Bauen

Uffenheim: Die drei Häuser rechts auf dem Foto sollten abgerissen werden, allerdings machte der Stadtrat eine Kehrtwende. Die Gebäude werden nun saniert, teils rückgebaut, teils entkernt. (Foto: Bergmann)

05.04.2013

Uffenheim ist überall

Der Umgang mit einer barocken Vorstadt entsetzt Denkmalschützer - ist aber kein Einzelfall

Zwar wüsste kein Cicerone Spektakuläres aus Uffenheim zu vermelden. Aber dennoch zeigt das Landstädtchen am Fuß des Steigerwalds an allen Ecken und Enden, dass es im 18. Jahrhundert als ein Verwaltungszentrum in der Markgrafschaft Ansbach seine bauliche Hochzeit feierte. Eine bürgerlich-protestantische Architektur von sprödem Charme, die sich einen repräsentativen Hang doch nicht ganz verkneifen mochte, bleibt bis heute das wichtigste städtebauliche Kapital.
Gleich zwei Vorstädte wuchsen in jener Blütezeit und überstanden anders als die Kernstadt sogar den letzten Krieg unbeschadet. Als Pläne der Stadt bekannt wurden, die Vorstadt am Unteren Tor zunächst durch den Abriss der barocken Brücke samt des darauf stehenden Zollhäuschens und gleich mehrerer Häuser ihres Charakters zu berauben, liefen Denkmalschützer, die Heimatpflegerin, Mitglieder von Landesdenkmalrat und des Denkmalnetzes Bayern dagegen Sturm.
Dass Uffenheims Bürgermeister bei Gesprächen – so berichten Teilnehmer – harsch alle Einwände bei Seite schob und nach einem engagierten Artikel (Denkmalpflege Informationen Nr. 151, März 2012, S. 13-16) des zuständigen Referenten im Landesamt für Denkmalpflege dessen Ablösung forderte, ließ ein eigenwilliges Verständnis von Pressefreiheit erkennen, trug aber zur Lösung des Konflikts nicht unbedingt bei. Gern hätte man darüber mit dem Referenten gesprochen, was aber die Pressestelle des Landesamts für Denkmalpflege (LfD) erstaunlicherweise verweigerte.
Fragen gäbe es genug. Denn verwunderlich ist bei aller Empörung der Denkmalschützer auch, dass von den fünf geplanten Abbrüchen nur zwei Gebäude unter Denkmalschutz stehen: Das ehemalige Brückenzollhaus von 1719 und ein stattliches barockes Eckhaus zu fünf Achsen mit schönem Mansardwalmdach, das stadtauswärts, quasi den Point de vue des Straßenzugs gibt. Ein Mittelrisalit betont die Straßenachse, die Schrägstellung unterstreicht den platzartigen Raumcharakter der Ansbacher Straße.

Zwei unterschiedliche Gutachten zum Tragwerk


Bei der Frage nach Sanierung oder Abriss und Neubau der Brücke standen das Tragwerksgutachten im Auftrag des LfD, das Sanierungsfähigkeit bescheinigte, dem von der Stadt eingeholten Gutachten gegenüber, das Einsturzgefahr feststellte, bis die Stadt im Sommer 2012 mit dem Abriss Fakten schuf. Nur mit dem Neubau, so der Bürgermeister, sei die Sicherstellung der Hochwasserfreilegung zu realisieren. Das denkmalgeschützte Brückenzollhaus wurde dabei abgebrochen. Fachwerkobergeschoss und Walmdach werden für eine Geschichtsattrappe an annähernd gleicher Stelle verwendet.
Sollten drei Häuser zunächst ebenfalls abgerissen werden, machte der Stadtrat im Herbst eine Kehrtwende. Nun wird saniert, teils rückgebaut, teils entkernt. In ein Gebäude wird die Polizei einziehen; Kritiker werten das als Indiz dafür, dass eine übergeordnete Behörde die rabiaten Abrisspläne der Stadt stoppte. Betreffs des barocken Eckhauses habe nun, so der Bürgermeister, „die genaue Betrachtung der Unterlagen (...) ergeben, daß 1951 ein totaler Um- und Neubau erfolgte, der von diesem ’noch’ unter ’Denkmalschutz’ stehenden Gebäude nur die Außenwand an der Ansbacher Straße übriggelassen hat. (....) Seitens des Stadtrates wurde beschlossen, das Gebäude (...) um etwa ein Drittel in der Länge und um etwa ein Viertel in der Breite (ursprüngliches Maß) zu verkleinern und die Originalfassade wieder herzustellen.“
Zufällig fügen sich die neuen Erkenntnisse exakt in die gewünschte „Verbesserung der Verkehrsführung“. Das alles wurde beschlossen „auf der Grundlage einer Einigung mit dem neuen Gebietsreferenten des LfD“. Auch er stand für ein Gespräch nicht zur Verfügung.
Die Vorgänge in Uffenheim sind nur ein Beispiel für die Veränderungen, die sich mit der Novellierung des Denkmalschutzgesetzes ergeben haben. Seit Baudenkmale der Aufsicht durch das LfD weitgehend entzogen und dem Gestaltungsfuror von Lokalpolitikern ausgesetzt sind, wird nach Belieben verändert, im Namen der so genannten „Energiewende“ brachial kaputtsaniert und abgerissen, als handle es sich um nachwachsende Rohstoffe.
Nicht weit von Uffenheim liegt das Dorf Ickelheim, Sieger beim Bundeswettbewerb „Unser Dorf soll schöner werden“ im Jahr 1987. Aktuell laufen Abrissanträge allein für drei bedeutende Fachwerkhäuser an der Hauptstraße. In Ansbach gibt es für den Kern des intakten Altstadtensembles Überlegungen, dem prachtvollen „Stadthaus“ aus der Renaissance einen Neubau zur Seite zu stellen und dafür das denkmalgeschützte „Schrammhaus“ abzubrechen, das zu einer geschlossenen barocken Häuserzeile gehört.
In Mühlheim, Kreis Erlangen-Höchstadt, ließ der Gemeinderat das „Rosenzweighaus“, ein das Ortsbild prägendes Gebäude aus der Mitte des 16. Jahrhunderts, gegen heftigen Bürgerprotest abreißen. Das „Alte Schloss“ in Gereuth, Landkreis Haßberge, ein hoch bedeutender Renaissancebau, der mit dem „Neuen Schloss“ und der Schlosskirche eines der schönsten Ensembles der Landadelskultur in Bayern bildet, geriet in desolaten Zustand und ist vom Einsturz bedroht, weil die untere Denkmalschutzbehörde dem früheren Eigentümer, einem wichtigen Arbeitgeber, keine Auflagen erteilte.

Zwei breite Abbruchschneisen


In Coburg fielen Baudenkmale für Parkplätze und eine Tiefgaragenzufahrt. In der Landshuter Neustadt wurden mit dem Abbruch von vier gotischen Häusern zwei breite Abbruchschneisen geschlagen. In München verscherbelte man den Alten Hof, die Urzelle der Residenzstadt, und Klenzes Hauptpost. Der Abbruch des geschützten Kongresssaals des Deutschen Museums wird ganz selbstverständlich erwogen.
Die Nachkriegsjahrzehnte gelten als Ära des rücksichtslosen Kahlschlags. Die gegenwärtige Praxis ist nicht besser. Wenn die Politik beim Ausverkauf der Geschichte als Vorbild vorangeht, ist es nicht verwunderlich, dass private Denkmaleigentümer es nachtun. (Rudolf Maria Bergmann) (Dieses Haus wird rückgebaut, damit sein barocker Charakter wiedererkennbar wird - Foto: Bergmann)

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