Freizeit und Reise

Sonnenaufgang über dem Chiemsee. (Foto: Friedrich H. Hettler)

23.10.2017

Kultur, Natur und Geschichte

Unterwegs in der Ferienregion zwischen Chiemsee und Bayerischen Alpen

Zwischen München und Salzburg gelegen, erstreckt sich die Region Chiemsee-Alpenland. Entlang der West- und Ostufer des Inns, an den Gestaden des „Bayerischen Meers“, des Chiemsees, lassen sich zahlreiche Inseln der Ruhe, Einkehr und Gelassenheit finden. Darüber hinaus zählt diese Region auch zu Deutschlands beliebtesten Destinationen für Aktivurlauber, Familien und Kulturliebhaber.
Nach dem Sommertrubel kehrt vor allem an lauen Herbstabenden auf den sonst so lebhaften und vielbesuchten Inseln des Chiemsees Ruhe und Beschaulichkeit ein. Der Besuchermagnet Schloss Herrenchiemsee, auf der Herreninsel, versinkt in sanftem Abendrot und auf der Fraueninsel kommen die Nonnen des Benediktinerinnen-Klosters Frauenwörth zum Gebet zusammen. Der Chiemsee ist mit rund 80 Quadratkilometern der größte bayerische und drittgrößte deutsche See. Berühmt ist er für seine einzigartige Natur, sein sauberes Wasser sowie die beiden Inseln Frauen- und Herrenchiemsee. Um den See herum finden Besucher nicht nur idyllische Landschaften, sondern auch authentisches Brauchtum und Hochkultur. Und jede Menge Platz zum Wandern und Radfahren.
Die ersten Besiedler der beiden Chiemseeinseln waren Nonnen und Mönche und sie gaben ihnen ihre Namen. Schon im 7. Jahrhundert lebten sie auf den Inseln hinter dicken Klostermauern – die Nonnen auf der Frauen-, die Mönche auf der Herreninsel. Die Benediktinerinnen bewohnen das Kloster auf Frauenchiemsee, wie bereits kurz erwähnt, noch heute. Aus dem Augustiner-Chorherrenstift ist indes ein Museum geworden: Neben den Werken der Chiemseemaler gibt es auch die blauen Zimmer, in denen König Ludwig II. zeitweilig gewohnt hat, zu sehen. Außerdem kann der geschichtsträchtige Raum, in dem 1948 die deutsche Verfassung entstanden ist, besichtigt werden. Highlight aber ist der Kaisersaal. Wer von Insel zu Insel schwimmen möchte, braucht für die eineinhalb Kilometer einen langen Atem. Die längste Wasserstrecke des Chiemsees spannt sich von der Fraueninsel bis hinüber zum Ostufer des Chiemsees. Es sind ganze acht Kilometer. Wie gut, dass der Chiemsee aufgrund des 1989 gebauten Ringkanals, als einer der saubersten Seen Deutschlands gilt. In seinem kristallklaren Wasser bleibt man gerne auch länger. So ist er ein beliebtes Revier für Schwimmer, Segler, Surfer, Kajakfahrer, Paddler und Stand-Up-Paddler. Nur Elektroboote sind zur Fortbewegung auf dem See erlaubt, um Mensch und Tier nicht unnötig zu stören. Ausnahmen gibt es für die Fischer und die Wasserwacht – und die großen Schiffe der Chiemsee-Schifffahrt, die das Festland ganzjährig mit den Inseln verbinden.
Der Chiemsee steht unter besonderem Schutz nicht nur der Behörden, sondern auch der Einheimischen selbst. Diesem hartnäckigen Schutz ist es zu verdanken, dass weiteste Bereiche des Ufers frei zugänglich sind. Nicht nur diejenigen, die lauschige Buchten oder familienfreundliche Strandbäder suchen, wissen dies zu schätzen. Auch die Radfahrer, die den Chiemsee mit dem Fahrrad umrunden, genießen den freien Blick auf See und Berge. Rund 60 Kilometer ist die Strecke lang. Am stärksten hat sicherlich König Ludwig II. von Bayern, der Märchenkönig, den Chiemsee geprägt, dessen Verbindung zur Region mit einem Eilbrief begann. Darin stand, die ganze Insel Herrenchiemsee solle abgeholzt werden. Die Bewohner der Region baten den Monarchen um Hilfe, die prompt kam. Ludwig rettete die Insel aus den Fängen eines Holzhändlers. Erst später entdeckte er sie als Standort für sein letztes Prunkschloss – Schloss Herrenchiemsee. Erbauen ließ er es zu Ehren des französischen Sonnenkönigs Ludwig XIV. nach dem Vorbild von Versailles. Legendär ist der Spiegelsaal.
Auf der 230 Hektar großen Herreninsel gibt es weiterhin große Waldungen, in denen Besucher, abseits des Schlosstrubels, in Ruhe spazieren gehen und das Flair, das die Insel ausstrahlt, sowie die unberührten Seiten des Eilands genießen können. Auf einem Rundweg (rund acht Kilometer) kann man die Insel, die in einen Naturpark verwandelt wurde, in etwa zwei Stunden umwandern, vorbei an dichten Waldbeständen, Viehkoppeln und Obstwiesen. Einen besonderen Genuss bieten die herrlichen Aussichten auf die Bergkette der Alpen. Sogar eine eigene Jagd gibt es auf der Herreninsel, wie Gartenmeister Jakob Nein erklärt. Von besonderem Reiz ist die kleine Schwester der Herreninsel, die Fraueninsel, ein malerisches Kleinod ohne Verkehrslärm mitten im Chiemsee. Mit zwölf Hektar ist die Insel die kleinste Gemeinde Oberbayerns und gehört wie die Herreninsel ausschließlich den Fußgängern, die das Eiland in 20 Minuten umrunden können. Fahrräder und Autos gibt es auf der Insel nicht. 250 Menschen leben hier in 50 Häusern, darunter auch sechs von 16 Familien, die immer noch von der Fischerei leben.
Die Insel Frauenchiemsee ist seit Jahrhunderten ein beliebtes Reiseziel von Touristen aus aller Welt. Schon im 8. Jahrhundert wurde die besondere Schönheit des Orts erkannt. Bayernherzog Tassilo III. wählte ihn als Standort für ein Frauenstift. Es ist bis zum heutigen Tag ein aktives Kloster. Die Klosterfrauen bewirtschaften Kloster, Klosterladen, Kräuter- und Blumengarten. Darüber hinaus nutzen sie die Klosterräume für zahlreiche Seminare, so Schwester Hanna.
Nach der Säkularisation 1803 und der vorläufigen Schließung des Klosterbetriebs verarmte die Insel. Nur noch eine handvoll Nonnen bewohnten das Kloster, berichtet Schwester Hanna. Ende der 1820er Jahre wurde die Insel von Münchner Landschaftsmalern als Motiv entdeckt und entwickelte sich danach zu Europas ältester Künstlerkolonie. 1928 sprach Papst Pius XI. die früher auf der Fraueninsel wirkende Äbtissin Irmengard wegen ihrer Frömmigkeit und Fürsorge für die Armen selig. Im Anschluss setzte ein Pilgerstrom auf die Fraueninsel ein. Um die vielen Besucher zu versorgen, begannen die Klosterfrauen mit der Herstellung von Marzipan als „Pilgerbrot“. Heute ist es ein beliebtes Souvenir.
Irmengard, deren Todestag am 16. Juli die Abtei jährlich mit einem Pontifikat begeht, wird bis heute verehrt – vor allem von Paaren mit Kinderwunsch. Davon zeugen unzählige Votivtafeln in der „Irmengard-Kapelle“ im Münster. Das Münster gehört zu den ältesten kirchlichen Großbauten im süddeutschen Raum. Das Fundament und die Grundmauern stammen wohl aus der karolingischen Epoche, erklärt Schwester Hanna. Der übrige Hochbau entstand um das Jahr 1000, der achteckige Glockenturm in der zweiten Hälfte des 11. Jahrhunderts. Die markante, gedrungene Zwiebelhaube erhielt er 1573. Besonders sehenswert sind das Portal mit der abgetretenen Türschwelle, der Friedhof mit den Gräbern der Künstler und die Torhalle, ein karolingisches Gebäude aus dem 8. Jahrhundert, das auch dem Bayernherzog Tassilo zugeschrieben wird. Es ist bis heute im Originalzustand und beherbergt ein Museum. Sehenswert ist auch die viele Hunderte Jahre alte „Tassilo-Linde“ auf dem höchsten Punkt der Insel.
Im Norden des Landkreises Rosenheim liegt die rund 13 000 Einwohner zählende Stadt Wasserburg. Die alte Handelsstadt überrascht mit seiner einzigartigen Lage, denn sie liegt zu sieben Achtel vom Wasser des Inns umgeben auf einer Halbinsel an der ehemaligen Salzhandelsstraße. Der mächtige Alpenstrom und das gegenüberliegende Steilufer umarmen die mittelalterliche Altstadt und sorgen für ein einzigartiges, beeindruckendes Panorama. In der Altstadt mit ihren mittelalterlich geprägten, bunten gotischen Häusern pulsiert das Leben, die Straßencafés sind voll, Einheimische und Besucher flanieren unter den malerischen Arkaden oder entdecken zauberhafte Innenhöfe. Werden Gäste und Bewohner Wasserburgs gefragt, was sie an der Stadt schätzen, hört man immer wieder die Attribute südländisch, weltoffen, quirlig, kulturbegeistert, sportlich, historisch, lebenslustig und wunderschön. Einfach ein liebenswerter Flecken Erde, der mediterranes Lebensgefühl vermittelt. Die eingangs erwähnte Einkehr und Besinnung findet der Besucher auch in der Einsiedelei Kirchwald. Sie gehört zur Gemeinde Nußdorf am Inn, deren 28 Ortsteile sich an das Ostufer des Inns schmiegen. Hier hat der Einsiedler, Bruder Clemens, 2013 seine „Insel der Gelassenheit“ gefunden. Der Weg zu dem Benediktiner-Frater führt zum Teil steil bergauf und ist begleitet von den Stationen eines Kreuzwegs. Die zertifizierte Bergwanderführerin und Yogalehrerin Christine Heiß bietet hier ihre „Wanderungen mit Mehrwert“ an, inklusive Yoga-Übungen am Wegesrand.
Die Wallfahrtskirche Mariä Heimsuchung in Kirchwald befindet sich oberhalb von Nußdorf unterhalb des Heubergs. Der Ort heißt Kirchwald, weil Bewohner aus verstreut liegenden Ortsteilen durch diesen Bergwald gehen mussten, um am Sonntag den Gottesdienst in Nußdorf zu besuchen.
Der Pilger Michael Schöpfl ließ sich 1643 auf der Heimreise von Rom im Kirchwald nieder, wo er eine Quelle fand, die mittlerweile jedoch nur noch spärlich fließt, erzählt Bruder Clemens. In einer Überlieferung heißt es: „Das Wasser ist so heilsam geworden, dass sich die Kranken das Wasser weit und breit zutragen ließen und dass sie davon bald Linderung ihrer Schmerzen und zuweilen gar die völlig Gesundheit erhielten.“ Die weitere Entwicklung ist einem Nußdorfer Wirtssohn zu verdanken: Pater Casimir Weiß. Er ließ 1720 die Kirche und die Klause erbauen, berichtet der Benediktinermönch. Den einheitlich gestalteten Spätbarockbau errichtete Wolfgang Dientzenhofer, die heutige Innenausstattung entstand 1756 mit drei Altären und einer Kanzel im Rokokostil. In der Mitte des Hochaltars ist das Gnadenbild – eine byzantinische Ikone – in einen prachtvollen Strahlenkranz eingearbeitet. Viele Gebetserhörungen sind in historischen und auch zeitgenössischen Votivtafeln dokumentiert. Neben der Kirche steht eine Einsiedelei, die nun nach einigen Jahren Pause wieder bewohnt ist. Bruder Clemens betreut Kirche und Wallfahrer. Er hat sich auf das Wachsziehen spezialisiert. Bedeutung hatte die Einsiedelei in früheren Jahrhunderten als Schule für Nußdorf. Die Kinder mussten über viele Jahre den steilen Weg in die Klause zum Unterricht antreten. Die „Goldenen Samstage“ im Oktober zu Ehren Marias werden dort seit langem gefeiert.
Ein Besuch der Urlaubsregion zwischen Chiemsee und Bayerischen Alpen lohnt sich allemal, bietet die Destination doch Angebote sowohl für Aktivurlauber, Gesundheits- und Wellnessreisende als auch für Familien, Kulturliebhaber, Erholungssuchende und Genießer. (Friedrich H. Hettler) - Zusätzliche Informationen unter www.chiemsee-alpenland.de
(Blick auf die Fraueninsel mit dem Kloster. Das Kirchenportal mit der abgetretenen Türschwelle und das Taufbecken im Münster. Die Torhalle, ein karolingisches Gebäude aus dem 8. Jahrhundert, das dem Bayernherzog Tassilo III. zugeschrieben wird.  Eine Allee auf der Insel Herrenchiemsee und das berühmte Schoss König Ludwigs II. Die Fassade des Wasserburger Rathauses. Der Weg hinauf zur Einsiedelei Kirchwald. Bruder Clemens mit den Schlüsseln für die Wallfahrtskirche und das Gnadenbild - Fotos: Friedrich H. Hettler)
     

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