Bauen

Kennzeichnend für die neue Werft sind die sensible Eingliederung in die Landschaft sowie das Wechselspiel der Materialien. (Foto: Julia Schambeck)

28.08.2015

Schiffe reparieren vor Alpenkulisse

Die neue Werft am Starnberger See passt sich mit ihrem Materialmix und viel Transparenz gut in die Landschaft ein

Eine neue Werft – nein, nicht im hohen Norden, sondern vor schönster Alpenkulisse: Im April ging sie am Starnberger See in Betrieb – gut zehn Millionen Euro ließ sich der Freistaat das Projekt kosten, von dem Finanzminister Markus Söder bei der Eröffnung sagte, dass man damit einen der schönsten Arbeitsplätze Bayerns geschaffen habe.
Vor 100 Jahren erwarb der bayerische Staat die Schifffahrt auf dem Starnberger See. Heute verfügen die Bayerische Seenschifffahrt GmbH über sechs Schiffe dort mit einer einer Gesamtkapazität von rund 3000 Fahrgästen.
Für Reparaturarbeiten zum Unterhalt, sowie zur Versorgung der Schiffe unterhält die GmbH am Nepomukweg in Starnberg ein Betriebsgelände. Es finden neben dem regulären Schiffsbetrieb vorwiegend im Winter Arbeiten zum Unterhalt im Außenbereich und innerhalb der Werkstätten statt. In den Sommermonaten werden gelegentlich in den Abendstunden Sonderfahrten durchgeführt.
Die bestehenden Bauten des Werftbetriebs mussten dringend erneuert und modernisiert werden. Wesentliche Teile des bestehenden Betriebsgeländes waren zudem für die zukünftige Neuordnung flächenmäßig nicht mehr erforderlich.

Sicht auf den See

Die Grundstücke der Bayerischen Seenschifffahrt liegen am nordwestlichen Ende des Starn-berger Sees, der als Zungenbeckensee des Isar-Loisach-Gletschers entstanden ist und heute einen großflächigen, mesotrophen Voralpensee in der umgebenden Jungmoränen-Landschaft darstellt, in räumlicher Nähe zur Grenze des Landschaftsschutzgebietes „Starnberger See und westlich angrenzender Gebiete“.
Die strukturreiche Ufersilhouette und das vernetzte Grün ist vom See aus weiträumig wahrnehmbar. Das Stadt- und Landschaftsbild wird geprägt von in Großgrün integrierten verstreut angeordneten Einzelgebäuden. Es bestehen immer wieder bauliche Durchblicke vom See aus und zum See. Der Baumbestand – insbesondere entlang des Georgenbaches – in Verbindung mit einzelnen Großbäumen ist ortsbildprägend.
Der Grundgedanke des städtebaulichen und landschaftlichen Konzepts für die neue Werft bestand in einer flächigen, aber kompakten Anordnung eines Neubaus, der sich in die große Wiesenfläche des Geländes im Uferbereich zum See einbindet und dabei immer wieder Durchblicke vom und zum See eröffnet. Dabei sollte eine transparente Abtrennung zur den westlichen Grundstücksflächen, die künftig nicht mehr im Besitz der Schifffahrt sein werden, erhalten werden. Eine breite Pufferzone zum Georgenbach wurde gesichert. Die Höhenentwicklung dieses Neubaus stellt sich mit einer Wandhöhe unter zehn Metern moderat und städtebaulich angemessen dar. Die begrünten Dachflächen fügen sich in die Wiesenlandschaft ein, die von höher gelegenen Bereichen im Stadtgebiet erlebbar werden.
Das Baufeld des Neubaus liegt im Bereich des glazialen Beckens des Starnberger Sees (Würmgletscher). Dementsprechend folgen unter den anthropogenen Auffüllböden der Bestandsbebauung und Resten zum Teil organischer Verlandungsböden bis in eine Tiefe von etwa drei bis fünf Metern unter GOK überwiegend Schwemmsande und Kiese, die von mächtigen feinkörnigen, gering tragfähigen Beckenschluffen (Seetone) unterlagert werden. Der Grundwasserstand befindet sich auf einer Höhe zwischen 584,05 und 583,85 Meter ü. NN. Hinsichtlich der Seenähe musste von einem Grundwasserstand = Seewasserstand ausgegangen werden. Aufgrund der Überschwemmungsgefahr wurde bis zu einer Höhe von 585,50 Metern ü. NN wasserdicht und auftriebssicher gebaut.
Das kompakte Zusammenführen der bisher auf dem Grundstück einzeln verteilten Gebäude mit den jeweiligen Werkstätten, der Landküche, der Malerei, der Verwaltung, den Saisonarbeiter-Wohnungen und den Lagerhütten, ist durch die Kompaktheit innerhalb einer thermischen Hülle als nachhaltiger Planungsansatz umgesetzt.
Die Trennung der Nutzungseinheiten, wie Werkstätten und Verwaltung, Wohnnutzung und Sozialräumen sowie der Landküche, in den jeweiligen beiden Gebäudeabschnitten ermöglicht zudem eine unterschiedliche Auslegung der dauerhaften Temperierung dieser Bereiche.
Die Energieversorgung/Heizung erfolgt mit Geothermie (Wärmepumpe ) bivalent mit Gas-Brennwertkessel, Spitzenlastkessel für Heizung und Trinkwasser Küche.

Zwei Nutzungsarten

In den vorangegangen Jahren wurden zahlreiche Planungsüberlegungen für die Neuordnung des Werftbetriebs der Bayerischen Seenschifffahrt GmbH angedacht. Begleitend zu diesen Planungsüberlegungen – gerade unter Berücksichtigung einer künftigen Teilung in zwei Grundstückshälften und einer differenzierten Nutzung – wurde immer wieder die Problematik des Nebeneinander zweier sehr unterschiedlicher Nutzungsarten und auch unterschiedlicher Emittenten diskutiert und von Fachplanungen mit immissionsschutztechnischen Fachgutachten begleitet. Es wurden daraus Schallschutzmaßnahmen festgesetzt, die umzusetzen waren.
Die Anordnung der neuen Baukörper und die Positionierung der Nutzungen innerhalb dieser neuen Bebauung verringert künftig entscheidend die von diesem Bauvorhaben und seiner Nutzung ausgehenden Emissionen.
Der Werft-Neubau ist architektonisch so konzipiert mit dem überdachten Innenhof, dass die künftigen, anfallenden Arbeitsvorgänge sich im Inneren des Gebäudes – in der Mittelachse – abspielen. Das Gebäude ist mit abschließbaren Toren an den Stirnseiten ausgerüstet, sodass kaum Emissionen nach außen dringen können. Im Wesentlichen werden sich die Werkstätten mit ihren Arbeitsbereichen zu dem gemeinsamen Werkhof hin orientieren. Gleichzeitig ist angedacht, aus diesem Werkhof heraus, die Andienung der Hellinganlage vorzunehmen, sodass kurze Wege für die Ver- und Entsorgung auch in den Abendstunden und bei Sonderfahrten eine verminderte Geräuschentwicklung nach Außen sicherstellen.
Der Neubau bettet sich auf dem östlichen Teil des bestehenden Grundstückes zwischen Nepomukweg im Norden und dem davor gelagerten Hafen der Bayerischen Seenschifffahrt GmbH westlich des Georgenbaches ein. Der westliche Grundstücksteil des bestehenden Betriebsgeländes der Schifffahrt wurde an die Stadt Starnberg veräußert.
Die Neuordnung des Werftbetriebs Starnberg mit seinem Neubau sieht eine kompakte Anordnung der notwendigen Betriebsanlagen mit den Bestandteilen der Werkstätten, der Landküche, der Verwaltungseinheit und den jeweiligen Sozialbereichen in zwei Baukörpern auf einem deutlich reduzierten Grundstücksteil vor.
Das Institut für Fischerei und die Bayerische Schlösserverwaltung, Außenstelle Starnberg See, sind in den Verwaltungsbau mit integriert.

Klare Ordnung

Dabei stellen sich die beiden Baukörper, die zusammenhängend mit einem Glasdach-Werkhof verbunden werden, als zwei Bänder von Nord nach Süd, parallel zum Georgenbach auf und richten sich mit den Schmalseiten der Baukörper zum See hin.
Neben der klaren Ordnung der Bauelemente tragen die Baustoffe in ihrer materialgerechten Verwendung und in ihrem natürlichen Ausdruck zur Erscheinungsform bei:
• Gründung: Bodenverbesserung mit Rüttelstopfsäulen;
• Konstruktion: Stahlbeton Skelettbau, Sichtbeton, Flachgründung, schwimmend;
• Dachflächen: Holzelementdecken, Dachbegrünung;
• Fassaden: Lärchenholzschalung, sägerauh im Wechsel mit transparenten Glasflächen.
Die Farbigkeit wird vorgegeben durch ein Wechselspiel der verschiedenen Holzelemente Innen und Außen mit den lebendigen Sichtbetonoberflächen und den schlichten transparenten Fassadenelementen.

Artenschutz beachtet

Folgende Vermeidungs-, Verringerungs- und Ausgleichsmaßnahmen wurden im Zug des Werft-Neubaus durchgeführt:
• Pflanzungen einer Pufferzone aus Einzelbäumen und Sträuchern entlang Gehölzbestand am Georgenbach;
• Versickerungsfähige Beläge für Parkplatz- und Lagerflächen;
• Retentionsmulden als Sammler des Niederschlags- und Oberflächenwassers zur teilweisen Versickerung und Verdunstung vor Ableitung in den See und Georgenbach;
• Extensive Dachbegrünung;
• Transparente Zaunführung;
• Erhaltung des bestehenden Landschaftsbildes;
• Rückbau der bestehenden Betriebsgebäude auf den westlichen Grundstücksflächen;
• Ausgleichsmaßnahme im Rahmen des Ökokontos der Stadt Starnberg;
• Artenschutzrechtliche Maßnahmen;
• Schutz des bestehenden und zu erhaltenden Baumbestandes;
• Ersatzpflanzung zur Aufrechterhaltung der Fledermausflugstraße (Baumreihe);
• Aufhängung von Nistkästen;
• Einsatz von Lampen mit Blendbegrenzung;
• Auslichtung des Gehölzbestandes am Nepomukweg. (BSZ)

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