Bauen

Der modernisierte Saal verfügt jetzt über rund 1800 Sitzplätze und hat Weltniveau. (Foto: Sperlich)

21.09.2017

Nicht abreißen, sondern erhalten

Der Kulturpalast in Dresden wurde umfassend modernisiert

nmitten des Dresdner Großbauplatzes am nördlichen Altmarkt, schräg gegenüber der Ruine der Frauenkirche, strahlt eine markante, großflächige Glasfassade im Stil der 1950er Jahre. Innen ein großzügiges Foyer mit charakteristischen DDR-Mosaiken an der Wand. Mit dem neuen alten, denkmalgerecht restaurierten Kulturpalast bleibt der Stadt ein Stück alter Kulturgeschichte erhalten.
Den Dresdner Kulturpalast, eine DDR Ikone, hatte 1952 Walter Ulbricht angeregt. Ein „Haus der sozialistischen Kultur“ sollte es werden. Im Stil des Bauhauses von Leopold Weil und Wolfgang Hänsch entworfen, wurde es bereits mit seiner Eröffnung 1969 ein Markenzeichen Sachsens und ein kleiner Sieg über die Bruderstadt Moskau. Denn an dieser Stelle sollte ursprünglich eine Art Lomonossow Universität hochragen. Nachdem Stalin 1953 gestorben war, setzte sich Wolfgang Hänsch mit seinem Entwurf des Kulturpalasts durch. Bis 1989 diente das sozialistische Kulturhaus vielfältigsten Veranstaltungen. Der Mehrzwecksaal galt als größter Veranstaltungssaal im Land mit ungewöhnlichen technischen Raffinessen. Die Dresdner Philharmonie und Sächsische Staatskapelle nahmen den Festsaal in Besitz, die Dresdner Musikfestspiele fanden hier statt und legendäre Formate wie die Dixieland- und Schlagerkonzerte, Estraden, Ballett- und Opernaufführungen Kongresse, Theater und Filmaufführungen erfüllten das Haus mit Leben. Danach verlor der große Saal in der Klassikszene seine Akzeptanz, denn die Akustik konnte dem internationalem Standard nicht mehr standhalten. Fünf Jahre lang waren die Dresdner Philharmonie in diversen Interimsspielstätten auf Tournee in der eigenen Stadt unterwegs. Es wurde heftig um den Erhalt des Kulturhauses gestritten. Man wollte es nicht, wie in Berlin den Palast der Republik, einfach abreißen, sondern behutsam modernisieren.
Vor vier Jahren, 2013, startete hier nach Plänen des Architekturbüros von gmp, der Architekten von Gerkan, Marg und Partner, ein ehrgeiziges knapp 89-Millionen-Euro-Projekt, das das Erbe der traditionellen Spielstätte erhalten und erneuern sollte. Der Architekt Stephan Schütz ist Leiter des Berliner Büros von gmp und zuständig für die Instandsetzung und Modernisierung des Kulturpalastes wie auch für den Neubau des Konzertsaals. Er setzte auf Bewahren und Weiterentwickeln und war fasziniert von dem alten Charme des historischen Baus. Vom einstigen sozialistischen Kulturbetrieb zeugen das Wandbild „Der Weg der roten Fahne“ von Gerhard Bondzin und die Reliefs der Bronzetüren, die Dresdens Stadtgeschichte eng mit der Arbeiterbewegung verknüpfen.

Einfach und
reduziert gestaltet

Für die Architekten bedeutete dies eine besondere Herausforderung, das Miteinander der verschiedenen Nutzungen präzise zu definieren und räumlich umzusetzen. Einfach und reduziert gestaltet ist das Haus, um den einstigen Charakter der Architektur zu entsprechen. Die originale Hülle des Kulturpalasts in ihrer alten Form blieb erhalten, das Herzstück im Inneren wurde jedoch entkernt und zu einem Saal mit rund 1800 Sitzplätzen auf Weltniveau verwandelt.
Über die gesamte Planungszeit hinweg arbeiteten Akustiker, Architekt und Orchester zusammen. So erfüllt der Konzertsaal jetzt alle Vorraussetzungen für konzertante Nutzungen von der Nachhallzeit über den akustischen Raumeindruck bis hin zur Dynamik des Saals.

Heimstatt für
drei Einrichtungen

Drei bedeutende Kultureinrichtungen finden in dem neuen alten Haus eine Heimstatt. Ein Konzertsaal für die Dresdner Philharmonie, das Kabarett „Die Herkuleskeule“ und die Städtische Zentralbibliothek.
Die außergewöhnliche Gestaltung von Architektur, Funktion und Mobilar kommen harmonisch zur Geltung. Im April wurde der spektakuläre Umbau eröffnet. Die Dresdner Philharmonie verfügt nun über einen hochwertigen Klangraum. Für Jan Vogler, dem Intendanten der Dresdner Musikfestspiele, ist der Kulturpalast ein Stück Heimat. „Im alten Saal habe ich fast alle großen Cellokonzerte zum ersten Mal gespielt. Den neuen Saal in der alten ’Kulti’-Hülle empfinde ich als eine authentische und charmante Lösung.“ Auch mit den Palastkonzerten wolle man neue musikalische Energien in den Musentempel mit seiner eindrucksvollen Geschichte bringen. „Weltstars, die auf allen bedeutenden Bühnen Europas, Amerikas und Asiens zu Gast sind, werden den hochwertigen Saal prägen“, so Vogler. Das offene Gebäude, das der internationalen Stellung der Stadt entspricht, stellt eine wertvollen Teil des Erbes der Moderne dar – der Kulturpalast „ein Haus für alle“ im Herzen der Stadt Dresden. (Christel Sperlich) (Das Foyer des Dresdner Kulturpalasts - Foto: Sperlich)

Kommentare (0)

Es sind noch keine Kommentare vorhanden!
Die Frage der Woche

Ist das geplante Demokratiefördergesetz sinnvoll?

Unser Pro und Contra jede Woche neu
Diskutieren Sie mit!

Die Frage der Woche – Archiv
Vergabeplattform
Vergabeplattform

Staatsanzeiger eServices
die Vergabeplattform für öffentliche
Ausschreibungen und Aufträge Ausschreiber Bewerber

Jahresbeilage 2023

Nächster Erscheinungstermin:
29. November 2024

Weitere Infos unter Tel. 089 / 29 01 42 54 /56
oder
per Mail an anzeigen@bsz.de

Download der aktuellen Ausgabe vom 24.11.2023 (PDF, 19 MB)

E-Paper
Unser Bayern

Die kunst- und kulturhistorische Beilage der Bayerischen Staatszeitung

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.

Abo Anmeldung

Benutzername

Kennwort

Bei Problemen: Tel. 089 – 290142-59 und -69 oder vertrieb@bsz.de.