Bauen

Von Daniel Libeskind entworfen, das Royal Ontario Museum. (Foto Wiegand)

09.12.2011

Vom Bügeleisenhaus zum Royal Ontario Museum

Wie Stararchitekten das kanadische Toronto verschönerten

Die Wolkenkratzer, die hier stehen, gab es vor einem Jahr noch nicht. Manchmal sehe ich vor lauter Hochhäusern den CN-Tower nicht mehr“, lacht Stadtführerin Michelle. Das scheint übertrieben, ist doch dieser 553 Meter hohe „Spargel“ einer der höchsten Türme weltweit. Mit 7000 Kubikmetern Beton wurde das Fundament gesichert, 450 Tonnen Baustahl und 36 Tonnen Spannstahl kamen zum Einsatz. Angeblich hat man alle zwei Stunden gemessen, ob der Turm lotrecht steht.
Eine besondere Herausforderung war das Emporziehen des 318 Tonnen schweren Turmkorbs. Dennoch konnte der CN-Tower nach nur 40 Monaten Bauzeit am 26. Juni 1976 für die Besucher geöffnet werden. Die „American Society of Civil Engenineers“ hat ihn auf die Liste der sieben modernen Weltwunder gesetzt. Nun ist er Torontos Wahrzeichen und prägt die Skyline der gut 2,5 Millionen Einwohner zählenden Stadt am Ontario See.

Der Finne Viljo Revell entwarf das Rathaus


Die Attraktion des CN-Tower ist das Drehrestaurant auf 351 Metern Höhe. Von einem Tisch am Fenster schaut man bis zu den vorgelagerten Inseln. Von solch hoher Warte betrachtet geben sich die Wolkenkratzer drum herum beinahe bescheiden. Die aber wachsen hier unaufhörlich himmelwärts. Mehrheitlich sind es Wohntürme.
„Viele, die früher in die Vororte gezogen sind, wollen zurück in die Stadt und erwerben eine Eigentumswohnung in einem Wolkenkratzer. Diese Appartments sind schon verkauft, ehe der Bau überhaupt begonnen wird. Tag und Nacht stehen die Interessenten Schlange“, weiß Michelle.
Schon 1965, beim Bau des neuen Rathauses, hatte Toronto Mut zur Moderne. Den Zuschlag bei der internationalen Ausschreibung erhielt der finnische Architekt Viljo Revell. „Der Mann spinnt“, empörten sich die Bewohner angesichts des futuristischen Bauwerks mit den beiden unterschiedlich hohen Türmen. Zwischen ihnen liegt der Plenarsaal. Immerhin konnten die Bürger durch ihre Proteste den Abriss des alten Rathauses von 1899 mit dem 104 Meter hohen Uhrturm verhindern. Der ausladende Backsteinbau dient jetzt als Gericht.
Noch höher ragen in Downtown die Bankenbauten empor. Den Anfang machte die Toronto Dominion Bank. Ihre fünf markant-schwarzen Türme aus Stahl und Glas, entworfen von Mies van der Rohe, waren wegweisend. Die Fertigstellung des ersten Turms im Jahr 1967 erlebte der berühmte Architekt noch. Andere Banken zogen aus Konkurrenzgründen nach und so stehen in Torontos Finanzviertel die Wolkenkratzer dicht an dicht. In ihren Glasfassaden spiegeln sich die Nachbarbauten.
Um den Privatverkehr einzudämmen und zu Gunsten der Passanten hat die Stadt unterirdische Passagen geschaffen. Dieser 28 Kilometer lange „Path“ (Pfad) ist breit und bestens beleuchtet. Feine Geschäfte bieten alles, was das Herz begehrt. Diverse Abzweigungen führen direkt zu den einzelnen Bank- und Bürogebäuden oder anderen Zielen. An heißen Sommer- oder kalten Wintertagen ist der Path besonders beliebt.
Dem Bauboom in den Sechzigern und Siebzigern des letzten Jahrhunderts mussten zahlreiche ältere Gebäude weichen, was man heutzutage bedauert. Nun dürfen die Kleinen überleben. Und so behauptet sich das „Bügeleisenhaus“ der einst einflussreichen Gooderham-Familie im Brauereidistrikt ebenso tapfer vor den Hochhäusern wie manch ein Kirchlein.

Gläserner Baukörper
mit Stahlgerippe


Toronto leistet sich auch Stararchitekten, wie den Spanier Santiago Calatrava. Sehr ansprechend, besonders drinnen, ist ihm die 6-stöckige „Allen Lambert Galleria“ am Brookfield Platz gelungen. Die Bogenkonstruktion der lichten Haupthalle lässt an winterweiße Alleebäume denken, deren Zweige zu einem Dach zusammenwachsen. Ein beliebtes Ziel für Torontoer und Besucher.
Frank Gehry hat in dem Arbeiterviertel, wo er aufgewachsen ist, die „Art Gallery of Ontario (AGO)“ geschaffen, die im November 2008 eröffnet wurde. Der gläserne Baukörper mit dem Stahlgerippe schiebt sich wie ein schlanker Fisch oder ein Boot bis an den Rand von Chinatown und soll wohl auch diese Gegend aufwerten. Ein starker Kontrast zu den Häuschen gegenüber.
Facettenreicher setzt sich der 2007 fertig gestellte Erweiterungsbau für das „Royal Ontario Museum (ROM)“ von Daniel Libes-kind in Szene. Die fantasievolle Fassade wirkt elegant und erinnert an die Flügel exotischer Vögel. Faszinierend sind auch die Lichtspiele der verschachtelten Teile. Zurzeit lässt Libeskind im Zentrum ein weiteres Gebäude errichten. „L“ soll es heißen, L wie Libeskind.
Auch für die Yonge Street, die strapazierte Schlagader der Stadt, soll einiges getan werden. Sie führt vom Ufer des Ontario Sees in Toronto bis zum US-Bundesstaat Minnesota. Mit rund 2000 Kilometern ist sie die längste Straße der Welt und auch schon längst im Guiness Buch der Rekorde. Ein Aufpeppen hat sie verdient. (Ursula Wiegand)
(Das Bügeleisenhaus der Gooderham-Familie und Allen Lambert Galeria - Fotos. Wiegand)

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