Bauen

Die fertiggestellte A 70 am Harsdorfer Berg. (Foto: Autobahndirektion Nordbayern)

06.02.2015

Störungsfrei durch Franken brausen

Grunderneuerung der Bundesautobahn A 70

Die Bundesautobahn A 70 ist Teil einer zentralen großräumigen West-Ost-Achse im nördlichen Franken, die die A 7, die A 71, die A 73 und die A 9 miteinander verbindet. Sie führt von der A 7 bei Schweinfurt über Bamberg zur A 9 bei Bayreuth.
Die Erneuerungsmaßnahme betraf den 7,6 Kilometer langen Streckenabschnitt der A 70 zwischen der Anschlussstelle Kulmbach/Neudrossenfeld und dem Autobahndreieck Bayreuth/Kulmbach. Dieser Abschnitt war der noch einzige Autobahnabschnitt in Nordbayern, der in seinen wesentlichen Teilen vor dem Zweiten Weltkrieg erbaut wurde und seitdem keinen Ausbau beziehungsweise keine grundlegende Sanierung erhalten hatte. Dieser Abschnitt ist teilweise über 75 Jahre alt.
Am 12. Dezember 2014 fand die feierliche Verkehrsfreigabe für die Maßnahme Grunderneuerung statt. Seit diesem Zeitpunkt stehen dem Verkehr auf der A 70 in beiden Richtungen wieder jeweils zwei Fahrspuren zur Verfügung und zusätzlich ein neuer Standstreifen. Die Bauzeit für die Hauptarbeiten an den beiden Fahrbahnen und den zwölf Brückenbauwerken betrug 20 Monate mit einer dreimonatigen Unterbrechung während des Winters.

Der Krieg verhinderte
die Fertigstellung


Baubeginn für den Abschnitt zwischen der A 9 und der Anschlussstelle Kulmbach/Neudrossenfeld war im November 1937. Durch den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs wurde die Fertigstellung des Bauabschnitts verhindert. Dennoch konnte bis zur Baueinstellung im November 1939 der Erdbau sowie ein Großteil der Brückenbauwerke fertiggestellt und mit dem Bau der Fahrbahndecken in Beton begonnen werden. 1956 erfolgte die Weiterführung der Arbeiten für zunächst nur eine Fahrbahn je Fahrtrichtung. 1958 wurde diese für den Verkehr freigegeben und als Autobahn gewidmet. Ende der 1960er Jahre zeigte es sich, dass die im Gegenverkehr befahrene Autobahn durch die Trassierung und der starken Steigung dem Verkehrsaufkommen nicht gerecht wurde. Daher wurde die zweite Richtungsfahrbahn, die bereits durch das Planfeststellungsverfahren von 1938 rechtlich abgedeckt war, hergestellt. 1970 war der Autobahnabschnitt erstmals vierstreifig befahrbar.
Der Ausbaustand des Erneuerungsabschnitts genügte bei Weitem nicht mehr den Anforderungen einer modernen und regelgerechten Autobahntrasse: Der bestehende Autobahnquerschnitt hatte eine Kronenbreite von 22 Metern. Die Breiten der beiden Fahrbahnen schwankten zwischen acht und neun Metern. Standstreifen waren nicht vorhanden. Ferner war die Trasse durch eine an die Topographie angepasste Linienführung gekennzeichnet. Charakteristisch dafür war die dichte Folge von Kurven mit verhältnismäßig engen Radien, fehlenden Übergangsbögen und ungenügenden Haltesichtweiten. Eine Steigungs- beziehungsweise Gefällestrecke (Harsdorfer Berg) mit einer Länge von knapp zwei Kilometern wies eine Längsneigung von rund sieben Prozent auf.
Darüber hinaus gab es keine Regenrückhalte- und Absetzbecken und der Straßenoberbau war uneinheitlich. Von den insgesamt 13 vorhandenen Brückenbauwerken befanden sich noch zehn im Originalzustand aus der Zeit von 1939, lediglich bei drei Brücken waren in der Vergangenheit die Überbauten ersetzt worden. Die Widerlager waren mit Sandsteinmauerwerk und Stampfbeton errichtet. Lediglich für die Überbauten wurde Stahlbeton verwendet. Nach so vielen Jahren, die durch ein stetig wachsendes Verkehrsaufkommen gekennzeichnet waren, traten zunehmend Risse und Ausbrüche an den Fahrbahnbelägen auf. Auch die Brückenbauwerke waren durchweg am Ende ihrer Nutzungsdauer angelangt und größtenteils in einem sehr schlechten Zustand.
Der Straßenoberbau war den heutigen und zukünftigen Verkehrsbelastungen nicht mehr gewachsen. Unverhältnismäßig hohe Unterhaltungsaufwendung in immer dichterer Folge waren notwendig. Besonders problematisch waren die überbauten Betonplatten der Fahrbahn Bamberg aus dem Jahr 1939. Es kam immer wieder zu Lockerungen und zum Kippeln der Betonplatten und damit zu Rissen und Ausbrüchen am überbauten Asphalt.
Aufgrund des Fehlens von Regenrückhaltebecken- und Absetzbecken bestand keine Möglichkeit, das Oberflächenflächenwasser entsprechend den heutigen wasserrechtlichen Anforderungen zu behandeln. Die ohnehin nur abschnittsweise vorhandenen und zudem unterdimensionierten Entwässerungseinrichtungen waren nicht leistungsfähig. Zunehmende Dammaufweichungen und Fahrbahnüberschwemmungen waren zu beobachten. Laufende Einzelsanierungen konnten nur vorübergehend die entstandenen Verkehrsgefährdungen beseitigen.
Die Verkehrsbelastung liegt heute bei täglich rund 22 000 Kfz mit einem Schwerverkehrsanteil von rund 3600 Kfz. Der Streckenabschnitt war insgesamt für beide Fahrtrichtungen als Unfallhäufungsstelle eingestuft. Zu den Unfallursachen gehörten vor allem die fehlenden Standstreifen und die zu geringen Haltesichtweiten. Auf der Steigungsstrecke in Richtung Bayreuth führten der langsam fahrende Schwerverkehr und Pannenfahrzeuge, die auf der rechten Spur liegen blieben, immer wieder zu Behinderungen des Verkehrsflusses und zu Einschränkungen der Verkehrssicherheit.
Zur grundhaften Erneuerung der Fahrbahnen und Brückenbauwerke sowie zur Verbesserung der Verkehrssituation wurde im Juni 2008 ein Planfeststellungsverfahren beantragt. Ab Oktober 2009 lag Baurecht vor.
Die Maßnahme hatte folgenden Umfang:
– Der Oberbau wurde durchgehend auf dem 7,6 Kilometer langen Streckenabschnitt erneuert. Beide Fahrbahnen wurden auf 11,50 Meter verbreitert, sodass zukünftig in beiden Fahrtrichtungen ein durchgehender Standstreifen zu Verfügung steht. Dabei wurde – soweit möglich – eine neue regelgerechte Trassierung in Lage und Höhe umgesetzt. Die Längsneigung am Harsdorfer Berg wurde verringert. Durch größere Radien und dem Einfügen von Übergangsbögen wurde eine zügigere und einheitliche Streckenführung erreicht, bei der die notwendigen Haltesichtweiten gegeben sind.
– Zwölf Brückenbauwerke (drei Überführungsbauwerke, neun Unterführungsbauwerke) wurden neu errichtet. Ein wegen seiner geschützten Lage noch außergewöhnlich gut erhaltenes Unterführungsbauwerk wurde lediglich verlängert.
– Durch den Bau von vier Regenrückhaltebecken mit vorgeschalteten Absetzbecken wird künftig der Gewässer- und Grundwasserschutz entsprechend den gesetzlichen Erfordernissen gewährleistet. Über 20 Kilometer Rohrleitungen wurden verlegt, damit das Oberflächenwasser gesammelt und kontrolliert abgeleitet werden kann. Integrierte Ölabscheider vermeiden bei Unfällen, dass Öl ungehindert in die Gewässer fließt.
– Durch Schüttung von mehreren Erdwällen aus Überschussmassen und durch die ergänzende Errichtung von Lärmschutzwänden auf einer Länge von rund 2,8 Kilometern und bis zu einer Höhe von vier Metern konnte eine deutliche Reduzierung der Lärmbeeinträchtigung für die Anlieger erreicht werden.
– Zur Vermeidung übermäßiger Eingriffe in Natur und Landschaft orientierte sich die Neuplanung an der bestehenden A 70. Die Änderung in der Lage betrugen maximal 13 Meter und in der Höhe maximal 4,50 Meter.

Bauzeit von zwei
Jahren war vorgegeben


Die Erstellung der Bauabwicklungsplanung war eine besondere Herausforderung. Durch den bestandsorientierten Ausbau waren die Flächen, die insgesamt für die Bauabwicklung und für die Aufrechterhaltung der Verkehrsführung zur Verfügung standen, äußerst begrenzt. Zudem war für die Hauptarbeiten eine Bauzeit von nur zwei Jahren vorgegeben, um die Belastung der Verkehrsteilnehmer möglichst gering zu halten. Erschwerend kam noch hinzu, dass während der Wintermonate vier Fahrstreifen für den Verkehr zur Verfügung stehen mussten. Auch musste berücksichtigt werden, dass Wohnbebauungen zum Teil unmittelbar an der Autobahntrasse liegen und dass das seitliche Ortsstraßennetz keinen Baustellenverkehr aufnehmen kann. Trotz dieser Einschränkungen galt es, die Verkehrsbeeinträchtigungen während der Bauzeit zu minimieren und die Bauarbeiten möglichst sicher abzuwickeln.
Im Vorgriff auf die Hauptmaßnahme wurden bereits 2010 zwei vorhandene Überführungsbauwerke wegen ihrer schlechten Bausubstanz abgebrochen und durch Neubauten ersetzt. Um während der Bauzeit einen zügigen Baufortschritt für die gesamte Strecke sicherstellen zu können, wurden bereits 2012 kleinere Vorwegmaßnahmen seitlich der Trasse abgewickelt. Die Hauptarbeiten wurden so ausgeschrieben, dass 2013 die Fahrbahn Richtung Bamberg durchgehend einschließlich der Brückenbauwerke erneuert werden konnte und der Verkehr in einer 0+2 Verkehrsführung über die vorhandene, nur acht Meter breite Fahrbahn Richtung Bayreuth geführt wurde.
Bis Mitte November 2013 waren die Arbeiten an der Richtungsfahrbahn Bamberg termingerecht abgeschlossen, sodass in den Wintermonaten 2013/2014 der Verkehr wieder mit jeweils zwei Fahrspuren über die neue Fahrbahn Richtung Bamberg beziehungsweise über die alte Fahrbahn Richtung Bayreuth geführt werden konnte. 2014 erfolgte die Bauabwicklung in der Gegenrichtung. Restarbeiten, insbesondere die Anpassungsmaßnahmen an kreuzende Kreis-, Gemeindeverbindungs- und Ortsstraßen sowie der Rückbau von Baustraßen, werden im Frühjahr 2015 abgeschlossen. Die Bepflanzungsmaßnahmen werden im Herbst 2015 durchgeführt.
Die Gesamtkosten in Höhe von rund 52 Millionen Euro werden vom Bund getragen. (Michael Probst) (Halbseitige Erneuerung eines Unterführungsbauwerks; die Anschlussstelle Neudrossenfeld und Bodenverbesserung im Rahmen der Grunderneuerung - Fotos: Autobahndirektion Nordbayern)

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