Bauen

Das Geothermie-Heizwerk in Laufzorn. (Foto: Heller & Partner)

26.04.2013

Wärmeverbund mit Unterhaching

Erdwärme Grünwald - regenerative Energie aus bayerischem Boden

Für die Erdwärme Grünwald (EWG) hat Versorgungssicherheit oberste Priorität. Ziel des rein kommunalen Energieversorgungsunternehmens ist es, regenerative Energie aus der Erde zu gewinnen und als Heizenergie dauerhaft an Bürger und Unternehmen zu verteilen. Die Erdwärme Grünwald leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Energiewende in Bayern, stärkt die Unabhängigkeit von fossilen Brennstoffen, sorgt für langfristig günstigere Wärmepreise und schont nachhaltig die Umwelt.
Öffentlicher Start des Projekts war am 8. Oktober 2008. An diesem Tag entschied der Grünwalder Gemeinderat, dass die Gemeinde Grünwald das Geothermie-Unternehmen Astherm GmbH zu 100 Prozent übernehmen solle. Damit sicherte sich die Gemeinde eine eigene Geothermiequelle in der Nachbargemeinde Oberhaching, im Ortsteil Laufzorn.
Die Rechte zur Exploration, zur Nutzung und zur Verteilung der geothermischen Energie an Privathaushalte und Unternehmen gingen mit dem Erwerb der Astherm GmbH vollständig in Grünwalder Hand über. Die Umbenennung der Gesellschaft in „Erdwärme Grünwald GmbH“ erfolgte im Juni 2009. 100-Prozent-Gesellschafter der Erdwärme Grünwald GmbH ist die Gemeinde Grünwald, vertreten durch den 1. Bürgermeister Jan Neusiedl. Geschäftsführer sind Andreas Lederle und Stefan Rothörl.
Die Dubletten-Bohrung der EWG erbrachte im Frühsommer 2010 eins der besten Geothermie-Bohrergebnisse in Bayern. Mit einer Temperatur von 128 bis 130 Grad Celsius und einer Schüttung von bis zu 140 Litern pro Sekunde.
Im August 2010 startete der Bau des Fernwärmenetzes, seit Oktober 2011 fließt Wärme zuverlässig an Grünwalder Haushalte, Unternehmen und kommunale Liegenschaften wie Kindergärten, Schule und Rathaus. Ende 2012 wurde die Haupttrasse des Grünwalder Fernwärmenetzes fertiggestellt. Sie führt von Laufzorn durch den Grünwalder Forst bis zum Gemeindegebiet in der Laufzorner Straße, geht am Rathaus und Grünwalder Freizeitpark vorbei nördlich bis zur Bavaria Film und von dort über die Ostspange wieder zurück zur Laufzorner Straße.
Seit Herbst 2011 wird das Netz in Stichstraßen zur Haupttrasse nachverdichtet. So hat die EWG in zwei Jahren Bauzeit ein Fernwärmenetz von 28 Kilometern Länge errichtet. 2013 wird das Netz um weitere elf Kilometer anwachsen.
Größter EWG-Kunde ist die Bavaria Film – und das bereits seit 1. Januar 2011. Seit Juni 2012 wird die Bavaria Film mit geothermisch erzeugter Fernwärme beliefert. Bavaria Film ist damit das erste Studiogelände in Deutschland, das seine Wärme regenerativ aus Erdwärme bezieht. Seit Herbst 2012 ist auch das Heizwerk auf dem Bavaria Film Gelände fertiggestellt – eine weitere effiziente Redundanz für das Grünwalder Fernwärmenetz.
Das Geothermie-Heizwerk in Laufzorn hat im November 2012 seinen Betrieb aufgenommen. Das gleich nebenan geplante Stromkraftwerk befindet sich in der Projektierung, Baubeginn ist im Herbst 2013, die Fertigstellung ist für Ende 2014 geplant. Das Projekt der Erdwärme Grünwald ist wärmegeführt – aufgrund des hervorragenden Bohrergebnisses entschied der Gemeinderat aber, die Quelle Laufzorn durch zusätzliche regenerative Stromerzeugung optimal auszulasten.
Ein weiteres Vorzeigeprojekt ist der Wärmeverbund der beiden Gemeinden Grünwald und Unterhaching. Wenn Wartungsarbeiten an der Förderbohrung oder am Fernwärmenetz anstehen, mussten die beiden Geothermie-Gemeinden Grünwald und Unterhaching ihre Wärmeerzeugung bisher kurzzeitig auf Öl umstellen. Das ist nicht regenerativ und teuer dazu. Das ändert sich jetzt, denn seit Dezember 2012 sind die beiden Geothermie-Bohrstellen in Laufzorn und Unterhaching per Leitung miteinander verbunden. Im „Wärmeverbund Grünwald und Unterhaching“ liefern sich die EWG und die Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG im Bedarfsfalle jetzt CO2-freie Wärme aus Geothermie.
Die Bauarbeiten für die 5,3 Kilometer lange Leitung durch den Grünwalder und Perlacher Forst wurden im Frühjahr 2012 begonnen und Ende 2012 erfolgreich abgeschlossen. Die Versorgung der Gemeinde Unterhaching mit Wärme wurde Mitte April 2013 aufgenommen. Unterhaching plant, Strom aus der Laufzorner Wärme zu machen. Der Wärmeverbund der beiden Geothermieprojekte Unterhaching und Grünwald ist ein in Deutschland bislang einmaliger Meilenstein. Beide Projekte werden damit noch umweltschonender und nachhaltiger.
Das Geothermie-Projekt der Erdwärme Grünwald ist eines der Vorzeigeprojekte im Landkreis München und darüber hinaus. Hochrangige Delegationen aus Irland und Indonesien waren bereits zu Besuch. Eine Delegation aus Island, Norwegen, Schweden, Dänemark und Finnland wird am 7. Mai 2013 zum gemeinsamen Erfahrungsaustausch in Grünwald sein.
„Geothermie ist eine heimische Energie“, so Grünwalds 1. Bürgermeister Jan Neusiedl, „sie macht uns unabhängiger von Öl und Gas, schont die Umwelt und den Geldbeutel unserer Bürger. Und sie stärkt die Versorgungssicherheit. Wir setzen damit die Energiewende in Grünwald ganz konkret um. Geothermie hat bei uns eine hohe Akzeptanz – denn regenerativ erzeugte Fernwärme ist für Privathaushalte und Unternehmen gleichermaßen interessant.“
Geothermie sei eine große Chance, so die beiden EWG-Geschäftsführer Andreas Lederle und Stefan Rothörl übereinstimmend, „da passen Ökonomie und Ökologie hervorragend zusammen. Wir setzen unseren gesammelten kaufmännischen und technischen Sachverstand ein, um das Projekt der Erdwärme Grünwald nachhaltig erfolgreich zu führen. Davon profitieren alle: die Bürgerinnen und Bürger in Grünwald, verantwortungsvoll denkende Grünwalder Unternehmer, die Gemeinde und die Umwelt.“
Das Bohrkonzept stammt vom Ingenieurbüro Herbert Achilles, Salzgitter, das Nutzungskonzept und die Netzplanung kamen von der ECH Energiecontracting Heidelberg AG. Die Kollmer Tiefbau GmbH aus der Oberpfalz ist spezialisiert auf den Leitungsbau und baut seit vielen Jahren große Fern- und Nahwärmeprojekte im Süddeutschen Raum. 2012 baute die Firma das größte Nahwärmeprojekt Hessens in Schönstadt, wo 280 Gebäude und 80 Prozent der Bevölkerung jetzt mit Wärme aus einem großen Sägewerk versorgt werden. Zu den weiteren Kompetenzen der Firma gehören unter anderem der Orts- und Fernkabelbau, sowie die grabenlose Verlegung von Leitungen im HDD-Spülbohrverfahren.
Die städtebauliche und künstlerische Oberleitung lag beim Münchner Architekturbüro Goergens & Miklautz, die Projektsteuerung bei Obermeyer Projektmanagement, München. Besonders intensiv waren die Projektsteuerer in den Ausschreibungs- und Vergabeprozess einbezogen. Für das Heizkraftwerk galt es in erster Linie die Vergaben für den Bau der technischen Anlage zu kontrollieren und während der Ausführung die Einhaltung der Termine zu überwachen und zu steuern.
Für den Bau des Verteilernetzes werden jedes Jahr mehrere Lose vergeben, welche in einem zweistufigen Vergabeverfahren mit Präqualifikation europaweit ausgeschrieben werden. Alle Bestandteile der Wärmeversorgung sind voneinander abhängig und mit Redundanzen ausgestattet. Da diese zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Betrieb gehen, ist es Aufgabe der Projektsteuerer, die Abläufe so zu koordinieren, dass die Fernwärmeversorgung für die Bewohner der Gemeinde Grünwald zu jedem Zeitpunkt gewährleistet werden kann.
Ziel des Landkreises München ist es, den Energieverbrauch bis 2050 um 60 auf 40 Prozent des derzeitigen Werts zu reduzieren und ab 2050 die Versorgung komplett aus regenerativen Quellen sicherzustellen. Die Gemeinde Grünwald leistet mit dem Geothermieprojekt hierzu ihren Beitrag und will sich in den nächsten Jahren flächendeckend selbst mit Fernwärme versorgen. Um die bisher gesicherte Qualität für die nächsten Ausbauschritte sicherzustellen, beauftragte die Gemeinde Obermeyer auch für die weitere Begleitung des Vorhabens mit der Projektsteuerung. (BSZ) (Nur Spitzentechnologie ist im Geothermie-Heizwerk im Einsatz - Fotos: Heller & Partner)

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