Bauen

Ralf Wulf, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau. (Foto: B. Gleixner)

18.07.2017

"Zu nichts verpflichtet"

Kammer-Kolumne: Ralf Wulf, Vorstandsmitglied der Bayerischen Ingenieurekammer-Bau, über „Chancenbörse – neue Initiative zur Fachkräftegewinnung“

Egal, ob Bauunternehmen, Ingenieurbüro oder öffentliche Bauverwaltung, uns alle eint die Sorge, nicht genügend Nachwuchs an qualifizierten Ingenieuren und Technikern zu finden. Jeder, der derzeit versucht, offene Stellen zu besetzten hat, merkt, dass sich die Arbeitsmarktsituation im Baubereich in den letzten Jahren massiv verändert hat. Stellenanzeigen, auf die es früher Hunderte von Bewerbungen gab, finden fast keine Resonanz mehr, Headhunter rufen in Büros an und versuchen Mitarbeiter unter einem Vorwand ans Telefon zu bekommen, um sie direkt abzuwerben.
Bereits aktuell können die deutschen Hochschulen nicht genug nachrückende Ingenieure hervorbringen. Wenn man dazu noch bedenkt, dass von den rund 1,66 Millionen Ingenieuren in Deutschland aktuell 35 Prozent über 50 Jahre alt sind, weiß man, dass dringender Handlungsbedarf besteht. Unsere Volkswirtschaft boomt, ist dabei aber auch auf eine funktionierende Infrastruktur sowie zeitgemäße Arbeits- und Bürogebäude angewiesen. Die vollen Auftragsbücher der Baufirmen zeigen, dass derzeit die erforderlichen Finanzmittel zur Verfügung gestellt werden, um dies zu leisten. Wir brauchen aber auch die personellen Ressourcen, um all die Projekte weiterhin in der erforderlichen Qualität realisieren zu können. Die anziehenden Preise im Baubereich könnten helfen, unsere Branche wirtschaftlich interessanter zu machen. Dies allein wird aber nicht ausreichen, um bei der nachfolgenden Generation ausreichend für Nachwuchs zu werben. Die Bayerische Ingenieurekammer-Bau engagiert sich deshalb schon seit Jahren in allen Bildungsbereichen, um Interesse für unsere Berufe zu wecken. Da wir dies aber nur in Bayern tun und nicht abschätzbar ist, ob dies rechtzeitig zu ausreichendem Erfolg führt, erlaube ich mir gerade auch im Hinblick auf die breit gefächerte „Flüchtlingsdiskussion“ der letzten Monate hier noch einen anderen Gedanken mit einzubringen.

Jeder siebte Ingenieur
ist zugewandert


Derzeit ist bereits jeder siebte Ingenieur zugewandert. Die oben geschilderte Situation, dass wir in Deutschland unseren Bedarf an Ingenieuren derzeit nicht selbst decken können, hat sicher dazu beigetragen, dass die Anzahl an Anerkennungsverfahren im Baubereich steigt. Gerade für die Wirtschaft ist dies ein positives Signal, denn anerkannte Fachkräfte mit ausländischem Abschluss können die Unternehmen bereichern.
Die Anerkennung kann somit auch ein Instrument zur Sicherung des Fachkräftebedarfs werden. Durch sie kann bestätigt werden, dass die Bildung im Ausbildungsstaat der unseren gleichwertig ist. Um die vielfach bestehenden Unsicherheiten bezüglich der Integration von Ausländern abzubauen, sind verschiedene Kernfragen wichtig:
– Passt die Person zum Unternehmen?    – Gibt es noch eine Sprachbarriere, wie groß ist diese?
– Welche Fachkenntnisse sind vorhanden, welche nicht?
– Ist der Aufwand für die Einarbeitung wirklich höher als bei einem deutschen Studienabgänger, gegebenenfalls wie viel höher?
– Sind nur EU-staatliche Abschlüsse hochwertig? Um solche Fragen zu klären, gibt es mittlerweile verschiedene Möglichkeiten, sich einander anzunähern. Dazu gehört ein Praktikum, das von der Bundesagentur für Arbeit unterstützt werden kann. Es gibt aber auch ganz neue Wege. Für Bayern bietet die Bayerische Ingenieurekammer-Bau zusammen mit Tür an Tür Augsburg und der Servicestelle zur Erschließung ausländischer Qualifikationen der Stadt München ab Mitte September eine neue Initiative, die Chancenbörse, an. Arbeitgeber können hier Ingenieure und Architekten mit besten Qualifikationen kennenlernen, die das Anerkennungsverfahren bereits positiv durchlaufen haben. Mit der Unterstützung der drei Netzwerkpartner werden die notwendigen, auch formalen Rahmenbedingungen geschaffen, um sich in einem achtwöchigen Probearbeitsverhältnis gegenseitig kennenzulernen und so offene Fragen selbst beantworten zu können. Eine Chance, bei der sie positiv überrascht werden könnten, die sie aber zu nichts verpflichtet.

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