Freizeit und Reise

Blick vom "Lefay" auf die herrliche Landschaft. (Foto: Angelika Irgens-Defregger)

03.04.2017

Der Charme verwilderter Limonaie

Auf der okzidentalen Seite des Gardasee in Gargnano

Was wäre der Gardasee ohne seine Bewunderer? „…schön wie das Paradies, wie die erste Schöpfung“, so urteilte noch in Zeiten des beschwerlichen Reisens der englische Autor D.H. Lawrence über den Gardasee. Im September 1912 war er zu Fuß über die Alpen nach Italien gekommen und blieb hier haften. Freilich nicht allein. Seine Begleiterin und Geliebte Frieda Weekly, mit der er sich in dem netten kleinen Fischerdorf Gargnano auf der lombardischen Seite des Gardasees gleich ein halbes Jahr vergnügte, mag dazu beigetragen haben, dass er in Euphorie schwelgte und mitunter in sein Reisetagebuch notierte: „Der Gardasee war so lieblich unter dem sonnigen Himmel – man konnte das nicht ertragen.“ Im Kloster von San Francesco aus dem 13. Jahrhundert machte der Literat eine überraschende bauplastische Entdeckung: steinerne Zitronen, Abbilder jener saftig-sauren Früchte, die hier bereits im 18. Jahrhundert in terrassierten, langgezogenen, im Winter geschlossenen Treibhäusern prachtvoll gedeihten. Es war die Idee des ortsansässigen Grafen Carlo Bettoni-Cazzago, der in mit Holzfeuer beheizbaren Gewächshäusern Zitronenbäume zum Blühen bringen wollte. Seine Erfindung wärmespeichernder Steinwände in Kombination mit Holz- oder Glasabdeckungen als Schutz für die kälteempfindlichen Gewächse, der sogenannten Limonaia, machte am nördlichen Gardasee schnell Schule.
In den stürmischen Zeiten, als Benito Mussolini mitsamt seinen neuen sozialrepublikanischen Ministerien dem ruhigen Ort mit geringem Partisanen-Aufkommen den Stempel des faschistischen Italiens aufprägte (er residierte in der gleichnamigen Villa des Papierfabrikanten Feltrinelli, heute ein Luxushotel, das nur besonders zahlungskräftigen Gästen vorbehalten ist), war hier der Zitronenanbau längst passé. Die Ernte der gelben Frucht in großem Maßstab hatte sich in südlichere Regionen verlagert. Ein weiterer Grund für den Niedergang der weltweit einzigen so nördlich gelegenen Zitrusfruchtkultur war die Entdeckung der chemischen Synthese von Zitronensäure. In seinem Buch Italienische Dämmerung schreibt Lawrence: „An den Hängen steil überm See leuchten den ganzen Sommer über die Reihen nackter Pfeiler aus dem grünen Laubwerk wie Tempelreste. Weiße, vierkantige Mauerpfeiler, verloren in ihren rechtwinkligen Kolonnaden, verstreut über die Hänge wie die letzten Spuren einer großen Rasse, eines vergessenen Kults. Und auch im Winter sind einige von ihnen zu sehen – weit ab an einsamen Stellen, ausgesetzt der prallen Sonne, graue Säulenreihen, die aus zerbrochenen Mauern aufsteigen, eine hinter der andern, vergessen und nackt unterm Himmel.“ Der besondere Baustil der Zitronenplantagen prägt noch heute die Kulturlandschaft im Norden des Gardasees. Er inspirierte den Südtiroler Hotelplaner Hugo Demetz zum Bau des „Lefay Resort&Spa Lago di Garda“, das sich im Besitz der Familie Alcide Leali befindet, dem Stahlunternehmer und Gründer der Fluglinie „Airdolomiti“. 400 Meter über dem Gardasee thront die Anlage aus dem Segment der Fünfsterne-Luxus-Hotels. 60 000 Kubikmeter Erdmasse wurden bewegt, um den weitläufigen Gebäudekomplex mit begrünten Flachdächern optisch behutsam in die unbebaute Berg- und Almlandschaft zu betten. Naturmaterialien wie Oliven- und Nussbaumholz sowie roter Veroneser Marmor sorgen für behagliche Atmosphäre in 93 Zimmern in fünf verschiedenen Kategorien. Die kleine Luxusherberge startete 2006 in die erste Planungsphase und öffnete 2008 seine Pforten. Nicht umsonst wurde das Management bislang mit Preisen auch hinsichtlich seines Bestrebens ausgezeichnet, nachhaltig zu wirtschaften.
Prämiert wurde auch die Wellness- und Wohlfühloase mit drei beheizten Salzwasser-Innen- und Außenpools, darunter das 25 Meter-Infinity-Sportschwimmbad mit atemberaubendem Ausblick, umgeben von einer mediterran mit Oleander- und Olivenbäumen, Lavendel- und Rosmarinbüschen gestalteten Naturlandschaft, die mit aufgestellten Götterstelen aus Asien westliche und östliche Tradition verbindet. Im Inneren der weitläufigen Spa-Landschaft überrascht die spektakuläre Salzgrotte „La Luna nel lago“. Ihre Abgehobenheit hätte vermutlich selbst den bayerischen Märchenkönig Ludwig II. entzückt, dessen Anwesenheit in Gargnano leider nicht belegt ist. (Angelika Irgens-Defregger) (Der Hafen von Gargnano - Foto. Angelika Irgens-Defregger)

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