Bauen

Der Schulhauskomplex aus der Vogelperspektive. (Foto: Gemeinde Unterföhring)

14.11.2014

Mehr Platz und eine transparente Mensa

Die Grundschule in Unterföhring wurde erweitert

Als Planer für den Erweiterungsbau der Grundschule sah sich das Architekturbüro Bayer & Strobel, Kaiserslautern, vor die Aufgabe gestellt, Raum zu schaffen für weitere Klassenzimmer und zwei Sporthallen. Mit einer zu errichtenden Mensa samt Großküche sollte der Aufbau einer Ganztagsschule in der wachsenden Gemeinde in Angriff genommen werden. Ein großes Volumen an Raumbedarf, das es möglichst platzsparend unterzubringen galt, um insbesondere den zusammenhängenden Schulhof zu erhalten. Der laufende Betrieb der Schule sollte von der Baumaßnahme so wenig wie möglich beeinträchtigt werden.
Die Architekten entschieden sich dafür, im Westen des nach dem Abriss der Gemeindehalle freigewordenen Grundstücks einen kompakten, langgestreckten Baukörper zu setzen, der die vorhandenen Gebäude an der Bahnhofstraße zu einem winkelförmigen Ensemble ergänzt. Möglich wurde diese platzsparende Form unter anderem, indem Bayer & Strobel die beiden geforderten Einfachsporthallen übereinander anordneten.
Konsequent achteten sie darauf, das Gebäude vom Pausenhof aus zu erschließen, der zum größten Teil von einer multifunktionalen Tartan-Spielfläche eingenommen wird. Daneben gibt es Laufbahnen, ein grünes Klassenzimmer und diverse Spiel- und Sitzgelegenheiten. Das bereits vorhandene große Klettergerüst konnte in das Freiflächenkonzept integriert und so erhalten werden.
Von der Münchner Straße ist das Gebäude abgerückt, sodass ein Quartiersplatz mir großer Aufenthaltsqualität entsteht. Er bildet den Eingang für Freizeitsportler oder Abendveranstaltungen und ist steinern gefasst. Eine große Rasenfläche mit Wiesenblumen und acht Feuerarhornen setzen einen grünen Schwerpunkt, so die Planer aus der Pfalz. Der Platz kann für Fußgänger als angenehme, weil autofreie Passage von der Münchner- zur Bahnhofstraße genutzt werden. Der Schulhof selbst bleibt am Abend verschlossen.
Der Baukörper, mit seinen klaren Linien und schlichten Materialien, macht bereits von außen die Funktionen der einzelnen Bereiche ablesbar. Die beiden Eingänge werden durch großzügige Vordächer beziehungsweise Gebäudeeinschnitte einladend gefasst. Die großen Fenster der Klassenräume mit integrierten Sitzbänken im Süden unterscheiden sich bewusst von den Fensterbändern der Sporthallen im Norden. Die großzügige Verglasung vor den Fluren der Sportlerumkleiden zur Münchner Straße wiederum soll nach den Worten von Bayer & Strobel vom lebendigen Betrieb im Gebäude erzählen und eine attraktive Platzwand erzeugen.
Das neue Haus wird vom Schulhof aus über eine Aula betreten, die die gesamte Gebäudetiefe einnimmt und bis auf den Nebeneingang auf der Münchner Straße durchgeschossen ist. Ein offenes Treppenhaus führt hier hinauf bis in das zweite Obergeschoss. Rechter Hand, im Norden, ist die sieben Meter hohe Einfachturnhalle mit ihren Geräteräumen angeschlossen. Eine großflächige, durchgehende Fensterfront ermöglicht den Blick auf den Pausenhof und von dort aus wiederum auf das Geschehen in der Halle.
Auf der anderen Seite der Aula geht es in die Mensa, in der 200 Schüler zeitgleich essen können. Große Fensterfronten lassen auch hier Blickbeziehungen zum Pausenhof zu. Im Sommer können die Fenster geöffnet werden und die Schüler können teilweise draußen essen. In der Küche können täglich rund 500 Essen frisch zubereitet werden, sie ist freundlich und offen gehalten. Die Schüler können so das Kochen miterleben. Ein maximaler Einblick soll das Interesse an guter Ernährung und deren Zubereitung fördern.
Dementsprechend ist die Küche als Vollküche ausgelegt. Ablauforganisation, Layout und Geräteausstattung sind darauf ausgerichtet, die Speisen mit einem möglichst hohen Anteil an frischen Ausgangsprodukten zuzubereiten. Die Küche liefert außerdem Essen an die benachbarte Kindertagesstätte. Auch für diese Belieferung wurde eine strikte Trennung von Auslieferung und Rücktransport der unreinen Behälter umgesetzt, sodass der gesamte Küchenbetrieb die Voraussetzungen für die EU-Zulassung einhält.
Direkt hinter der Küche, Richtung Münchner Straße, liegt der bereits bestehende kleine Schulgarten, in dem Gemüse und Kräuter für die Verwendung in der Küche angebaut werden können.
Im ersten Stock finden sich die Umkleiden für die Sporthalle im Erdgeschoss, die über eine eigene Treppe erschlossen sind. Südlich, über der Mensa, erschließt ein Mittelflur vier Klassenräume, der Flur führt in der Verlängerung über einen eingeglasten, zweistöckigen Steg in den Altbau.
Im zweiten Stockwerk liegt die Gymnastikhalle mit einer lichten Höhe von 5,50 Metern. Auf der Längsseite verbirgt sich hinter der Prallwand ein großer Ballettspiegel, der bei Bedarf durch einen Faltmechanismus freigegeben wird. So ist auch diese Halle ballspielfähig. Das durchgehende Fensterband bietet beim Sport einen fantastischen Ausblick über ganz Unterföhring.
Direkt an die Halle anschließend, auf der Fassadenseite zur Münchner Straße hin, sind die Umkleiden untergebracht. Auch hier erschließt im Süden ein Mittelflur Klassenräume samt einem EDV- sowie einem Musikraum und auch hier führt der Steg in den Altbau.
Beim Materialkonzept hat die Ehrlichkeit der Konstruktion eine wichtige Rolle gespielt, betonen Bayer & Strobel. Bei vielen Details sollen die verwendeten Materialien in ihrer natürlichen Erscheinungsform sichtbar bleiben und durch eine besonders sorgfältige Verarbeitung veredelt werden.
In den Treppenräumen und Fluren wird glatt geschalter Beton verwendet, im Sportlerbereich und der Mensa kommt eine Bretterschalung zum Einsatz und verleiht dem Beton eine besondere Plastizität. In den Erschließungszonen wird ein sichtbar bleibender, ins Korn geschliffener Estrich mit Zuschlägen aus Kies der Münchner Schotterebene eingesetzt. Alle Schränke und Fenster in den Klassenräumen sind aus gekalktem Eichenholz konstruiert und prägen so die freundliche, wohnliche Atmosphäre im Innenraum.
Über die Erfahrung des „echten“ Materials hinaus bringt der Einsatz dieser Baustoffe auch den Vorteil mit sich, dass diese unter Gebrauch schön altern und im Laufe der Jahre durch die typischen Gebrauchsspuren ihren ganz eigenen Charakter entwickeln werden, erklären die Planer.
Neben dem Material als solches spielt natürlich auch die Farbe eine wichtige Rolle. Die eher zurückhaltenden Oberflächen aus Beton und Holz bieten einen angenehmen Hintergrund für die bunten Arbeiten der Schüler und die an ausgewählten Stellen immer wieder eingesetzten kräftigen Farben. Zur besseren Orientierung im Gebäude erhielt jedes der drei Stockwerke eine eigene Leitfarbe, die dann auf dem Boden der Garderoben und Klassenräume, den Pinnwänden und den Sportlerumkleiden auftaucht. Auch in der Fassade wird der zunächst zurückhaltend wirkende Grundton durch die hell schimmernden Fenstereinfassungen und die kräftig bunten Sonnensegel der Verschattung belebt.
Ziel der Planung des Kaiserslauterner Architekturbüros war ein Gebäude, das auf die energetischen, klimatischen und nutzungsspezifischen Anforderungen reagieren soll. Natürliche Ressourcen wie oberflächennahe Geothermie sollten optimiert genutzt und eine effiziente Versorgungs- und Gebäudetechnik installiert werden.
Zur Vermeidung von Wärme- und Energieverlusten ist rundum eine sehr gute Wärmedämmung installiert, die Fenster sind dreifach verglast. Der sommerliche Wärmeschutz wird von außen liegenden Sonnensegeln oder speziellen Sonnenschutzgläsern gewährleistet. Die Lüftung erfolgt sowohl natürlich über zu öffnende Fenster als auch über eine zentrale Lüftung mit Wärmerückgewinnung, um so flexibel auf die Bedürfnisse der Nutzer eingehen zu können.
Beheizt und gekühlt wird das Gebäude mit oberflächennaher Geothermie in Kombination mit einer Wärmepumpe. Im Winter werden so Gebäudeteile wie Wände und Decken beheizt und im Sommer gekühlt – das Gebäude ist thermisch ans Erdreich gekoppelt. Zur Deckung von Spitzenlasten und zur Bereitstellung höherer Temperaturen (zum Beispiel für Warmwasser und Legionellenprävention) wird das Haus an das Fernwärmenetz der GEOVOL angeschlossen. Auf der Dachfläche wird zur Stromgewinnung eine Photovoltaikanlage installiert.
Durch die größtenteils regenerative Wärmeerzeugung, die komplett regenerative Kühlung und die Photovoltaikanlage sollen rund 100 Tonnen CO2 im Jahr eingespart werden können. Die gesetzlichen Energieeinsparungsvorschriften werden damit um rund 50 Prozent übererfüllt. (FHH) (Das Treppenhaus und einer der Gänge; Blick in die Küche und in die Sporthalle; Farbe spielt eine wichtige Rolle - Fotos: Studio Lierl/Helfer.Plan)

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