Bauen

19.08.2011

Neues Leben in alten Gemäuern

Der Denkmalpreis 2011 der Hypo-Kulturstiftung geht an das sanierte Schloss Haimendorf in Röthenbach und das Kanonikerhaus in Eichstätt

Der „Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung“, der seit 1986 jährlich verliehen wird, zeichnet Eigentümer aus, die in beispielhafter Weise Baudenkmäler in Bayern erhalten haben. Gleichzeitig versucht der mit 25 000 Euro (der Preis ist teilbar) dotierte Preis die Eigentümerinitiative zu stimulieren, die in der praktischen Denkmalpflege von besonders großer Bedeutung ist. In diesem Jahr würdigt der Denkmalpreis der Hypo-Kulturstiftung die mit größtmöglicher Sorgfalt durchgeführte Instandsetzung von Schloss Haimendorf in Röthenbach (Landkreis Nürnberger Land) sowie das instand gesetzte ehemalige Kanonikerhaus in der Eichstätter Pfarrgasse. Daneben gab es noch fünf Anerkennungen, dotiert mit jeweils 5000 Euro.
Im Rahmen der Preisverleihung betonte Kunstminister Wolfgang Heubisch (FDP), dass die Preisträger ihre Gebäude so hergerichtet haben, dass sie wieder Heim sind und gleichzeitig dem Denkmalschutz dienen. Sie hätten sich außergewöhnlich für die Belange des Denkmalschutzes engagiert und Schmuckstücke geschaffen, die „unser Land prägen“.
Historische Bauwerke sind für Heubisch wertvolle Kulturgüter und zugleich Teil des wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lebens. „Wir nutzen sie jeden Tag. Sie sind damit lebendige Vergangenheit. Durch sie bereichert Historisches unsere Lebenserfahrung im Hier und Jetzt.“ Auch die diesjährigen Preisträger hätten gezeigt, dass in alte Gebäude neues Leben einziehen kann. „Sie haben keine geschichtliche Kulisse geschaffen, sondern historische Substanz mit Leben gefüllt und ihr damit eine Zukunft gegeben.“
In Bayern gibt es laut Heubisch rund 126 000 Bau- und 55 000 Bodendenkmäler. Um ihre Aufgaben optimal zu erfüllen, brauche die staatliche Denkmalpflege starke private Partner. Denn eine erfolgreiche Denkmalpflege basiere auf dem Zusammenspiel von privatem Engagement einerseits und staatlicher Förderung andererseits.

Denkmalpflege
ist kein Luxus


Denkmalschutz und Denkmalpflege gehören für den Kunstminister zu den wichtigsten kulturellen Verpflichtungen des Staats. „Sie müssen ein Kernelement der bayerischen Kulturpolitik bleiben. Eine starke Denkmalpflege ist notwendig, um unser historisches Erbe zu bewahren.“ In diesem Zusammenhang erklärte Heubisch, dass er sich dafür einsetzen werde, dass die Mittel für die Denkmalpflege deutlich erhöht werden. Denkmalpflege sei schließlich kein Luxus, sondern eine lohnende Investition in die Zukunft. Historische Bauwerke und gewachsene Ortschaften seien wichtige Wirtschaftsfaktoren. So lebe der bayerische Tourismus ja auch vom reichen Denkmal-Schatz und der Kultur-Tourismus gehöre zu den wichtigsten Trends der Branche.
Das in einem ummauerten Park gelegene Schloss Haimendorf zählt zu den bedeutendsten Adelssitzen der Renaissance in Franken. Seit seiner Erbauung in den Jahren 1561 bis 1566 befindet es sich in Familienbesitz. Im 19. Jahrhundert wurden die Wassergräben verfüllt und in Gartenanlagen umgewandelt. Diese Veränderung führte zu gravierenden statischen Schäden.
Das Schloss wurde, so die Begründung der Jury, mit größtmöglicher Sorgfalt instand gesetzt. Eingriffe in die historische Substanz beschränkten sich auf ein absolutes Minimum. Dem Engagement der Preisträger ist der hervorragende denkmalfachliche Rang der Gesamtmaßnahme entscheidend mit zu verdanken.
Das ehemalige Kanonikerhaus in der Pfarrgasse 3 steht an städtebaulich prominenter Stelle mitten in Eichstätt. Unter Einbeziehung eines steinernen Vorgängerbaus mit eigener Zisterze aus der Zeit um 1250 wurde es 1542/1543 errichtet. Das Dach ist mit Kalkplatten in typischer Jurahausbauweise gedeckt. Das Gebäude stand jahrelang ungenutzt leer.
Mit großer Sorgfalt und enormem persönlichen wie finanziellen Aufwand widmeten sich die Preisträger der Instandsetzung. Sorgfältig wurden die mit Wand- und Deckenmalereien aus der Zeit um 1800 versehenen Repräsentationsräume restauriert. Die Instandsetzung ist besonders bedeutsam, so die Begründung des Preisgerichts, da es sich bei dem Gebäude um eines der wenigen Anwesen Eichstätts handelt, die den Stadtbrand im Dreißigjährigen Krieg unbeschadet überstanden.
Das mit einer Anerkennung ausgezeichnete Wohnstallhaus Großmaulberg 28 liegt auf einer Anhöhe südlich von Vilsbiburg (Landkreis Landshut). Das Anwesen wurde bereits 1412 urkundlich erwähnt. Das heutige Gebäude stammt in seinem Kern aus dem Jahr 1676. Trotz seiner ansprechenden landschaftlichen Lage und seiner langen Geschichte unterblieb jeglicher Bauunterhalt.
Die neuen Eigentümer ließen sich von dem erbarmungswürdigen Zustand der Anlage nicht schrecken und begannen unmittelbar nach dem Erwerb des Anwesens mit der Sanierung. Unterstützt von in Fragen der Denkmalpflege erfahrenen Handwerkern führten die neuen Besitzer die anstehenden Maßnahmen weitgehend selbst durch.

Auch die kleinsten
Details wurden beachtet


Die Villa Friedlaender in der Flüggenstraße in München wurde 1909 errichtet. Rechtsanwalt Max Friedlaender wohnte und arbeitete in ihr bis zum Verkauf des Gebäudes und seiner Emigration nach England 1938. Der neue Eigentümer fügte neue Wände ein und veränderte Fenster- sowie Türöffnungen.
Der neue Besitzer, so Jury-Sprecher Werner Schiedermair, erwarb das Gebäude, um es instand zu setzen, in ihm zu arbeiten und zu wohnen. Er setzte sich mit dem jüngsten Sohn des Erbauers, der 90-jährig in den USA lebte, in Verbindung, der ihm Fotos vom Originalzustand der Villa gab. „Auch bei den kleinsten Details, etwa bei den Tür- und Fensterbeschlägen“, so Schiedermair, „achtete er darauf, den Zustand der Erbauungszeit wiederzugewinnen.“
Bei dem Anwesen Ried Nr. 5 in Obermaiselstein bei Oberstdorf handelt es sich um ein Bauernhaus, dessen Kern laut Schiedermair bis ins 16. Jahrhundert zurückreicht. Mit einem in Fragen von Denkmalschutz und Denkmalpflege erfahrenen Architekten wurde zusammen mit den neuen Besitzern ein Plan entwickelt, die Raumhöhen der beiden Wohngeschosse so zu verbessern, dass sie wieder nutzbar wurden.
Die historischen Türen wurden repariert und wieder eingebaut. Entsprechend wurde mit den noch vorhandenen Fenstern des 18. Jahrhunderts verfahren. Das Dachgeschoss wurde nicht ausgebaut und der Charakter des Hauses mit seiner ursprünglichen Bescheidenheit so erhalten, erklärte der Jury-Sprecher.
Unmittelbar an einem 1521 künstlich geschaffenen Weiher liegt das ehemalige Bauernhaus Am Weiher 16 in Pfronten, ein für die Landschaft typischer Ständerbohlenbau des 18. Jahrhunderts, wie Schiedermair im Rahmen der Preisverleihung erklärte. Da das seit 1967 in Familienbesitz befindliche Gebäude viele Jahre leer stand, entschied sich 2007 der Sohn der Eigentümerin, das Anwesen instand zu setzen, um in ihm zu wohnen.
Dielenböden, Kassettendecken, Fenster und Türen blieben erhalten. Bestandsschonend, so der Jury-Sprecher, wurde die zentrale Haustechnik im Stadl angesiedelt. So wurde das Gebäude als authentischer Vertreter des Bautyps Ständerbohlenbau im Ostallgäu erhalten. „Nach Zielsetzung wie auch praktischer Durchführung kommt dem Engagement Vorbildcharakter zu“, erklärte Schiedermair.
Bei dem Gebäude Rückertstraße 28 in Schweinfurt handelt es sich um ein villenartiges, etwa um 1870 in spätklassizistischen Formen errichtetes Haus. Das Anwesen war im Zweiten Weltkrieg beschädigt worden, eine Tankstelle mit Garage wurde angebaut.
Die neuen Besitzer erwarben das Gebäude 2006 als Firmensitz. Die in den 1950er Jahren ausgeführten Reparaturen wurden laut Schiedermair zurückgebaut, die Treppenanlage, Steinböden, Türgewände sowie Fensteranlagen restauriert und die Stuckdecken wiederhergestellt. Besonders hob Schiedermair die Malereien der Eingangsdiele und des Treppenhauses hervor. Die westliche Außenwand, bedingt durch den ehemaligen Tankstellenanbau, wurde über alle Stockwerke hinweg saniert. (Friedrich H. Hettler)

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