Beruf & Karriere

Die Preisverleihung des Ausbildungs-Ass in Berlin unter der Schirmherrschaft von Wirtschaftsministerin Brigitte Zypries (SPD). (Foto: Jens Schicke)

19.01.2018

"Die eigene Fachkräfteausbildung hat enorme Vorteile"

Familienunternehmer Thomas Kappenberger über den Gewinn des Ausbildungs-Ass und darüber, wie das Handwerk wieder attraktiver wird

Um dem Fachkräftemangel zu begegnen, hat das Elektrounternehmen Kappenberger + Braun (K+B) mit Sitz in Cham ein eigenes Ausbildungszentrum geschaffen. Zur Wissensvermittlung werden dort digitale Technologien und ein Feedback-System genutzt. Dafür erhielt Chef Thomas Kappenberger das Ausbildungs-Ass in Bronze der jungen deutschen Wirtschaft. BSZ: Herr Kappenberger, hat Sie die Auszeichnung überrascht oder musste Ihr Konzept einfach überzeugen?
Thomas Kappenberger: Es hat uns vor allem gefreut, dass wir die Auszeichnung bekommen haben. Dies ist eine besondere Anerkennung für uns. Wir sehen uns darin bestärkt uns, weiterhin ein solch großes Augenmerk auf die Ausbildung und deren Qualität zu legen. Das tun wir bereits seit der Firmengründung im Jahr 1960. K+B hat seitdem über 1250 Lehrlinge ausgebildet und derzeit absolvieren über 100 Auszubildende ihre Ausbildung in unserem Unternehmen.

BSZ: Was macht die Ausbildung bei Ihnen so besonders?
Kappenberger: Auch wir werden mit dem derzeit herrschenden Fachkräftemangel konfrontiert. Deshalb ist es wichtig, den Handwerksberuf für junge Leute so attraktiv wie möglich zu gestalten. Wir haben 2016 das modernste Ausbildungszentrum Ostbayerns fertiggestellt. Dazu zählt auch eine eigene Lehrwerkstatt. Hier haben wir die Möglichkeit geschaffen, das essentielle Fachwissen aus Theorie und Praxis auf höchstem Niveau zu vermitteln. Dazu nutzen wir auch innovative Medien und Technologien. Betriebseigene Schulungen, Vorbereitungskurse zu den Zwischen- und Abschlussprüfungen sowie die Ergänzung des Ausbildungsspektrums durch externe Kurse haben K+B über die Jahre zu einem angesehenen Ausbildungsbetrieb in der Region gemacht.

BSZ: Wie dramatisch ist der Fachkräftemangel bei Ihnen und in Ihrer Branche?
Kappenberger: Der Fachkräftemangel wird auch im Handwerk zu einer wachsenden Herausforderung. Im Zuge des demografischen Wandels werden sich die Engpässe voraussichtlich noch verschärfen. Wir sehen die Aus- und Weiterbildung der Fachkräfte aus den eigenen Reihen als eine sehr wichtige und unumgängliche Maßnahme, um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken. K+B ist sich auch bewusst, dass auch außerbetrieblich in die Nachwuchskräfte investiert werden muss, um die Attraktivität und das Interesse am Handwerk und dessen Berufe bei den jungen Leuten anzuregen und zu steigern. Wir sind aufgrund dessen Mitglied im Sponsorenkreis des gemeinnützigen Vereins „Technik für Kinder“ und Förderer der MINT-Region Landkreis Cham.

BSZ: War das der Auslöser für die innovative Ausbildungsförderung?
Kappenberger: Nein, nicht direkt. Der Fachkräftemangel macht eine innovative Ausbildungsförderung natürlich umso wichtiger, es ist aber schon immer Teil unserer Firmenphilosophie. Der Leitsatz des K+B Firmengründers Josef Kappenberger ist stets „Stillstand ist Rückschritt“ gewesen. Das ist im Unternehmen fest verankert und wird auch von der nächsten Generation so fortgeführt. Kindern und Jugendlichen jeglichen Alters, Religion und Herkunft möchten wir eine Perspektive geben. Das war in Vergangenheit bereits so und deshalb werden wir auch weiterhin daran festhalten. Der Fachkräftemangel ist nur der Auslöser dafür, dass wir im Bereich der betrieblichen Ausbildung stets nicht nur neue Wege gehen wollen, sondern auch müssen.

BSZ: Ist es dadurch jetzt leichter, qualifiziertes Personal zu rekrutieren?
Kappenberger: Die eigene Ausbildung von Fachkräften hat enorme Vorteile. Denn gerade kleine und mittelständische Unternehmen sind auf die Fähigkeiten und Erfahrungen ihrer Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen angewiesen.Unsere Auszubildenden sind unsere Fachkräfte von morgen und damit die Zukunft unseres Unternehmens. Sie entsprechen am besten unseren betrieblichen Anforderungen, die auf dem Arbeitsmarkt so nicht zu finden sind. Fachkräftemangel, Vollbeschäftigung und demographischer Wandel sind alles Faktoren, welche die Personalrekrutierung vor allem in der Zukunft nicht leichter machen werden.

BSZ: Arbeiten bei Ihnen auch Menschen mit Migrationshintergrund?
Kappenberger: Bereits kurz vor dem Fall der Mauer im Jahr 1989 ist K+B den Weg als Unternehmen in die damalige Tschechoslowakei gegangen. Nach der Grenzöffnung hat es nicht lange gedauert, bis wir auch in Deutschland die ersten tschechischen Mitarbeiter hatten und bald auch unseren ersten Auszubildenden. Heute sind Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen mit den unterschiedlichsten Migrationshintergründen bei uns fest verankert, auch in der Ausbildung.

BSZ: Welche beruflichen Perspektiven und Karrieremöglichkeiten bestehen für die Auszubildenden?
Kappenberger: Neben einem sicheren Arbeitsvertrag nach der Ausbildung – unter Voraussetzung der bestandenen Abschlussprüfung – werden auch die besonders guten Leistungen der Lehrlinge mit Zusatzvergütungen honoriert. Die Auszubildenden können ihr übertarifliches Lehrlingsgehalt um bis zu 30 Prozent aufstocken. Den Karrieremöglichkeiten sind nach oben hin keine Grenzen gesetzt. Ein Beispiel: Ein Elektroniker-Azubi wird bereits während seiner Ausbildungszeit die Leitung einer kleinen Baustelle übertragen, sofern seine Leistungen entsprechend sind. Es ist dann keine Seltenheit, sich vom guten Facharbeiter, zum Bauleiter bis hin zum Projektleiter beruflich weiterzuentwickeln.

BSZ: Wie versuchen Sie sonst noch, Auszubildende und Mitarbeiter zu motivieren und langfristig zu binden?
Kappenberger: Zu unseren Benefits als Arbeitgeber zählt eine betriebliche Altersversorge, bezahlte Arbeitsbekleidung und Ausbildungsmaterialien, diverse Mitarbeiter-Events und ein breites Spektrum an Schulungsmaßnahmen. Für unsere Auszubildenden habe ich sehr viele Vorzüge bereits genannt, beispielsweise die Aufstockung des übertariflichen Lehrlingsgehalts. Hinzu kommt noch, dass sie selbstverständlich auch nach der Grundausbildung bei Fort- und Weiterbildungsmaßnahmen wie beispielsweise dem Techniker, Meister oder Programmierer, von K+B unterstützt werden. Unseren Auszubildenden werden auch Optionen für ein Praktikum im Ausland geboten. Dieses Jahr hat im Rahmen des EU-Aktionsprogramms Erasmus+ ein Auszubildender ein vierwöchiges Auslandspraktikum in Finnland absolviert.

BSZ: Was machen Sie mit dem Preisgeld des Ausbildungs-Ass?
Kappenberger: Das Preisgeld in Höhe von 1000 Euro ist natürlich zu 100 Prozent unseren Auszubildenden zugutegekommen. Hier sind neue Schulungsmaterialien für die Lehrwerkstatt gekauft worden. (Interview: David Lohmann)
Bild: Thomas Kappenberger ist seit 2006 Geschäftsführer von K+B, eine der größten Elektrofirmen Bayerns. (Foto: Jens Schicke)

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