Bauen

Der "artouro 2013" ging an den Entspannungswürfel im Hofgut Hafnerleiten. (Foto: Günter Standl)

07.06.2013

Wichtiger Mehrwert für den ländlichen Raum

Verleihung des Bayerischen TourismusArchitekturPreises "artouro 2013"

Der bundesweit einmalige Preis „artouro“ für Tourismusbauten im Freistaat wird seit 2011 im zweijährigen Turnus vom Wirtschaftsministerium und der Bayerischen Architektenkammer vergeben. Mit dem Preis soll der Tourismus als wesentlicher Faktor der bayerischen Wirtschaft im Zusammenspiel mit qualitätvollem und zeitgemäßem Bauen dargestellt und gefördert werden. Ferner soll der „artouro“ architektonischen Mut und Weitsicht würdigen sowie ein Anreizsignal für die beiden Bereiche Tourismus und Architektur geben, noch stärker zu kooperieren. Gleichzeitig soll aber auch auf die ökonomische, ökologische und soziale Bedeutung einer qualitätvollen Tourismusarchitektur hingewiesen werden.
Für den „artouro 2013“ waren insgesamt sieben Projekte – drei Übernachtungsbetriebe, zwei Museen, eine Vinothek und eine Kirche – aus allen Tourismusregionen des Freistaats nominiert.
Gewinner des „artouro 2013“ ist der „Entspannungswürfel im Hofgut Hafnerleiten“ in Bad Birnbach. Das im niederbayerischen Bäderdreieck angesiedelte Hotel überzeugte die Jury mit seiner Kombination aus architektonischer Qualität und touristischer Attraktivität.
„Architektur ist ein wichtiger Impulsgeber für den Tourismus. Immer mehr Menschen wissen nicht nur die landschaftlichen Schönheiten, den kulturellen Reichtum und die kulinarischen Spezialitäten des Freistaats zu schätzen. Sie lassen sich auch von beeindruckender Architektur faszinieren und kommen gerade deshalb nach Bayern. Die heute ausgezeichneten Projekte sind Glanzlichter des Bayerntourismus, die eine Reise wert sind“, betonte Wirtschaftsminister Martin Zeil (FDP) bei der Preisverleihung. Die touristische Strahlkraft der Bauten biete insbesondere für den ländlichen Raum einen echten Mehrwert, erklärte Zeil.
Lutz Heese, Präsident der Bayerischen Architektenkammer, hob bei der Prämierung besonders die qualitätsvolle Architektur der eingereichten Projekte hervor. „Wer Impulse im Wachstumsmarkt Tourismus setzen möchte, muss neben Qualität auch Themen wie barrierefreies, energieeffizientes und nachhaltiges Planen und Bauen oder bei Bestandsbauten den Denkmalschutz im Blick haben.“
In der Jury-Begründung für den Entspannungswürfel heißt es: „Das Hofgut Hafnerleiten geht seit längerem einen sehr eigenständigen und viel beachteten Weg im großen Spektrum des Beherbergungsgewerbes. Die bestehenden Gästehäuser zeigen sehr individuelle und stark auf Natur und Landschaft bezogene Architekturen, dabei wird Wert auf natürliche Materialien und umweltgerechte Bauweise gelegt. Das Konzept wurde nun um fünf ’Entspannungswürfel’ erweitert, die sich sehr sensibel in das bestehende lockere Baukonzept einfügen. Sie bieten den Gästen verschiedenartige Angebote zu Wellness- und Entspannung. Die strenge kubische Architektur, deutlich zeitgenössisch, fügt sich durch die Materialien selbstverständlich in die niederbayrische Landschaft ein, auch das innere der Häuser ist großzügig und zugleich angenehm. Das Preisgericht würdigt die Konsequenz, mit dem hier durch private Bauherren ein Konzept über viele Jahre verfolgt und erweitert wird. Es hat in der Originalität und dem hohen Qualitätsanspruch ein Alleinstellungsmerkmal für diesen Raum, wirkt aber weit darüber hinaus als ein Beispiel innovativer Entwicklung im Tourismus.“
Der Sonderpreis der Jury ging an ein temporäres Bauprojekt und zwar an die Schneekirche Mitterfirmiansreut. „In Erinnerung an eine vor 100 Jahren gebaute Schneekirche wurde in Mitterfirmiansreut in einer beispielhaften Zusammenarbeit vieler Bürger erneut eine Kirche aus Schnee erbaut. Es entstand ein großer Bau, modern und schlicht in der seiner äußeren Form, der aber im Inneren des schwach beleuchteten Tonnengewölbes mit eisblauem Licht eine magische, fast suggestive Wirkung entfaltete“, so das Preisgericht. „Offenbar erfüllte dies eine Sehnsucht nach Märchenhaftem, denn in nur zehn Wochen strömten 63 000 Menschen in die entlegene Region im Bayerischen Wald. Auch wenn die Kirche nur zehn Wochen besucht werden konnte, ehe sie sich in der Sonne auflöste, – dieses besondere Ereignis veränderte das Bild der Gemeinde Mitterfirmiamsreut und machte weit über die Region hinaus auf sie und den Reiz ihrer rauen naturnahen Erholungslandschaft aufmerksam.“
Neben diesen beiden Preisen gingen noch Nominierungen an die Projekte „Museum der Bayerischen Könige“ (Hohenschwangau), „Limeseum-Museum im Römerpark Ruffenhofen“ (Wittelshofen), „Weingut Schmachtenberger“ (Randersacker), „Tannerhof“ (Bayrischzell) und die „Internationale Jugendbegegnungsstätte Oberscheißheim“.
In der Begründung für das Limeseum-Museum heißt es: „Im archäologischen Park um ein ehemaliges Römerkastell liegt das ’Limeseum’ als weithin sichtbarer Solitär in der offenen Landschaft. Die ansteigende Spirale setzt einen kräftigen Akzent, fügt sich aber zugleich harmonisch und wie selbstverständlich in die bewegte, pastorale Landschaft ein. Die kräftigen Farben unterstreichen die selbstbewusste Setzung. Die Architektur versucht nicht Bezug zu nehmen zu den römischen Artefakten, sie öffnet stattdessen den weiten Blick auf die Elemente des Weltkulturerbes. Die Innenraumgestaltung erscheint leider im Ausstellungsbereich nicht gleichermaßen überzeugend, Um die Großzügigkeit des ansteigenden offenen Raums und den Blick außen nicht zu verstellen hätte man sich ruhigere Ausstellungselemente gewünscht.“ Der Bau des Museums wird von der Jury jedoch als „ein mutiger Schritt“ gewürdigt und als „wichtiger Impuls in einer strukturschwachen Region“.

Transparente Glasfront


Zum Museum der Bayrischen Könige erklärt die Fachjury: „Das Ensemble des ehemaligen Hotels Alpenrose wurde zu einem Museum über die Geschichte des Wittelsbacher Königshauses umgebaut. Die Bauaufgabe war schwierig. Das Hotel in exponierter Lage am See ist mit seiner üppigen Formenvielfalt prägend und als zeitgenössischer Bau von eigener Bedeutung. Es gelang, einen großzügigen und funktionsgerechten Ausstellungsbereich zu entwerfen, der mit dem faszinierenden Deckengewölbe zugleich königliche Pracht inszeniert. Die weite und transparente Glasfront bezieht die großartige landschaftliche Kulisse in das Museum ein. Dieser nicht unerhebliche Eingriff in die Bausubstanz hat jedoch die architektonische Eigenart des Hotelbaus bewahrt, ja verstärkt.“ Skepsis klingt in Begründung mit dem Satz heraus: „Ob die touristisch eher überlastete Region um das Schloss Neuschwanstein einen weiteren Besuchermagneten verträgt, ist eine andere Frage.“
Die Nominierung für die Internationale Jugendbegegnungsstätte begründet das Preisgericht wie folgt: „Hier wurde ein Ort geschaffen, der die sehr wichtige Aufgabe erfüllt, dem Treffen von Jugendlichen aus verschiedenen Ländern einen Raum zu geben, in dem sie sich mit der gemeinsamen Geschichte auseinander setzen. In Anlehnung an einen Waldrand und mit Blick in die Landschaft wurde die internationale Begegnungsstätte durch eine Gruppe von Einzelbauwerken zu einer städtebaulich und landschaftlich überzeugenden Gesamtkomposition. Die Materialien und Farben der Häuser vermitteln eine angenehme Atmosphäre. Die Gestaltung der Freiräume korrespondiert gut mit den Gebäuden, sie wirken entspannt und zugleich einladend. Man kann sich vorstellen, dass die Jugendlichen sich hier gerne aufhalten.“
Die Jury bedauerte, dass die Darstellung zu wenig Auskunft über die innere Organisation und Funktion der Bauten gab. „Die dargestellte große innere Treppe erscheint aber ein interessanter Ort für Austausch und Kommunikation der Jugendlichen.“
Die Begründung für das Weingut Schmachtenberger lautet: „An ein bestehendes traditionelles Einfamilienhaus an einer Ausfallstraße von Randersacker wurde eine Vinothek als Kubus angebaut, der mit seiner kühlen Architektur ein formales Zeichen des Aufbruchs setzt und damit ein weiteres Beispiel mutiger fränkischer Wein-Architektur abgibt. Das sich in die Straße öffnende große Eckfenster der Vinothek im Hanggeschoss nimmt den Außenraum (Weinberg) gut nach innen hinein. Die Gesellschaftsräume im Erdgeschoss bieten viele Möglichkeiten, dass diese ungewöhnliche Architektur auch zu einem sozialen Treffpunkt für Weinliebhaber wird.“

Hüttentürme im Wald


Zum Tannerhof in Bayrischzell erklärte das Preisgericht: „Ein seit 100 Jahren bestehender Familienbetrieb wird behutsam und mit großer Rücksicht auf das bestehende Ensemble weiterentwickelt. Anbauten und Umbauten an der alten Substanz werden durch die unterschiedliche Farbgebung der Hölzer sichtbar gemacht, so ist der Bau auch ein Lesebuch der Architekturgeschichte. Die Atmosphäre des Ensembles bleibt dabei erhalten, aber es gewinnt an Großzügigkeit und Funktionalität.“ Auch hier bedauerte die Jury, dass die Darstellung die Beurteilung der architektonischen und städtebaulichen Konzeption nur bedingt zugelassen hat. Die Juroren hätten sich zumindest einen aussagekräftigen Lageplan gewünscht.
Von „besonderem, poetischem Reiz“ seien jedoch die im Wald stehenden Hüttentürme, „sie geben die Möglichkeit, sich ’einsam’ und in großer Ruhe sich erholen zu können, ohne auf die Annehmlichkeiten des nahen Hotels verzichten zu müssen. Damit wird das klassische Hotelangebot erweitert und auf individuellere und anspruchsvollere Gäste reagiert.“ Denn anspruchsvolle Architektur sei heute Ziel für eine wachsende Gästegruppe. Für die Region Bayrischzell werde damit ein wichtiger Impuls gegeben, der die klassische Beherbergungsstruktur phantasievoll und effektiv bereichern kann. 
(Friedrich H. Hettler) (Das Ostportal der Schneekirche in Mitterfirmiansreut; das Weingut Schmachtenberger; Ausstellung und Ausblick in die Landschaft im Museum der Bayerischen Könige; Lufthütte des Tannerhofs; die Internationale Jugendbegegnungsstätte und das Limeseum - Fotos: Koeberl Doeringer Architekten/Stefan Meyer/Marcus Ebner/Stefan Müller-Naumann/Constantin Meyer/Oliver Heinl)

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