Bauen

Der Entwurf des Eingangsportals zum Alten Botanischen Garten in München stammt von Herigoyen. (Foto: BSZ)

03.12.2010

Leistungsfähige Management-Bauverwaltung

Tradition, Vergangenheit und Gegenwart der Obersten Baubehörde

Vor 200 Jahren wurde der portugiesische Architekt und Baumeister Emanuel Joseph von Herigoyen von König Maximilian I. Joseph zum obersten Baubeamten in Bayern ernannt. Das Oberbaukommissariat im Innenministerium war zuständig für die Gebäude der Stiftungen, des Kultus, der Schulen und der Wohltätigkeit sowie für die Gebäude der Gemeinden – also Aufgaben des behördlichen Hochbaus, damals Landbauwesen genannt. Eine Aufgabe, die die Oberste Baubehörde noch heute in erweitertem Umfang in ihrem Haus hat.
Für den Straßen- und Wasserbau – also für Tiefbauaufgaben – war seit 1805 ein Zentralbüro im Finanzministerium unter der Leitung von Carl Friedrich von Wiebeking verantwortlich. Ende 1818 – knapp zwei Jahre nach dem Tod Herigoyens – wählte König Max I. Leo von Klenze zu dessen Nachfolger. 1830 organisierte dann König Ludwig I. das Bauwesen in Bayern neu. Mit der Verordnung vom 14. März 1830 schuf der Monarch die Oberste Baubehörde (OBB) im Bayerischen Staatsministerium des Innern und ernannte den Nachfolger Herigoyens, Leo von Klenze, zu ihrem ersten Leiter. Im Rahmen des „Emanuel Joseph von Herigoyen Symposium“ gab Josef Poxleitner, Leiter der OBB, einen kurzen Abriss der Geschichte der Obersten Baubehörde.
Ludwig I. beabsichtigte mit der Obersten Baubehörde, so Poxleitner, „das gesamte Bauwesen in Bayern in technischer Hinsicht immer mehr zu vervollkommnen und die freie Entwicklung der Kunst und Wissenschaft zu fördern“. Das war auch der Grund, warum die Oberste Baubehörde im Innenministerium und nicht im Finanzministerium ressortiert.
Bauen im Königreich Bayern war wesentlich bestimmt von den Bauwünschen des Königs und der königlichen Schatulle, betonte der OBB-Chef – eine interessante Quelle für das Verhältnis von König und seinem obersten Baumeister sind die „Geheimen Memorabilien“ Klenzes. Heute dagegen wird das Bauen von den Bürgern, den politischen, ökologischen und vor allem ökonomischen Möglichkeiten und zu guter Letzt auch von Gerichtsentscheidungen bestimmt. „Wenn ich an Stuttgart 21 denke, stehen uns wohl noch weitere Entwicklungen bevor, die das Bauen nicht leichter machen“, erklärte Poxleitner. „Bauen in der Demokratie hat eben viele Bauherren.“
Die OBB besteht seit nunmehr seit 180 Jahren. Schon in ihren frühen Tagen war sie mit herausragenden Großprojekten betraut. Eine der ersten Bauaufgaben der jungen Baubehörde war die 1836 eröffnete „alte Pinakothek“. Ein weiteres großes Projekt war der 1843 unter dem Namen „Ludwigskanal“ eröffnete Ludwig-Main-Donau-Kanal, dessen Anfänge als „Fossa Carolina“ auf Karl den Großen zurückgehen. Teilstrecken wurden in den Main-Donau-Kanal einbezogen, dessen Bau die Oberste Baubehörde von 1960 bis 1992 beschäftigte.
In den Nachkriegsjahren, so Poxleitner, leistete die 1948 wiederbegründete einen wesentlichen Beitrag beim Wiederaufbau der baulichen Infrastruktur, beim Bau von Straßen und Brücken sowie beim Wiederaufbau von Krankenhäusern und Wohnungen. Der Zweite Weltkrieg hinterließ in Bayern eine gigantische Wohnungsnot; es fehlten etwa eine Million Wohnungen.
Aus einer so langen Geschichte der Bauverwaltung entsteht natürlich Verantwortung, betonte der Leiter der OBB. „Verantwortung zu übernehmen, bedeutet für uns, sich die eigene Geschichte bewusst machen, sie als Wertmaßstab zu nehmen und aus ihr auch eine vernünftige Portion Selbstbewusstsein und Stolz abzuleiten.“ Denn in der 180jährigen Geschichte der OBB würden sich 180 Jahre bayerischer Baugeschichte wiederspiegeln. Das ist für Poxleitner ein Grundstock an technischem Knowhow, auf demman aufbauen und weiterentwickeln kann. Gleichzeitig ist er davon überzeugt, dass die Oberste Baubehörde die Verbindung von Tradition und Innovation geschafft hat.

Kompetenzzentrum
für Planen und Bauen


Die OBB ist heute, so die Ansicht ihres Leiters, eine moderne und leistungsfähige Management-Bauverwaltung. Planen und Bauen würden heute nämlich mehr den je die Zusammenarbeit verschiedener Berufszweige erfordern: Architekten, Ingenieure, Handwerker, Kaufleute und Juristen. Dazu kommen Fachverbände, wie die Architektenkammer, die Ingenieurekammer-Bau, die Bauindustrie und das Baugewerbe sowie politische Entscheidungsträger in Bund, Land und Kommunen, nicht zuletzt die Bürger vor Ort. „In diesem Sinne ist die Oberste Baubehörde ein Kompetenzzentrum für das Planen und Bauen in Bayern.“
Mit einem betreuten und initiierten jährlichen Bauvolumen von etwa sechs Milliarden Euro, 2009 waren es wegen des Konjunkturprogramms sogar annähernd neun Milliarden Euro, ist die Staatsbauverwaltung ein wichtiger Auftraggeber für die Bauwirtschaft.
„Unsere Innovationen im Straßenbau sind vor allem darauf ausgerichtet, den Verkehr umweltverträglicher und sicherer zu gestalten“, erklärte Poxleitner. Man arbeite an der Entwicklung von lärmarmen Fahrbahnbelägen und der Verbesserung der Verkehrsinformationssysteme sowie der Verkehrstelematik. Denn fließender Verkehr verbrauche weniger Energie als „Stopp and Go“ und ist sicherer.
Um den Ausbau der Autobahn A 8 zwischen Augsburg und München auf sechs Fahrbahnen rasch umsetzen zu können, hat die Staatsbauverwaltung ein neues Ausführungsmodell erprobt, das so genannte Betreibermodell. Ein Konsortium privater Unternehmer baut und finanziert den Ausbau und übernimmt für 30 Jahre die Wartung der Autobahn. Dafür erhalten sie die Einnahmen der Lkw-Maut, erläuterte Poxleitner.
Die Hochbaumaßnahmen für das Land, den Bund und die Gaststreitkräfte, also der Bau oder Ausbau von Kliniken, Hochschulen, Museen, Finanzämter, Polizeigebäude, Kasernen und diverse andere Bauprojekte haben nach den Worten des OBB-Leiters in den letzten Jahren durch Sonderprogramme, die Konjunkturpakete und Innovationsprogramme auf 1,5 Milliarden Euro pro Jahr zugenommen. „Dabei ist die Energieeffizienz von Bestandsgebäuden wie bei allen Neubauten zum beherrschenden Thema geworden.“
Die Aktivitäten und Fördermaßnahmen der staatlichen Bauverwaltung im Wohnungsbau und im Städtebau sind ein beachtlicher Konjunkturmotor und ein wichtiger Beitrag zur Pflege und Erhaltung der bayerischen Baukultur. Eine Million Euro Städtebauförderungsmitteln würden beispielsweise acht Millionen Euro an privaten Investitionen auslösen. „Bei all unseren Baumaßnahmen haben wir das Gemeinwohl und ebenso die Baukultur im Auge“, so Poxleitner.

Landesbaukunstausschuss wiederbeleben


Um dieses Kulturgut zu pflegen will der Chef der Obertsen Baubehörde auch den Landesbaukunstausschuss Leo von Klenzes in neuer aber zeitgemäßer Form wiederbeleben und fortsetzen. Dieser habe im Laufe der Zeit so wichtige Bauaufgaben wie den Wiederaufbau des Nationaltheaters, der Glyptothek und Alten Pinakothek sowie Neubauten wie den Flughafen München und die Staatskanzlei beratend begleitet.
Poxleitner stellt sich vor, dass der neue Landesbaukunstausschuss ein Gremium, besetzt mit hochkarätigen Fachleuten – Architekten, Ingenieuren, Künstlern und Vertretern der Denkmalpflege – werden soll, das den Freistaat bei seinen eigenen Bauaufgaben berät und das auf Wunsch auch den Kommunen für eine kompetente und unabhängige Beratung in Fragen der Baukultur zur Verfügung steht. „In dieser Form könnte eine Einrichtung mit großer Tradition auch und gerade heute der Baukultur in Bayern neue, wertvolle Impulse geben.“ Die Bayerische Staatsbauverwaltung muss laut Poxleitner die Zukunft aktiv gestalten. „Dazu hat die Oberste Baubehörde in ihrer Zeit immer die Weichen in die Zukunft gestellt.“ (Friedrich H. Hettler)

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