Bauen

Heinrich Schroeter, Präsiedent der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: B. Gleixner)

19.09.2014

"Ohne angemessene Bezahlung unattraktiv"

Ingenieurekammer-Bau-Kolumne: Heinrich Schroeter, Präsident der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau "Warum die HOAI richtig und wichtig ist"

Die Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI), erst vor einem guten Jahr novelliert, sieht sich fortwährender Angriffe derer ausgesetzt, die einen freien Markt für das Allheilmittel gegen kränkelnde Volkswirtschaften hält. Zuletzt erst hatte die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) in ihrem aktuellen Wirtschaftsbericht die Sinnfrage aufgeworfen und vertreten, die HOAI solle abgeschafft werden. Zwar würden Gebührenordnungen für einen diskriminierungsfreien Zugang der Verbraucher zu öffentlichen Gütern und zu Verbraucherschutz durch eine hohe Qualität sorgen. Das träfe aber in erster Linie im Fall juristischer Dienstleistungen durch Rechtsanwälte zu, während sich das Argument für Architekten und Bauingenieure nicht erschließe.
In der Tat mag es auf den ersten Blick befremdlich erscheinen, die HOAI als Instrument der Qualitätssicherung zu betrachten, wenn augenscheinlich in anderen Ländern ohne vergleichbare Honorarregelung keine geminderte Bauqualität erkennbar ist – zumal derzeit in Deutschland mit den Vorzeigeprojekten wie dem Berliner Großflughafen oder der Elbphilharmonie ohnehin kein Staat zu machen ist. Es bedarf deshalb schon eines zweiten Blicks, um sich des Nutzens der HOAI als Regulativ für die Bauqualität bewusst zu werden.
Deutschland nimmt sich nämlich die Freiheit heraus, das einzige Land in der EU zu sein, welches jenseits weniger bauordnungsrechtlicher Beschränkungen Planungs- und Bauüberwachungstätigkeiten keinem speziellen Berufsstand, sondern dem freien Markt überlässt, die also auch durch Nichtingenieure angeboten und erbracht werden dürfen. Wird nun auch die Vergütung hierauf gerichteter Leistungen dem Spiel der Marktkräfte anheimgestellt, drohen erhebliche Qualitätseinbußen. Denn auch Nichtingenieure sind nach langjähriger Rechtsprechung an die HOAI gebunden. Wer also den durch die HOAI bestimmten Preis zahlen muss, wird sich für den fachlich Höherqualifizierten entscheiden, wenn der Nicht- oder Minderqualifizierte dasselbe kostet. Ohne Honorarordnung aber entfällt auch dieses Qualitätsregulativ. Spätestens damit müsste dann aber der Berufszugang geregelt werden.

Hohe
Transparenz


Für Ingenieurbüros, die ihre Mitarbeiter leistungsadäquat vergüten wollen, sichert die HOAI die dazu notwendigen Grundlagen. Ohne auskömmliche Honorierung können auch angestellte Ingenieure nicht angemessen bezahlt werden, was kurzfristig zum Mitarbeiterschwund und langfristig dazu führt, dass der Beruf des Bauingenieurs als unattraktiv wahrgenommen wird – den ohnehin zu mageren Nachwuchs zieht es folglich eher in die Fahrzeugindustrie und zu Maschinenbau und Verfahrenstechnik. Ingenieurbüros im Bauwesen müssten schließen oder sich mit anderen Büros zu immer weniger, dafür aber größeren Clustern zusammenschließen, was wiederum deutlich steigende Preise nach sich ziehen würde.
Der weitere große Vorteil der HOAI ist ihre hohe Transparenz, denn sie ermöglicht es, Leistungen und angebotene Honorare vergleichbar zu machen. Das schützt nicht zuletzt den Verbraucher, der erfahrungsgemäß mit den Leistungen von Ingenieuren und Architekten nicht vertraut ist. Informationsasymmetrien, wie die Wirtschaftswissenschaften diesen Zustand nennen, hilft die HOAI zu vermeiden. Auch wenn sie nur den Preis und nicht die vertragliche Leistung regelt, deckt sie doch auf, welche Leistung der Verbraucher erwarten darf, wenn er das verordnete Honorar zahlt.
Deutschland ist über 35 Jahre mit der HOAI gut gefahren. Dass ihre Kritiker immer wieder eine Rechtfertigung für die Verordnung verlangen, verschleiert ein wenig die Tatsache, dass sie ihrerseits nicht in der Lage sind, darzustellen, welche Nachteile sich denn mit der HOAI vermeintlich verbinden. Im Gegenteil sollte ihre Transparenz, ihre ausgewogene Honorierung und die damit verbundene Sicherung von Berufschancen für den Nachwuchs ein Exportmodell für andere europäische Länder sein.

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 21.09.2014
    An sich ist die HOAI eine gute Sache, weil sie Klarheit über die vereinbarten Leistungen und Gegenleistungen schafft. Allerdings scheint sie m.E. zu viel Spielraum zugunsten der Ingenieure und Architekten bezüglich der Einstufungen zu lassen und bietet keinen ausreichenden Anreiz für kostengünstiges und wirtschaftliches Bauen, sondern hat immer noch zur Konsequenz, je höher die Bausumme, desto höher das Honorar. Ein falscher Anreiz.
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