Bauen

Das neue Wohnquartier bei Nacht. (Foto: The Seven)

10.06.2011

Industriebrache avanciert zum Wohnquartier

Das Münchner Gärtnerplatzviertel wird durch das Ensemble The Seven weiter aufgewertet

Das Gärtnerplatzviertel ist eines der buntesten und vielfältigsten Stadtviertel Münchens. Das Viertel entstand in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts aus einem ehemaligen Arme-Leute-Viertel und wurde von der Bankiersfamilie von Eichthal, den Gründern der Bayerischen Hypotheken- und Wechselbank, systematisch mit mehrstöckigen Mietshäusern als Kapitalanlage bebaut. Früher vor den Toren der Stadt, heute zentral zwischen Isar und Marienplatz gelegen, gilt die Gegend rund um den Gärtnerplatz als das Trendviertel schlechthin.
Und mittendrin: das Rondell des Gärtnerplatzes, ein beliebter Treffpunkt, der dem Viertel seinen Namen verliehen hat. Gleichzeitig aber auch Synonym für einen prachtvollen Theaterbau, in dem mit Oper, Operette, Musical und Tanz das ganze farbige Repertoire des musikalischen Theaters auf die Bühne kommt.
Seit den 1970er Jahren hat sich hier eine bunte Szene aus Künstlern, Modeschöpfern und Designern mit Bars, Clubs, Cafés, Bistros und Restaurants, Antiquitäten- und Trödlerläden, Galerien und Modeshops etabliert. Hier wohnte der Regisseur Rainer Werner Fassbinder und hier fand auch Freddie Mercury („Queen“) seine zweite Heimat. Und auch heute gehören die Clubs des Viertels zum Besuchsprogramm internationaler Stars. Dazu kommen Kultur und Kleinkunst vom städtischen Gärtnerplatztheater bis hin zu kleinen Bühnen, Kinos und Kunstzhappenings. Heute belebt eine facettenreiche Mischung aus toleranten Alteingesessenen und einer weltoffenen Avantgarde die Szene.
Wie auch immer man das Gärtnerplatz- und das anliegende Glockenbachviertel bezeichnen will – als Notting Hill, Montmartre oder Soho von München –, im Gegensatz zu den Künstlervierteln der anderen Metropolen hat es einen großen Vorteil: Man ist zu Fuß in weniger als einer Viertelstunde an allen bekannten und noch zu entdeckenden Sehenswürdigkeiten der Stadt. Ob Englischer Garten oder Isar, ob Maximilianstraße oder Marienplatz. Und in ein paar Minuten erreichbar, der 1807 als „Kräutlmarkt“ angelegte Viktualienmarkt. Auch dir für den Alltag notwendigen Einrichtungen findet man hier. Ärzte, Kindertagesstätten, Schulen sowie Läden für Außergewöhnliches ebenso wie für den täglichen Bedarfs.
Mit einer Grundsteinlegung für das Wohn- und Büroensemble The Seven entsteht jetzt zusätzlich eine neues Stadtquartier der Extraklasse im Gärtnerplatzviertel und wertet das Viertel zusätzlich auf. Die Abrissarbeiten auf dem Gelände des ehemaligen Heizkraftwerks sind nahezu abgeschlossen. Die Baugenehmigung ist erteilt. Jetzt startet die Realisierungsphase.

Im Mittelpunkt der
56 Meter hohe Turm


Ein halbes Jahrhundert ist das Wahrzeichen von The Seven, der 56 Meter hohe Maschinenturm des früheren Heizkraftwerks, Zeuge der Veränderungen in diesem Münchner Viertel. Nun rückt er selbst in den Mittelpunkt des Geschehens. Der schmucklose Industriebau wandelt sich bis Ende 2012 zum höchsten Wohngebäude der Innenstadt – der Wohnturm hat 15 Etagen. Neben ihm entstehen zudem zwei neue Gebäude: ein viergeschossiges Atrium mit bis zu 56 Wohnungen unterschiedlicher Größe und Ausstattung (The Seven Atrium) sowie der Büro- und Gewerbebau The Seven Office mit oberirdisch rund 8900 Quadratmeter Bruttogrundfläche.
Die Wohngebäude werden von etwa 6000 Quadratmeter Grünanlagen mit unterschiedlich gestalteten Bereichen eingerahmt. Ein kleiner Park mit alten und geschützten Ahornbäumen, Eschen und Linden sowie Bänken trennt den geschützten privaten Bereich vom öffentlichen Leben. Der Park steht tagsüber der Allgemeinheit zur Verfügung und wird abends geschlossen. Zwei Buchshecken schirmen die Gartenanteile der Wohnungen zusätzlich ab. Für alle Bewohner des Stadtqurtiers entsteht eine Gartenanlage im Südwesten des Atriumsgebäudes. Sie wird von einer grünen Wand aus in Form geschnittenen Linden umgeben und geht im Südosten in einen „Giardino Secreto“ über.
Vorm Entree, zwischen Turm und Bürogebäude, vermittelt eine großzügige Piazza mediterranes Flair. Der Zugang zu den Wohneinheiten ist für Besucher ausschließlich über das Entree im Turm möglich. Hier wacht ein Concierge 24 Stunden über die Sicherheit und Privatsphäre der Bewohner.
Es war ein inzwischen trockengelegter Stadtbach, der die Geschichte des Grundstücks an der Müllerstraße prägte und auch die heutige Lage des künftigen neuen Stadtquartiers auf dem rund 1,4 Hektar großen Areal mitbestimmte. Am Lazarettbach zwischen Isar und der befestigten Stadt befand sich früher ein Militärlazarett. Im 19. Jahrhundert wurde an gleicher Stelle das Luitpold-Gymnasium errichtet, an dem Albert Einstein sechs Jahre (1888 bis 1894) zur Schule ging – wenn auch ohne Schulabschluss. Nach der Zerstörung des Gymnasiums im Zweiten Weltkrieg entschloss sich die Stadt 1956 an gleicher Stelle und unter Nutzung des Lazarettbachs ein Heizkraftwerk zu bauen. Der 56 Meter hohe, im Stil der Moderne errichtete Turm, der die Kamine und Filter enthielt, prägt mit seinem charakteristischen Flugdach, der gläsernen Fassade und den fünf Kaminen bis heute das Viertel.
In den ersten drei Etagen des künftigen The Seven Turms werden sich das Entree mit dem Arbeitsplatz des Concierge, die Private Offices, ein ausschließlich den Bewohnern vorbehaltener Spa- und Fitnessbereich sowie im rückwärtigen Teil eine Kindertagesstätte untergebracht. Von der 4. bis 15. Etage des Turms entstehen etwa 25 Wohneinheiten mit Größen zwischen 95 und 700 Quadratmetern.
Nach Stilllegung des Kraftwerks lobten die neuen Eigentümer der Liegenschaften im Juli 2007 einen zweistufigen Architektenwettbewerb mit internationaler Beteiligung und unter Einbeziehung der Öffentlichkeit aus. Als Sieger ging das Berliner Architekturbüro Léon Wohlhage Wernik in Zusammenarbeit mit der Hamburger Landschaftsarchitektin Christiane Sörensen hervor.
Bereits Ende 2009 begannen die Abrissarbeiten auf dem 14 000 Quadratmeter großen Gelände. Alter Gebäudebestand musste abgetragen werden: Ein ehemaliges Wohn- und Sozialgebäude, ein Bürogebäude, eine Gasstation, vier Kesselhäuser, ein Parkplatz sowie unter- und oberirdische Bunkeranlagen machten Platz für das neue Wohnquartier. Um den ehemaligen Maschinenturm freistellen zu können und während seiner Entkernung zu sichern, wurde ein Stahlfachwerkrahmen eingebaut.

Kamine und Flugdach werden abgenommen


Ein Highlight der Abbrucharbeiten ist die Kamin- und Flugdachabnahme. Die fünf Kamine und das Flugdach bestehen weitgehend aus Stahl. Jeder komplette Kamin hat ein Gewicht von etwa zehn Tonnen. die Kamine und das Flugdach werden zerlegt und mit einem 80 Meter hohen Hochbaukran abgenommen. Das Erscheinungsbild des fertigen Gebäudes wird nach Baufertigstellung wieder von der Kaminsilhouette und dem Flugdach geprägt sein. Ferner wird auch die Fassade des Turms nach Beendigung der Arbeiten wie zu Baubeginn wieder von großformatigen Glasflächen bestimmt sein.
Der Name The Seven leitet sich zum einen aus der Adresse ab: Müllerstraße 7. Zum anderen aber auch aus dem Konzept. Denn mit seinen drei Lebensbereichen Wohnen, Arbeiten und Erholung deckt das neue Wohnquartier die drei Phasen des Tages an sieben Tagen pro Woche ab, erklärt Jörg Scheufele, Geschäftsführer des Projektpartners alpha invest Projekt GmbH. (Friedrich H. Hettler)

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