Bauen

Der Erweiterungsbau für das Staatsarchiv Augsburg. (Foto: Staatliches Bauamt Augsburg)

24.06.2016

Würfel mit Metallfassade

Erweiterungsbau für das Staatsarchiv Augsburg fertiggestellt

Das Staatsarchiv Augsburg wurde 1988/1989 mit 5600 Quadratmetern Archivfläche erbaut. Die Aufnahmekapazität wird bei einem jährlichen Zuwachs von rund 250 bis 350 laufenden Metern Archivalien demnächst ausgeschöpft sein. Um den zu erwarteten Zuwachs für die nächsten 35 Jahre zu gewährleisten, erhielt das Staatliche Bauamt Augsburg 2011 den Auftrag zur Erweiterung des bestehenden Gebäudes um 2880 Quadratmeter Archivfläche. Es entstand ein eigenständiges Bauwerk vor der Nordfassade des Bestandsgebäudes: Ein geschlossener Würfel von rund 22 Metern Kantenlänge. Nach außen zeigt sich der Kubus funktionsbedingt geschlossen und monolithisch. An einer städtebaulich prägnanten Stelle ergänzt er im Kontext zum Bestandsgebäude, das eine nahezu geschlossene Muschelkalkfassade hat, das hochwertige und beständige Erscheinungsbild des Gebäudeensembls Staatsarchiv. So besteht die Fassade des Neubaus aus Metall-Kassetten mit umlaufenden Rahmenprofilen.
Die lediglich 2,3 Meter breite „Fuge“ zwischen Neubau und Bestandsgebäude schließt ein ganzflächig mit Glas umhüllter Luftraum, in dem die Fassaden des Bestandsbaus (Muschelkalk) sowie des Erweiterungsbaus (Metallfassade) eigenständig durchlaufen. Vom Bestand in den Neubau gelangt man über das Erdgeschoss und eine Brücke im 2. Obergeschoss. In jedem der acht Geschosse befinden sich etwa 360 Quadratmeter Archivfläche, dazu sind einseitig die Verkehrsflächen angeordnet: die einläufigen Treppen, der Aufzug, sowie die Technikräume und Installationsschächte. Auf Büroräume und Sanitäranlagen konnte verzichtet werden. Diese befinden sich in ausreichendem Maße im Bestandsbau. Eine Technikzentrale für die Klimaanlage befindet sich im Dachgeschoss. Das Gebäude wurde auf bis zu 90 Zentimeter starken und 12 bis 14 Meter langen Bohrpfählen gegründet. Der Beginn dieser Tiefgründung war im Oktober 2013. Der Rohbau wurde ausschließlich in Beton aus Filigranplatten, Ortbetondecken und Fertigteiltreppen im Sommer 2014 fertiggestellt. Trotz der hohen Nutzlast der Decken von12 KN/m2 (1200 kg/m2), die für Archivgebäude gefordert ist, wurde durch einfache statische Systeme, bestehend aus Wandscheiben, Stützen und Deckenplatten, eine kostengünstige Bauausführung umgesetzt. Sämtliche Oberflächen der Decken und Wände im Innenraum sind in Sichtbeton, der Estrich in den Magazinen hat eine hellgraue lösemittelfreie 2-K-Epoxidharz-Beschichtung, im Treppenhaus ist der Estrich lediglich gescheibt und farblos versiegelt. Einbauteile wie zum Beispiel Leuchten, Kabelkanäle sind wie die Regalanlage selbst in einem hellen grau lackiert. Lediglich die Stirnseiten der Regalanlage sind als Kontrast in kräftig leuchtenden Farben beschichtet. Dabei ist der Farbton zur leichteren Orientierung jedes Geschosses unterschiedlich. Die Glas-Fuge ist als thermisch getrennte Metall-/Glaskonstruktion mit hochwertiger Wärmeschutzverglasung erstellt. Alle sichtbar verbauten Metallteile in der Fuge, wie die Pfosten-Riegel-Fassadenkonstruktion, der Verbindungssteg mit Gitterrosten und Geländer oder die Träger des Glasdaches sind roh verzinkt. Lediglich die äußeren Abdeckleisten der Glasfassade sind dunkel eloxiert und nähern sich farblich der Verglasung. Der Charakter der schmalen Fuge wirkt zurückhaltend und lässt somit die sich gegenüberliegenden Fassaden von Alt- und Neubau miteinander interagieren.
Die Fassade des Neubaus besteht aus Aluminium-Kassetten der Größe 115 x 250 Zentimeter mit einer Fluorpolymerbeschichtung in Metallic-Eisenglimmer. Diese Metall-Kassetten haben eine Noppenstruktur in nach oben heller werdenden Grautönen. Die Oberfläche der umlaufenden Rahmenprofile ist PUR-Beschichtung in unterschiedlichen Grüntönen. Dazwischen kontrastieren orangene Fassadenschwerter. Die Einrichtung besteht aus einer 210 Zentimeter hohen Rollregalanlage mit Reibradantrieb. Die jeweils sieben Fachböden sind für genormte Faltschachteln ausgelegt. Insgesamt können somit in 30 Regalkilometern mehr als 20 laufende Kilometer Archivalien gelagert werden. Als Sonderausstattung gibt es im 2. Obergeschoss Regalblöcke mit Planschränken.
Das Bauvorhaben übertrifft die Anforderungen der Energieeinsparverordnung (EnEV 2009) um ganze 64 Prozent und liegt in der Summe der Kennwerte nahe am Passivhausstandard. Der spezifische Jahres-Primärenergiebedarf (Qp) des Neubaus beträgt nur rund 29 kWh/m². Die nach EnEV vorgegebenen Höchstwerte der mittleren Wärmedurchgangskoeffizienten werden ebenfalls um mehr als 60 Prozent unterschritten. Für opake Außenbauteile beträgt der U-Wert 0,18W/(m²K).
Die kompakte Bauform des Erweiterungsbaus stellt mit dem günstigen A/V-Verhältnis von 0,26, sowohl von den Baukosten als auch im Betrieb eine wirtschaftliche Lösung dar.
Auf der Pultdachfläche des Technikraums und dem besonnten Teil des Flachdachs wurde eine Photovoltaikanlage mit einer Fläche von 168 Quadratmetern und einer Leistung von rund 25kWp installiert. Gemäß Nutzervorgabe soll ein Raumklima mit einer Temperatur von 18°C (+/-2°C) sowie einer relativen Luftfeuchtigkeit von 50 Prozent (+/-5 Prozent) als Normwert herrschen. Im Winter werden Temperaturen von 12 bis 14°C noch toleriert.
Die Wärmeversorgung erfolgt über einen bestehenden Verteiler im Bestandgebäude, welches an die Fernwärmeversorgung der Stadt angeschlossen ist. Die Wärme wird in den Magazinen über umlaufende Rohre im Sockelbereich gleichmäßig verteilt. Zur Einhaltung der Klimawerte wurde eine Teilklimaanlage mit den Funktionen Heizen, Kühlen, Befeuchten und Entfeuchten eingebaut. Der Luftwechsel wird mit dem rund 1,5-fachen pro Stunde so gering wie möglich gehalten. Die Anpassung der Luftmenge erfolgt bedarfsgerecht mittels Frequenzumformer. Die Luft wird über Lüftungskanäle in den Steigschächten zu den einzelnen Geschossen geführt, auf einer Raumseite möglichst turbolenzarm in den Raum und auf der gegenüberliegenden Seite abgesaugt. Im Brandfall verfügt das Gebäude über eine maschinelle Entrauchung. Anfallender Rauch wird mit einem zehnfachen Luftwechsel pro Stunde über einen speziellen Rauchgasventilator über das Dach abgeführt. Die Nachströmung von Frischluft erfolgt über Lamellenfenster in der Fassade.
Die Gesamtbaukosten blieben unter den genehmigten Kosten von 8,1 Millionen Euro. Die Bauzeit betrug von Beginn der Tiefgründung bis zur Einweihung 32 Monate.  (BSZ) (Blick in einen Archivraum und die "Fuge" zwischen dem Neu- und Bestandsbau - Fotos: Staatliches Bauamt Augsburg)

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