Bauen

Der generalsanierte Churfürstensaal. (Foto: Staatliches Bauamt München 1)

03.12.2010

Freskenzyklus entdeckt

Wiederherstellung des Churfürstensaals im Kloster Fürstenfeld

Eine Bauaufgabe der besonderen Art hat sich für die Bauverwaltung – Staatliches Bauamt München 1 – im ehemaligen Zisterzienserkloster Fürstenfeld in der heutigen Fachhochschule der Polizei in Fürstenfeldbruck ergeben. Bei üblichen Bauunterhaltsmaßnahmen entdeckte der Hausmaler der Fachhochschule bereits im Mai 1992 großflächige Wandbilder, die er freilegte und, da ihm das Ergebnis zu wenig brillant erschien, mit kunststoffhaltigem Tiefengrund überzog: Georg Asams lange verloren geglaubter Freskenzyklus wurde so entdeckt – aber gleichzeitig durch die unsachgemäße Freilegung in Teilbereichen stark beschädigt.
Dieses Ereignis war der unmittelbare Anlass zur Gründung des Fördervereins „Freunde des Klosters Fürstenfeld“ e.V. Ziel des Fördervereins war es, nicht nur die Asamfresken freizulegen, sondern auch den baulichen Rahmen – nämlich den durch zahlreiche Einbauten zerstörten Churfürstensaal – wieder herzustellen. Der 340 Quadratmeter große und knapp neun Meter hohe Churfürstensaal entstand im Zuge des Klosterneubaus (1691 bis 1699) durch Antonio Viscardi, er liegt im zweiten Obergeschoss des Nordflügels, nimmt die gesamte Gebäudetiefe ein und trennt somit die westlich anschließenden Fürstenzimmer von der im Osten liegenden Klausur.

Holzdecke wurde ersetzt


Bereits 1803 wurde im Zuge der Säkularisation das Kloster aufgehoben und die dazugehörenden Gründe verkauft. Zwischen 1803 und 1920 erfuhr die Anlage unterschiedlichste Nutzungen: So war sie zunächst im Besitz eines Kattun-Fabrikanten, ging 1817 in Staatsbesitz über, wurde Militärinvalidenhaus, später Kaserne und dann Unteroffizierschule und Landesschülerheim. Seit 1924 wird die Liegenschaft durch die Polizei genutzt, seit 1953 durch die Polizeischule, aus der dann später die heutige Fachhochschule für öffentliche Verwaltung und Rechtspflege in Bayern, Fachbereich Polizei, entstand.
Bereits vor 1894 wurde der über zwei Geschosse reichende Saal durch Einzug einer hölzernen Zwischendecke und den Einbau von Flurwänden und Zimmern in beiden Ebenen zerstört. Vermutlich war der „Große“ oder „Schöne Saal“ den wechselnden Nutzern nach der Säkularisation ein leidiges Hemmnis, da er die Durchgängigkeit der Flure im zweiten Stockwerk unterbrach und so die Erschließung des Westflügels behinderte. Bei den umfassenden Sanierungsarbeiten in den 1960er Jahren wurde die eingezogene Holzdecke durch eine Stahlbetonkassettendecke ersetzt und mit einer rund 30 Zentimeter tief abgehängten Gipskartondecke verdeckt. Zu diesem Zeitpunkt wurde im Fürstensaal der gesamte Altputz einschließlich sämtlicher Dekorationselemente auf Höhe des zweiten Obergeschosses abgeschlagen.
Die eingefügten Räume (Flur, zwei Lehrsäle, ein Lehrerzimmer) blieben hier bestehen. Oberhalb der Zwischendecke wurden die älteren Zwischenwände wieder entfernt, so dass sich hier der ehemalige Saalgrundriss wieder ablesen ließ. Die noch an den Wänden vorhandenen, schadhaften Stuckdekorationen welche 1696 durch Giovanni Nicolò Perti erstellt wurden, blieben glücklicherweise erhalten. Leider wurde aber die gesamte Saaldecke im Rahmen einer Dachstuhlinstandsetzung entfernt und durch eine 30 Zentimeter tief abgehängte Gipskartondecke ersetzt.
Nach ausführlichen Untersuchungen wurde im Februar 1997 eine Machbarkeitsstudie zur Wiederherstellung des Churfürstensaals seitens des Fördervereins vorgelegt. Um den Betrieb der Fachhochschule in diesem Gebäude weiterhin zu gewährleisten, konnte einer Umsetzung – ohne Schaffung von Ersatzräumen – durch den Freistaat nicht zugestimmt werden, zumal die Finanzierung der Maßnahmen ungeklärt schien. Nachdem die im Churfürstensaal befindlichen Nutzungen (Lehrmittelsammlung, zwei Lehrsäle, Lehrerzimmer) in den angrenzenden Gebäudetrakt der ehemaligen Kester-Häusler-Stiftung umziehen konnten und der Förderverein Spenden in Höhe von 750 000 Euro zusagte, konnte der Freistaat die Baumaßnahme mit 1 975 000 Euro im Jahr 2005 genehmigen.
Vor Baubeginn musste zunächst die Kester- Häusler-Stiftung angepasst werden, zudem musste die bauliche Umsetzung des Churfürstensaals mit der bereits laufenden Baumaßnahme der Sanierungs- und Umbaumaßnahmen in der Fachhochschule gekoppelt und terminlich in Einklang gebracht werden. Im August 2008 begann der aufwändige Abbruch der Zwischenwände und der 45 Zentimeter starken Stahlbetondecke. Der Abschluss der Bauarbeiten erfolgte im September 2010.

Moderner Lüster


Um den multifunktionalen Bedürfnissen eines heutigen Saals gerecht zu werden, musste eine Vielzahl an technischer und baulicher Ausstattung integriert werden, die sich in den historischen Kontext eingliedern musste. So waren die Anforderungen des Brandschutzes zu berücksichtigen, ebenso mussten eine Lüftungsanlage, eine Schallschutzdecke, sowie Notbeleuchtung, Verdunklungsmöglichkeiten und eine Vielzahl von Stark- und Schwachstromanschlüssen bei der Wiederherstellung des Saals berücksichtigt werden. Bauliche Gegebenheiten, wie zum Beispiel die geringe Traglast der Decke oder geringe Bodenaufbauhöhen erschwerten die Planung und Durchführung beträchtlich.
Da die Ausstattung des Saals auch Seminarnutzungen ermöglichen sollte, gab es hinsichtlich der Beleuchtung hohe Anforderungen, so dass das für die Planung beauftragte Architekturbüro Hild und K speziell für diesen Saal einen modernen Lüster entwarf, der sowohl die technischen Notwendigkeiten berücksichtigte, sich aber durch seine Gestaltung in den barocken Rahmen einfügt.
Die durch den Förderverein gesammelten Spendengelder wurden für die Stuckarbeiten und Arbeiten an den Türportalen aufgewendet. Die Sicherung und Sanierung der Fresken erfolgte in enger Abstimmung mit dem Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege; es wurde besonderer Wert darauf gelegt, dass Fehlstellen sichtbar bleiben und nur wenige Retuschierungen vorgenommen werden. Bei der Freilegung wurden die Erwartungen bezogen auf die Qualität der Asamfresken noch übertroffen und Zug um Zug zeigte sich die hervorragende Qualität der Arbeit und die enorme Farbenpracht. So können nun an der Westseite die Taten des König Davids und an der Ostseite Mut und die Tatkraft des Herkules bewundert werden.
Bei den neuen Bauteilen und Oberflächen, wie beispielsweise dem Fußboden, den Lüstern oder den Verdunkelungs- Klappläden wurde darauf geachtet, dass sich die Gestaltung an historischen Vorbildern orientiert, die Umsetzung jedoch mit modernen Materialien erfolgt. (Karin Reich)

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