Bauen

Das neue Wasserkraftwerk am Hammerbach. (Foto: Pastötter)

17.02.2012

Im Einklang mit der Natur

Das Wasserkraftwerk am Hammerbach bei Ainring

Am 22. Dezember 2010 ging das Wasserkraftwerk am Hammerbach erstmals ans Netz der EON Freilassing und liefert seitdem sauberen, grundlastfähigen Strom aus heimischen Ressourcen.Vorausgegangen waren sechs Jahre für die Planung und die Genehmigung des Projekts. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens durch das Landratsamt Berchtesgadener Land wurde auch eine ökologische Bilanzierung gefordert, welche durch den Landschaftsarchitekten Löschner aus Altötting erstellt wurde. Das Vorhaben befindet sich demnach nicht in einem landschaftlichen Vorbehaltsgebiet oder einem Schutzgebiet nach Naturschutz- oder Wasserrecht. Außerdem ergab die artenschutzrechtliche Beurteilung keinerlei hochwertige schützenswürdige Strukturen, somit konnte nach Erteilung des Genehmigungsbescheids im August 2010 mit dem Bau begonnen werden.
Die Planunterlagen erstellte das Büro Zeller und Romstätter aus Traunstein. Die Schwierigkeit solcher Baumaßnahmen ergibt sich oft aus der allgemeinen geologischen Situation. Das geplante Wasserkraftwerk liegt laut eines Gutachtens im Bereich des so genannten eiszeitlichen Salzbeckens. Unter den oberflächlichen Deck- und Verwitterungslehmen ist dementsprechend mit postgalizialen Schwemmsand und -kiesen zu rechnen, die von feinkörnigen Beckensedimenten (Seeton, Beckenschluffe) unterlagert werden.
Hierauf musste dann beim Bau besonderer Augenmerk gelegt werden. Die Schwierigkeit dieses Objekts bestand darin, zuerst einmal die Baugrube zu erstellen. Dafür mussten 890 Quadratmeter Spundwände in unwegsamen Gelände erstellt werden. Danach wurde der Innenraum ausgebaggert und die Hochwassersicherheit für die Baugrube erstellt, denn bei eintretendem Hochwasser führt die im Unterwasserbereich des Kraftwerks verlaufende Saalach etwa 1200 cbm/sec. Durch die maximale Tiefe der Baugrube von rund zwölf Metern und die unmittelbar oben vorbeiführende Gemeindestraße mussten die Spundwände mit massiven H-Stahlträgern ausgesteift werden.
Vor Beginn der Betonarbeiten mussten für die Gründung des Objekts 55 Lärchenpfähle mit fünf Metern Länge und einem Durchmesser von 25 Zentimetern in den Seeton geschlagen werden. Danach konnte mit dem Bauwerk begonnen werden, hierfür wurden 1250 Tonnen Wasserbausteine verbaut, außerdem benötigte man rund 500 Kubikmeter Beton und 30 Tonnen Baustahl. Insgesamt wurden 1200 Quadratmeter Schalungsarbeiten und 1800 Kubikmeter Aushub für den Bau benötigt.
Der rechteckige, schnörkellose, funktionelle Baukörper des Kraftwerks mit dem relativ flachen Schindeldach passt sich sehr gut an die nördlich gelegene Saalfeld Siedlung an. Es scheint fast so, als ob dieses Kraftwerk schon ewig hier steht. Es passt einfach alles zusammen, die Verbindung von Ökonomie und Ökologie wurde hier beispielhaft gelöst. Bei einer Fallhöhe von rund 6,5 Metern und einem durchschnittlichen Wasserdurchfluss von 2,3 cmb/sec erzielt das Kraftwerk eine Leistung von etwa 90 bis 120 KW/h, also in etwa eine Million Kilowatt im Jahr, wodurch rund 200 Haushalte im Jahr mit Strom aus erneuerbaren Energien versorgt werden können.
Im Kraftwerksgebäude befindet sich eine doppelt regulierte Kaplanturbine, die über einen Riemen den Generator antreibt. Die schalltechnische Untersuchung ergab, dass die Immissionswerte von 55 dB(A) tagsüber und 40 bD(A) nachts eingehalten werden. Durch den Bau des Wasserkraftwerks verbessert sich sogar die Situation, da die Bestandsbelastung durch das Rauschen der Wasserfälle vor dem Bau bei 58 dB(A) lag.
Die Turbine befindet sich im unteren Gebäudeteil. Die Schallabstrahlung des Kraftwerksgebäudes kann wegen der modernen Anlagentechnik und der massiven Bauart des Anlagengebäudes (Stahlbeton) im Vergleich zur Schallemission der Fischtreppe vernachlässigt werden. Diese Werte (unter 40 bB(A)) konnten auch nur durch den Einbau von speziellen Schallschutzfenstern und Türen erreicht werden. Außerdem wurde durch das Gutachten bestätigt, dass hinsichtlich Erschütterungseinwirkung und sekundärem Luftschall alle gesetzlichen Vorgaben eingehalten und erfüllt werden.
Das neue Wasserkraftwerk bindet sich sehr gut in die Landschaft ein und durch den Bau wurde der Zustand des Gewässers erheblich verbessert, weil man eine Durchgängigkeit geschaffen hat, die vorher nicht gegeben war. Damit wurden auch die Vorgaben der „Europäischen Wasserrahmenrichtlinie“ erfüllt. Zu diesem Zweck wurde eine Wanderhilfe für Gewässerorganismen, die so genannte Fischtreppe aus 48 Natursteinbecken errichtet. Von Becken zu Becken besteht ein Höhenunterschied von 13 Zentimetern, in den Beckensohlen befindet sich grobkörniges Sohlsubstrat und die Beckengrößen und Tiefen variieren zwischen 1,5 mal 3,5 Meter lang, 1,5 bis 2,0 Meter breit und 50 bis 90 Zentimetern Tiefe. Die Schlitzbreiten im Vertical-Slot System betragen etwa 20 Zentimeter. Die Bemessungsgrundlage für die Fischtreppe wurde vom Landratsamt vor Baubeginn auf 150 l/s festgelegt.
Entscheidend für den Erfolg eines solchen Projekts ist auch, dass alle Beteiligten sich mit der Anlage identifizieren können. So lobte auch Reinhold Priller, Vorsitzender der Saalachfischer Freilassing, die sehr gute Zusammenarbeit mit den Bauherren. Gleichzeitig zeigte er sich sehr erfreut über die Fischtreppe. Die anfängliche Planung wurde sogar verworfen, um den Vorgaben der Fischerei gerecht zu werden – ein einmaliger und außergewöhnlicher Vorgang.
Das Wasserkraftwerk ist ein gelungenes Projekt, dass zukunftsweisend ist nicht nur für Bayern, sondern auch für Deutschland – kleine, dezentrale Anlagen zur Stromerzeugung durch Wasserkraft. Denn im Gegensatz zu anderen Arten der Stromerzeugung entstehen bei der Wasserkraft keine Belastungen der Umwelt durch Luftverschmutzung (unter anderem CO2 und Stickstoff). Ein weiterer Vorteil ist der hohe Wirkungsgrad, der zwischen 85 und 90 Prozent liegt. Dieser Wirkungsgrad gibt an, wie viel der nutzbaren Wasserkraft in elektrische Energie umgewandelt werden kann. Wasserkraftwerke gibt es schon seit Jahrhunderten, sie haben eine bewährte Technologie und verbrauchen keine natürlichen Ressourcen.
Wasserkraft ist grundlastfähig und bewiesenermaßen die sauberste Form der Stromerzeugung. Gerade im Zusammenhang mit der Energiewende ist es zielführend, sauberen Strom aus heimischen, erneuerbaren Ressourcen nachhaltig zu erzeugen. (Stefan Pastötter) (Erstellen der Spundwände und Bau der Fischtreppe - Fotos: Pastötter)

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