Beruf & Karriere

Bei der Pomodoro-Technik teilt man seine Arbeit mit einem Kurzzeitwecker in 25-Minuten-Abschnitte. (Foto: dpa)

29.03.2018

"Mehr Zeit durch die Pomodoro-Technik"

Businesscoach Wilfried Mende über sinnvolle Berufsziele, effizientes Arbeiten und die besten Tricks gegen Ablenkung

Der Münchner Wilfried Mende schult Unternehmen und Hochschulen in den Bereichen Intuition, Entscheidung und Engpassmanagement. Im BSZ-Interview verrät er, wie sich das Gehirn austricksen lässt, um viel schneller das berufliche Ziel zu erreichen.
BSZ: Herr Mende, wie setze ich mir ein passendes Ziel?
Wilfried Mende: Ich habe die Erfahrung gemacht, dass die klassische Zielsetzung häufig sehr rational geprägt ist. Ziele müssen aber nicht nur sachlich „richtig“ und logisch sein, sondern sie müssen auch zu mir passen: So wie der Löwe unglücklich wird, wenn er Gras zu fressen bekommt, ist auch nicht jedes „vernünftige“ Ziel das Passende für mich. Wenn ich bemerke, dass ich ein Vorhaben nicht umsetzen kann und immer wieder einen Widerstand spüre, muss ich mich also fragen: Was ist das für ein Widerstand? Ist das Ziel noch das richtige für mich? Blockaden können mir etwas sagen, aber dazu muss ich genau hinhören. Das ist der intuitive Teil. Natürlich kann man sich auch entscheiden, gegen den Widerstand zu arbeiten. Allerdings ist die Willenskraft begrenzt. Und genauso kostet jede Entscheidung Willenskraft: Ex-US-Präsident Obama wurde zum Beispiel jede Entscheidung abgenommen, die er nicht unbedingt selbst treffen musste: Welche Socken er trägt, was es zu essen gibt. Damit ihm genug Kraft für die wichtigen Entscheidungen blieb.

BSZ: Müssen die Ziele nicht mit den Vorgesetzten abgestimmt werden?
Mende: Ja, sicher. Auf Basis der Anforderungen an den Mitarbeiter und der Zielvorstellungen des Mitarbeiters einigen sich beide, welche die richtigen Ziele für den Mitarbeiter sind. Aber auch hier gilt: Die Ziele müssen für beide passen. Wenn die Ziele nicht richtig gewählt werden und die Voraussetzungen nicht stimmen, dann wird die Umsetzung schwierig.

BSZ: Wie kann ich prüfen, ob meine Ziele realistisch und erreichbar sind?
Mende: Es ist hilfreich, einen konkreten Plan zu machen: Wie könnte es gehen? Aus dem Riesenschritt zum Ziel lieber viele kleine Ziele machen, wie eine Treppe mit vielen Stufen. Dies wird auch als „Wieplanung“ bezeichnet. Papier ist geduldig: Wenn ich es nicht hinkriege, meinen Plan aufzuschreiben, wird es für anspruchsvolle Vorhaben schwierig. Wenn ich keine Motivation habe, mein Ziel zu planen, könnte es nicht oder nicht mehr das richtige Ziel sein. Dann ist es ratsam, mit dem Vorgesetzten zu sprechen und das Ziel gegebenenfalls neu zu justieren. Ist es aber so, dass ich das vorgegebene Ziel erreichen muss, kann ich versuchen, Anreize zu schaffen und die Priorität des Ziels auf diese Weise zu erhöhen. Ich kann mir zum Beispiel positiv vorstellen, wie es sich anfühlt, mein Ziel erreicht zu haben. Es kann auch helfen, sich einen Partner zu suchen, mit dem man das Ziel gemeinsam angeht. Ebenso wie eine Belohnung kann auch eine Art Strafe helfen: Das erhöht das Gefühl, dass es sich lohnt, für ein Ziel zu kämpfen. Oder ich kann mir selber Druck machen, indem ich eine Verpflichtung eingehe.

"Nicht jedes 'vernünftige' Ziel ist auch das richtige"

BSZ: Häufig fällt der Begriff des „smarten“ Ziels. Was ist damit gemeint?
Mende: Ich persönlich verwende diese Bezeichnung nicht so gerne, denn das Akronym „SMART“ steht für sehr rationale Dinge und ist damit aus meiner Sicht nicht umfassend genug. Gemeint ist damit: Das Ziel sollte spezifisch, messbar, „achievable“ – also erreichbar, realistisch und terminiert sein. Wir Menschen ticken aber nicht nur rational. Die für Entscheidungen zuständige Region unseres Gehirns ist schon uralt. Sie funktioniert nach dem Prinzip „Der stärkste Reiz gewinnt“. Das hat sich evolutionär so entwickelt. Wenn sich verschiedene Reize direkt vor meiner Nase befinden, entscheidet das Gehirn, welchem Reiz es nachgibt. Je weiter ein Ziel von mir entfernt ist, wenn es also beispielsweise in der Zukunft liegt, desto weniger wichtig wird es und desto schwächer wird der Anreiz, es zu erfüllen.

BSZ: Haben Sie Tipps, wie ich im Arbeitsleben zielgerichtet arbeiten kann, auch wenn ich viele Aufgaben im Tagesgeschäft zu erledigen habe?
Mende: Ein wichtiger Faktor ist die Umgebung: Untersuchungen haben ergeben, dass ich konzentrierter arbeite, wenn auch alle anderen in meinem Umfeld viel arbeiten und konzentriert sind. Es gibt viele Tools, die man nutzen kann, um sich immer wieder an seine Ziele zu erinnern, etwa ein Zeitplanbuch oder eine Tagesplanung. Auch Gewohnheiten machen es leichter, eine bestimmte Sache anzugehen: Irgendwann fällt es mir leicht, zum Sport zu gehen, weil ich das immer an einem bestimmten Tag zu einer bestimmten Uhrzeit mache. Eine stille Stunde kann dabei unterstützen, sich für eine bestimmte Zeit abzuschotten und in diesem Zeitraum nur an einem bestimmten Ziel zu arbeiten. Dringende Aufgaben verdrängen ja häufig die wichtigen Ziele, die man sich gesetzt hat. Die Methode „Pomodoro“ ist beispielsweise gut geeignet: Sie gibt einen Rhythmus vor, in dem man jeweils 25 Minuten arbeitet, dann Pause macht und wieder 25 Minuten am Stück arbeitet. Ablenkung sollte man möglichst vermeiden, wenn man konzentriert an einer Sache arbeiten möchte. Das Handy auf dem Tisch lenkt schon allein dadurch ab, dass es da ist. Ähnlich ist es auch mit eingehenden E-Mails, die sich mit einem Geräusch oder einem Pop-up-Fenster bemerkbar machen.

BSZ: Was kann ich tun, um meine Ziele langfristig vor Augen zu behalten?
Mende: Eine Möglichkeit wäre die Gewohnheit, meine Ziele jede Woche durchzugehen, mir feste Termine im Kalender für die Zielarbeit einzutragen (z.B. Woche oder Monat), eine Verpflichtung mit anderen zur Zielerreichung einzugehen oder in Form einer Mastermind-Gruppe gemeinsam an den Zielen zu arbeiten. (Interview: Katharine Linges)

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