Bauen

Wassereintrittsmöglichkeiten bei Gebäuden. (Grafik: BMVBS-Hochwasserfibel)

18.10.2013

Wasserabweisende Materialien verwenden

Baulicher Hochwasserschutz

Das Ausmaß des Juni-Hochwassers hat gezeigt, wie wichtig es ist, geeignete Vorsorgemaßnahmen zu treffen. Dass nun vielerorts sowohl Gebäude als auch Infrastruktur saniert oder sogar neu aufgebaut werden müssen, birgt auch die Chance, im Wortsinne vorzubauen. Denn viele Gebiete werden früher oder später wieder mit Hochwasser zu kämpfen haben. Wer nun in der Phase des Wiederaufbaus speziell geschulte Ingenieure und Handwerker zu Rate zieht, der kann unter anderem durch baulichen Hochwasserschutz für die Zukunft Schlimmeres verhindern.
Der bauliche Hochwasserschutz untergliedert sich grob in drei Maßnahmenbereiche: Schutz von Infrastruktur (großräumig), Schutz von Gebäuden (kleinräumig) und Maßnahmen am Gebäude selber.
Der Schutz von Infrastruktur kann vor allem dadurch geschehen, dass sich das Hochwasser erst gar nicht katastrophal einstellt. Hierfür ist ein Hochwassermanagement erforderlich, das ausgehend von zukünftigen Niederschlägen neben gezielten Maßnahmen zum Rückhalt in der Fläche hinreichend große Rückhaltebecken und Stauräume entlang von Gewässern bereithält. Diese Flächen nennt man Retentionsflächen. Sie werden unter anderem durch Raumordnung und Flächennutzungsplanung erschlossen und müssen eingedeicht werden. Deiche, Dämme, Durchlässe, Überläufe und Pumpstationen müssen geplant, dimensioniert, überwacht und gewartet werden.
Einzeln stehende Gebäude außerhalb von Ortschaften und einzelne Gebäude innerhalb von Ortschaften können durch verschiedene bauliche Maßnahmen geschützt werden. Hierzu gehören ortsfeste genauso wie mobile Barrieren (zum Beispiel Hochwasserschutzwände oder mit Wasser befüllbare Schlauchbarrieren), die innerorts Gewässer kanalisieren und leiten. Es ist auch möglich, „Flutstraßen“ vorzusehen, die im Falle von Hochwasser oder Sturzfluten seitlich schnell mit Barrieren versehen werden können, um das Wasser abzuleiten und die Bebauung zu schützen. Selbst eine Erhöhung von Bordsteinkanten kann bereits einen Schutz darstellen.
Alle Brücken und Durchlässe müssen so geplant werden, dass sie keine Barriere darstellen und nicht von Treibgut verstopft werden können. Dazu gehört das Anbringen von Brückengeländern, die sich schnell abmontieren oder klappen lassen.
Der dritte Maßnahmenbereich betrifft das Gebäude selber. Es muss so im Gelände situiert werden, dass es nicht schon bei lokalem Starkregen unter anderem durch Eingänge, Fenster und Rohrdurchführungen geflutet werden kann. Im Gebäude befinden sich technische Anlagen der Ver- und Entsorgung (beispielsweise Wasser- und Stromleitungen) und der Steuerung (zum Beispiel Telefon- und Internetanschluss, Klimaanlage).

Leitungen und Anschlüsse so hoch wie möglich setzen


Leitungen und Kanäle der Ver- und Entsorgung durchdringen die Gebäudehülle und müssen deshalb mit druckdichten Systemen installiert werden. Öltanks sollte man vermeiden. Werden sie trotzdem installiert, dann müssen sie gegen Auftrieb gesichert und mit druckdichten Verschlüssen versehen werden. Sämtliche Steuerungselemente, Sicherungs- und Verteilerkästen gehören in Obergeschosse. Leitungen und Anschlüsse sollten so hoch wie möglich angebracht werden, und zumindest im Keller „auf Putz“ liegen.
Kabelkanäle werden bei Hochwasser nicht nur mit Wasser volllaufen, sondern auch verschlammen. Liegen diese Kanäle in Wänden, so müssen die Wände nach einem Hochwasser aufgerissen werden. Rückschlagventile, Stauklappen und Pumpen sichern Gebäude vor dem Eindringen von Schmutzwasser aus der Kanalisation. Bei der Gebäudeplanung in Hochwasser gefährdeten Gebieten sollte man abwägen, ob man einen Keller baut oder nicht und wenn ja, wie er genutzt werden soll. Gebäude können umspült, unterspült oder überspült werden. Dadurch wirken hohe statische und hohe Fließdrücke auf eine Struktur. Letztere erhöhen sich mit der Fließgeschwindigkeit quadratisch. Mauerwerk kann diese hohen Kräfte oft nicht aufnehmen, weshalb Keller und Erdgeschoss besser aus Stahlbeton (Stichworte: schwarze Wanne, weiße Wanne) gebaut werden sollten.

Keller sollten
angepasste Nutzung haben


Zum Schutz vor Unterspülung benötigen Gebäude eine speziell geplante und dimensionierte Gründung. Besteht die Gefahr des Auftriebs (schwere, massive Gebäude sind besser als Leichtbaustrukturen), dann muss im Hochwasserfall das Gebäude geflutet werden. Keller sollten deshalb eine angepasste Nutzung haben. Tiefgarage und Fitness sind gut, Wohnraum ist schlecht. Ein Estrich oder eine Fußbodenheizung gehören nicht in einen Keller, der überflutungsgefährdet ist. Fenster, Türen und Tore sollten wasserdicht sein. Alternativ sollten Befestigungselemente vorinstalliert sein, damit mobile Barrieren schnell installiert werden können.
Die zweite Variante ist meist kostengünstiger. Gefälle und Pumpensümpfe sammeln und entsorgen Leckagewasser und erleichtern im Falle der Flutung die schnelle Entleerung.
Bezüglich der Hausdämmung und der Einbauten kann gesagt werden, dass alles problematisch ist, was leicht Wasser aufnimmt und schnell verrottet. Lieber die Mauerwerkswände dicker planen und bauen, als eine Dämmung aus Naturstoffen vorsehen. Eine Dämmung aus formstabilen Schaummaterialien ist in Hochwassergebieten den Naturfasern vorzuziehen. Über die Schnittflächen dringt sehr schnell Wasser in Holz ein. Bereits innerhalb von Tagen wird das Holz geschädigt und damit zumindest statisch unbrauchbar. Deshalb sollte auch der Gebrauch von Holz vermieden werden. Das gilt sowohl in statischer Hinsicht als auch für die Innenarchitektur. Holzpaneele, Parkett, Geländer und andere fest installierte Holzelemente sind zu vermeiden.
Leichte Trennwände aus Gipskartonplatten und entsprechende Deckenverkleidungen werden sofort Opfer von Wasser und gefährden Menschen, wenn durchnässte Verkleidungen herabstürzen. Kurz gesagt: Beim Bau in Hochwassergebieten ist alles gut, was Wasser abweist, nicht Wasser aufnimmt, wasserundurchdringlich ist und nicht schnell verrottet.
DieBürger sind verpflichtet, sich darüber zu informieren, ob sie gefährdet sind oder nicht. Wenn die Kommunen selber keine Auskunft erteilen können, dann muss man sich an die Wasserwirtschaftsämter oder an die Landesämter für Umwelt und Wasserwirtschaft wenden. Dort gibt es Gefährdungs- und Risikokarten und man erhält eine fachkompetente Beratung. Weiterhin helfen Broschüren wie die neue Hochwasserschutzfibel 2013, die als pdf auf der Homepage des Bundesverkehrsministeriums erhältlich ist. Eine individuelle und unabhängige Beratung in allen Punkten des baulichen Hochwasserschutzes bieten entsprechend geschulte Ingenieure. Fachleute in der Nähe findet man beispielsweise über die Bayerische Ingenieurekammer-Bau: www.planersuche.de. (Norbert Gebbeken/Werner Weigl - Beide Autoren sind Vorstandsmitglieder der Bayerischen Ingeneiurekammer-Bau) (Mobiler Hochwasserschutz - Foto: AQUA-STOP Hochwasserschutz GmbH)

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