnvoll angeordnet. Die Zugänge zum Pausenraum sind unterdimensioniert. Das erforderliche Raumprogramm ist gut erfüllt, wie auch der Anteil der Verkehrsflächen und der umbaute Raum; trotz der relativ hohen Hüllflächen lassen sich gerade noch wirtschaftliche Ergebnisse erwarten.


Fußbodenheizung


Ein Münchner Ingenieurebüro realisierte die Wärmeversorgung der neuen Realschule über das auf die Verbrennung von Hackschnitzel gestützte Nahwärmenetz des Marktes Kaufering. Durch diese Art der Wärmeversorgung wird das atmosphärische Gleichgewicht des Treibhausgases CO2 nicht verändert. Hierdurch leistet die Schule ihren Beitrag zur klima- und umweltschonenden Nutzung der natürlichen Ressourcen.
Zur Beheizung der Hauptnutzflächen wurden Fussbodenheizflächen installiert, die sich durch einen wirtschaftlichen Betrieb und durch die Erzeugung eines behaglichen Raumklimas auszeichnen. Auf unterschiedliche Anforderungen kann durch die raumweise Regelbarkeit der Wärmeabgabe jederzeit reagiert werden.
In Studien wird immer wieder belegt, dass ein hygienischer Luftaustausch allein durch Fensterlüftung nicht erreicht wird. Die Fenster bleiben geschlossen, weil der Kaltlufteinfall während der kalten Jahreszeit als unangenehm empfunden wird. Die Folgen des unzureichenden Luftaustausches sind Anreicherung von CO2 und Staub sowie eine steigende Gefahr von Schimmelpilzbildung. Um den erforderlichen Luftaustausch nicht von äußeren Einflüssen abhängig zu machen, wurde eine Lüftungsanlage geplant, die einen ausreichenden Luftaustausch in den Hauptnutzflächen gewährleistet. Hierdurch wird immerwährend ein optimales Raumklima geschaffen.
Durch den Einsatz eines Lüftungsgeräts ist außerdem die Möglichkeit der Wärmerückgewinnung geschaffen, was sich wiederum in einer Senkung des Heizenergiebedarfs des Gebäudes auswirkt. Mit der Installation eines wasserdurchflossenen Erdregisters im Außenbereich des Gebäudes kann die Zuluft der Hauptnutzflächen außerdem gekühlt werden, was in Verbindung mit dem allseitig angebrachten Sonnenschutz einen optimalen Schutz gegen zu starke Aufheizung der Räume im Sommer bietet.
Fallen die nächtlichen Außentemperaturen im Sommer unter die Innentemperatur des Gebäudes, so kann durch Betrieb der Lüftungsanlage außerdem eine so genannte Nachtauskühlung des Baukörpers erreicht werden.
Der Anforderungswert der EnEV 2009 bezüglich des zulässigen Primärenergiebedarfs wurde um rund 60 Prozent unterschritten, die energetische Qualität der Gebäudehülle liegt um etwa acht Prozent unter dem zulässigen Wert. Die Schule unterschreitet damit merklich die aktuellen Anforderungen an eine energiesparende Bauweise und ist im Hinblick auf einen verantwortungsbewussten Umgang mit unserer Umwelt auch für die Zukunft gerüstet.
Das Gesamtbudget wurde auf 17,2 Millionen Euro festlegt. Damit waren knapp 25 000 Kubikmeter Rauminhalt umzusetzen, wobei noch die Kubatur für einen Technikkeller unter dem Gebäude hinzukommt, der die Erschließung aller Räume von unten ermöglicht. Die Bruttogrundfläche liegt bei rund 6600 Quadratmetern.
Schon zur Preisgerichtssitzung war der Einweihungstermin der Realschule festgesetzt: September 2010. Das bedeutete, dass innerhalb 27 Monaten die gesamte Planung, Ausschreibung und Umsetzung erfolgen musste. Schwierig gestaltete sich jedoch die Endphase der Rohbauarbeiten, da das hehre Ziel „Bau Dicht“ vor dem Wintereinbruch vom früh einsetzenden Winter 2009 auf 2010 massiv behindert wurde.


Wetterkapriolen


Am 11. November 2009 konnte Richtfest gefeiert werden, vier Monate nach der Grundsteinlegung am 22. Juli 2009. In der Ausbauphase war das Wetter der Baustelle wieder nicht hold. Viele Regentage ließen den Estrich nicht in der geplanten Ablaufzeit die Verlegereife der Bodenbeläge erreichen. Trotz hoher Außentemperaturen im Sommer musste dann zusätzlich die Fußbodenheizung laufen, um die Feuchtigkeit aus den Estrichflächen heraus zu heizen. Die Kondition der Ausbauhandwerker wurde auf eine harte Probe gestellt.
Während der Planungsphase wurde vom Landkreis noch ein zusätzlicher Betrag für Kunst am Bau genehmigt. Die frühzeitige Einbindung der Künstler schon während der Planungsphase bot zudem optimale Voraussetzungen, um eine spannende „Genese von Kunst und Architektur“ zu verwirklichen.
Ein wesentliches Kriterium für dieses Gelingen war jedoch das präzise Eingehen der Wettbewerbsteilnehmer auf die gestellten Rahmenbedingungen, das genaue Lesen und Verstehen der vorhandenen Architektur, damit künstlerisch Projekte im Gleichklang mit dem Baukörper entstehen. Den unterschiedlichsten Formen und Thematiken des Wissensmanagements, des Lernens sowie der Vermittlung galt es hier mittels kreativer Leichtigkeit und Poesie zu begegnen.
Der Auslobungstext forderte künstlerische, kommunikative Zugänge, die den Dialog zwischen dem Gebäude und seinen Nutzern thematisieren und ermöglichen oder in die vorhandene Architektur eingreifen, sie akzentuieren und erweitern. 14 Künstler aus dem Landkreis reichten 21 Arbeiten ein, die sich sowohl auf den Innenbereich wie auch die Außenanlagen bezogen. Die Jury entschied sich schließlich für die Arbeit des Künstlers und Bildhauers Joachim Maria Hoppe aus Thaining.
Hoppes Arbeit legt ihren Fokus im Außenbereich auf den Innenhof. Eine Skulptur als schwebende Wolke aus Buchstaben fasst das Gewirr lebendiger Sprache zusammen. Freiheit und Ausdruck von Sprache schwebt über der kultivierten Sprache des Lehrbetriebs der Schule. Ein im Boden eingelassenes, rotes Eisenrohr ragt dynamisch empor, die Buchstabenwolke mit 2,5 Meter Durchmesser erreicht so eine Höhe von nahezu fünf Metern. Am Boden finden sich noch Einzelbuchstaben als Kuben ausgebildet, die zum Sitzen einladen aber auch im Boden eingelassene Buchstaben.
Beim zweiten Teil der Arbeit, dem DU, will der Künstler die Zusammengehörigkeit der Schriftzeichen zur Sprachwolke betonen, wählt die Buchstaben in Aluminium mit Oberflächenschliff, während er den Kubus des Aufzugschachts in einem hellen Gelb leichter erscheinen lassen möchte. Die soziale Komponente einer Schulgemeinschaft wird durch ein großes DU in roten Buchstaben im Sockelbereich und spiegelverkehrt im oberen Bereich in den Blick genommen.
Zusätzlich hat der Künstler seine Arbeit um Teil „C“ ergänzt: das so genannte WIR. Postiert auf dem Platz vor dem Eingang liegen auf einer runden, grün eingefärbten Betonscheibe drei Sitzbuchstaben und verkörpern das Wort WIR.
Der Landschaftsarchitekt Dettling aus Obermühlhausen verstand es ausgezeichnet die Kunst am Bau in seine Außenanlagenplanung einzubinden. (BSZ)

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