Bauen

33 Millionen Euro wurden in den neuen Campus investiert. (Foto: Gerber Architekten)

11.11.2011

Spektakuläre Ausblicke schaffen

Neuer Campus der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt

Unweit des heutigen Standorts wurden im alten Gebäude der Fakultät Gestaltung der Fachhochschule Würzburg-Schweinfurt Anfang der 1990er Jahre Schadstoffe in der Raumluft nachgewiesen. Deshalb wurde das Haus 1992 abgebrochen. Seit dieser Zeit waren die Lehrenden und vier Generationen von Studierenden auf neun Standorte in der Stadt Würzburg verteilt – ebenfalls seit dieser Zeit suchten die Verantwortlichen von Hochschule und Bauamt nach einem geeigneten Grundstück.
Ein erster Bürgerentscheid verhinderte 1997 eine Erweiterung der Hochschule in der Würzburger Innenstadt am Sanderring. Weitere Flächen in der Innenstadt wurden geprüft, standen jedoch aus unterschiedlichen Gründen nicht zur Verfügung. Im gleichen Jahr beschloss der Würzburger Stadtrat, eine Änderung des Flächennutzungsplans und die Aufstellung eines Bebauungsplans für einen Neubau in der Nähe des Universitätsgeländes am Sanderheinrichsleitenweg.
2004 fand für das Grundstück am südöstlichen Stadtrand ein europaweiter Architektenwettbewerb mit über 500 Teilnehmern statt. Gerber Architekten aus Dortmund gewannen mit Abstand vor drei drittplazierten Büros. Der überzeugende architektonische Entwurf trug wesentlich dazu bei, dass ein zweiter Bürgerentscheid zu einem Fachhochschul-Neubau mit überwältigender Mehrheit im Juli 2008 zugunsten des gewählten Standorts ausfiel.

Weißer Sichtbeton


Die exponierte Hanglage des Grundstücks inspirierte die Architekten: Entwurfkonzept war das Umbauen von Freiräumen, das Inszenieren schöner Ausblicke in die offene Landschaft und die freiraumübergreifende Wegeführung durch die Gebäudeanlage. So konnten ineinanderfließende Innen- und Außenräume entstehen, die mit ihrer besonderen Atmosphäre zur Attraktivität der Hochschule beitragen. Darüber hinaus dienen unterschiedlichste Räume mit Verknüpfungen von Innen und Außen der intensiven Kommunikation, so dass ein wirklicher Ort zum Lehren, Lernen und Forschen entstand.
Zwei gegenüberstehende voneinander getrennte Gebäudewinkel umschließen einen Freiraum: ein diagonaler Weg quert den Innenhof über großzügige Treppenanlagen. Es entstanden ein zur Hälfte aufgeständerter zweigeschossiger Winkel mit sieben Hörsälen und ein viergeschossiger Winkel für alle übrigen Räume der beiden Fakultäten.
Im Hofgeschoss sind beide Gebäude funktional und barrierefrei verbunden. Das auskragende Dach des Hauptgebäudes signalisiert den Haupteingang. Weitere Ein- und Ausgänge im Hofgeschoss binden die Freiräume ein.
Die Topographie erlaubt eine offene Garagenebene mit 163 Pkw-Stellplätzen unter dem Gebäude, die Einheit von Gebäude und Landschaft wird nicht durch parkende Autos gestört. Die Fassaden entwickeln sich als geschlossenes Band – Stirnseiten, Flachdächer und abschließende Decken sind in weißem Sichtbeton ausgebildet. Die offenen Längsseiten der Fassade sind verglast. Weißer Sichtbeton und weiße Trockenbauwände kontrastieren mit anthrazitfarbenen Fassadenprofilen, Fußboden und Türen. Frühlingsgrüne Fensterflügel und Handläufe aus Eichenholz ergänzen das zurückhaltende Farbspektrum.
Der Sanderheinrichsleitenweg wurde im Zuge des Neubaus für 2,6 Millionen Euro als zweispurige Straße ausgebaut. Seit Inbetriebnahme des Hochschulgebäudes ist dieses mit Bussen an den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen.
Das gesamte Niederschlagswasser des Gebäudes und der befestigten Flächen fließt in ein Regenrückhaltebecken, ohne die Kanalisation zu belasten. Als Kompensation des Eingriffs in die Natur ist der 30 Meter breite südliche Grundstücksstreifen mit Becken, Bäumen und naturnahen Hecken angelegt. Eine zweite Ausgleichsfläche befindet sich in Nähe des Universitätssportgeländes am Naturdenkmal „Am Schlangensee“.

Barrierefreier Zugang


Die Heizung des Gebäudes erfolgt mit regenerativen Holzpellets. Bei sehr niedrigen Außentemperaturen kann ein Gas-Brennwertkessel zugeschaltet werden. Klimatisiert mit zwei Lüftungszentralen, zwei Kältemaschinen und 117 Umluftkühlgeräten sind die Technikräume, die Hörsäle, die Seminarräume und die Rechnerlabore. Dem sommerlichen Wärmeschutz dient die außenliegende Verschattung, die mit dem Sonnenstand gesteuert wird.
Alles Abwasser, das unter der Rückstauebene des Sanderheinrichsleitenweges anfällt wird über zwei Zwischenstationen nach oben gepumpt.
Zwei Transformatoren versorgen das Gebäude mit Strom, statt eines Notstromaggregats überbrückt eine batteriegestützte Unterbrechungsfreie Stromversorgung (USV) einen kurzen Stromausfall. Zwei Aufzüge ermöglichen einen barrierefreien Zugang aller Geschosse. Sowohl die Heiz-, als auch die Elektroleitungen verlaufen in Unterflur-Kanälen. Präsenzmelder regeln die elektrische Beleuchtung in den Räumen. Eine umfangreiche Gebäudeleittechnik erlaubt, das Gebäude wirtschaftlich zu betreiben. Nach dem Baubeginn im Frühjahr 2009 traten trotz detaillierter Baugrunduntersuchungen im Vorfeld überraschend Klüfte und Spalten im Untergrund zu Tage. Die Tragwerksplanung musste komplett überarbeitet werden, ein Gutachter befuhr einzeln rund 260 Bohrpfähle, um die Festigkeit des umgebenden Bodens zu prüfen. Heute tragen etwa 360 Bohrpfähle von drei bis 21 Metern Länge das Gebäude.
Im Oktober 2010 konnte das Richtfest gefeiert werden. Ein knappes Jahr später waren 75 000 Kubikmeter umbauter Raum mit 5475 Quadratmeter Hauptnutzfläche für 33 Millionen Euro fertiggestellt.
Am 20. September 2011 fand die Einweihung des Neubaus für die Ausbildungsrichtungen Informatik, Wirtschaftsinformatik und Kommunikationsdesign der Hochschule für angewandte Wissenschaften Würzburg-Schweinfurt statt. (FHH)

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