Bauen

Der Neubau (links) geht in den Altbau über. (Foto: Schwenger)

13.01.2012

Wie im Schlafsack

Neuer Anbau fürs Gymnasiums Geretsried mit hocheffizienter Dämmung

Das 40 Jahre alte staatliche Gymnasium Geretsried im Schulzentrum an der Adalbert-Stifter-Straße hat einen großzügigen Erweiterungsbau erhalten. Im Juli 2011 konnte der Anbau mit zehn Klassenzimmern für die Oberstufe, einem EDV-Zentrum und Erweiterung der Pausenhalle übergeben werden. Seit Baubeginn im Februar 2010 wurden rund 4,4 Millionen Euro investiert. Der Freistaat hat den Neubau mit einer Million Euro bezuschusst.
Die Pläne für den Erweiterungsbau erstellte das Architekturbüro Drescher + Kubina aus München. Insgesamt ist der Neubau innen wie außen in sachlichem Grau des Sichtbetons gehalten. Die Fassade besteht aus einer Pfosten-Riegelkonstruktion in Holzaluminium mit Wärmeverbundsystem. Tragkonstruktion ist Stahlbeton, ausgestattet mit einem bekiesten Flachdach mit Folienabdichtung.
Die Klassenzimmer auf beiden Geschossen sind nach Nordwesten ausgerichtet. Bei der Außenfassade wird die schlichte, graue Struktur von bunten Streifen an den Fensterrahmen unterbrochen. Im Innenbereich bringt der leuchtend hellrote Fußboden in Zementheizestrich mit Linoleum- beziehungsweise Fliesenbelägen Farbe und Kontrast.
Die neue, gedeckte Pausenhalle verbindet den Alt- mit dem Neubau. Sie knüpft an das bereits bestehende Erschließungssystem an und ermöglicht eine Erweiterung des Systems zu einer Dreifachsporthalle. Der Anbau stellt aber schon jetzt, ohne die noch geplante Erweiterung der Sporthalle, eine Bauanlage dar, die sich gegenüber der bestehenden Schulanlage in eigenständiger Weise behauptet und sich dennoch harmonisch in das Gesamtgefüge einfügt.
Eingerechnet in die Gesamtkosten sind 800 000 Euro, die der Landkreis Bad Tölz-Wolfratshausen gab, um das Schulgebäude in Niedrigenergie-Bauweise zu errichten. Die energiesparende Passivhaus (PH)-Bauweise wurde ermöglicht durch das Zusammenspiel mit der Nutzung von Erdwärme mittels Wärmepumpe und dem Einbau einer dezentralen Lüftungsanlage mit Wärmerückgewinnung in allen Räumen. Für die Wärmepumpe wurden für das Gymnasium vier Erdsonden in einer Tiefe von 85 Metern in das Erdreich eingebracht. Dort herrscht eine stabile Temperatur von etwa zehn Grad. Umgekehrt kann die Wärmepumpe im Sommer zur Kühlung der Räume eingesetzt werden – vergleichbar dem System eines Kühlschranks.
Der Günzburger Architekt Martin Endhardt erstellte die PH-Berechnung. So darf der Primärenergiekennwert 120 kWh/(m²a) nicht überschritten werden. Die Einhaltung dieses Werts setzt, neben einem hohen Dämmstandard, den Einsatz sehr effizienter Haustechnik und energiesparender Beleuchtung voraus. Deshalb wurde auf eine kompakte Baumasse und eine hochgedämmte Baukörperhülle und eine Lüftung in jedem Klassenzimmer geachtet.
„Das Gebäude ist eingepackt wie in einen Schlafsack“, erklärt Christian Schuhmacher vom Ingenieurbüro Schumacher & Andre. Um den Energiebedarf der Heizung zu senken, wurden Styroporplatten zur Dämmung aufgebracht. In dem PH-Anbau reicht nun die Wärme von 25 Schülern und einem Lehrer aus – sie entsprechen 1,5 Kilowatt – um den Klassenraum in der Nutzungszeit ganzjährig ausreichend auf 20 Grad aufzuheizen.

Dreifach verglaste Fenster


Bei der Lüftungsanlage stand Endhardt beratend zur Seite. Die Anforderung an einen zweifachen Luftwechsel pro Stunde in den Klassenzimmern kann laut Endhardt mittels Fensterlüftung allein nicht gewährleistet werden. In repräsentativen Untersuchungen, wie der des Geretsrieder Schülers und „Jugend forscht“-Gewinners Alexander Böhm, wurden in Klassenräumen ohne Lüftung 2500 bis 4000 ppm Kohlendioxide gemessen. Im neuen Klassentrakt in Geretsried gewährleistet jetzt eine maschinell zugeführte Luftmenge von 15 bis 20 m³/Person einen zweifachen Luftwechsel und eine dauerhaft ausreichende Luftqualität. Zudem garantiert diese geringe Luftmenge Geräusch- und Zugfreiheit im Klassenraum und verhindert unkontrolliert trockene Luft.
Zu allen Jahreszeiten kann außerdem bei Bedarf über die Fenster zusätzlich gelüftet werden, die Verluste dadurch sind systembedingt geringer als bei Gebäuden im Bestand. Spezielle Fenster mit Dreifachverglasung und stark dimensionierten Rahmen garantieren Behaglichkeit im Winter auch am Fenstersitzplatz.
Durch die Ausführung in PH-Bauweise werden nicht nur die Betriebskosten erheblich reduziert. So verringern sich bei diesem Passivhaus im Vergleich zu einem normalen Schulhausbau der Energieverbrauch von 143 000 auf 44 000 Kilowattstunden und der CO2-Ausstoß von 44 000 auf 11 000 Tonnen. Aber auch bessere Lernbedingungen für die Schüler und bessere Arbeitsbedingungen für die Lehrer werden geschaffen.
Ausgestattet sind die je 65 Quadratmeter großen Klassenzimmer jeweils mit einer Pylonentafel mit zwei Flächen, einem Beamer sowie einer Projektionsfläche. Interaktive Whiteboards wurden auf Wunsch des Lehrerkollegiums nicht installiert. Im Untergeschoss entstand das Informatikzentrum mit drei 90 Quadratmeter großen Räumen. Bei der Ausstattung wurde Wert auf ausreichend große Computertische gelegt, so dass für die Schüler auch noch Platz für Stift und Papier ist. Zu den Unterrichtsräumen gehören auch die nötigen Nebenräume.
Die Außenanlagen wurden von der Lenggrieser Landschaftsarchitektin Christine Probst entworfen. Sie stellen eine Fortsetzung der parkartigen Grünanlagen des Altbestands sowie die Eingliederung des neuen Gebäudetrakts in den Außenraum her. Es entstand eine großzügige, gut nutzbare Fläche mit abgestuften Rasenböschungen, die leicht zu pflegen ist.
Zum Sportplatz hin begrenzen Hecken und eine Baumreihe mit Säulen-Eichen den Raum. Die Säulenform steht im Kontrast zum umgebenden naturnahen Stadtwald. Den Innenhof schmückt ein Kirschbaum. Weitere Akzente bilden hohe Gräserfelder. Zusätzlich konnte der Kletterbereich an der Sporthalle erweitert werden. Die Hauptzugänge und Wege sind barrierefrei angelegt. Die Anlage bietet den Schülern Raum für Bewegung und Spiel, Rast und Ruhe.
(Sabrina Schwenger)
(Blick in ein Klassenzimmer - Foto: Schwenger)

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