Freizeit und Reise

Am See Lough Gur fand man Menhire und Steinkreise. (Foto: Mayring)

26.04.2017

Pubs, Castles und Keramikkünstler

In Irlands Südosten kann der Besucher Vergangenheit erfahren

Ein Besuch Irlands wird für den Reisenden tatsächlich zu einem Problem. Denn die grüne Insel besitzt so viele reizvolle Plätze, bunte Städte, Landschaften und besonders freundliche Menschen, sodass die Entscheidung schwer fällt, wohin denn die Reise gehen soll. Da locken die spektakulären Küstenstraßen des Wild Atlantik Way, der Ring of Kerry mit einer erlebnisreichen Mischung von Meer, Küste und grünem Land oder interessiert man sich doch eher für die 6000-jährige Geschichte, die sich vornehmlich im Süden und im Osten des Landes zugetragen hat? Die Entscheidung fällt dieses Mal zugunsten der etwas unbekannteren Grafschaften wie Kilkenny, Tipperary, Waterford und Wexford, da sie eine heitere Mischung von Kultur, viel Geschichte und typischen irischen Landschaften zu bieten haben.
Im Südosten Irlands liegt zum Beispiel Kilkenny, eine bunte und lebendige Stadt. Zugegeben, sie zählt nicht unbedingt zu den verborgenen Orten der Insel, denn hier tut sich allerhand. Vor allem die Touristen haben die Stadt fest im Griff. Und wenn in der Hauptsaison Kilkenny Castle aus dem 12. Jahrhundert seine Tore öffnet, bilden sich Besucherschlangen. Man ist neugierig auf die Geschichte und Geschichten über die Familie Butler, die Jahrhunderte lang ihr Geld mit einer zehn prozentigen Weinsteuer verdiente. Über 500 Jahre blieben sie die Schlossherren und verkauften das historische Gebäude 1967 für den symbolischen Preis von 50 Pfund an den irischen Staat. Zwar beinhalten die repräsentativen Räumlichkeiten kaum mehr wertvolles Mobiliar, denn in einer Auktion wurden die guten Stücke von den Butlers verkauft. Dennoch weht hier ein Hauch von normannischer Machtentfaltung durch die herrschaftlichen, viktorianischen Gemächer wie Kaminzimmer und Bibliothek. Nachdem man in den vielen bunten Lädchen und ausgefallenen Shops entlang der mittelalterlichen Meile genug gestöbert und geschnuppert hat, kann man sich bei Smithwick’s, Irlands ältester Brauerei, einer Tour anschließen oder man macht die Probe aufs Exempel im Pub Kytelers Inn, der aus dem Jahr 1324 stammt und eine buckelnde, schwarze Katze im Wirtshausschild trägt. Am Eingang grüßt zudem eine brozene Hexengestalt mit einem Reisigbesen und sorgt für eine leicht mystische Atmosphäre.
Der Irish Stew und das frisch gezapfte Bier schmecken jedoch richtig gut, trotz der schaurigen Dekoration. Weitaus fröhlicher geht es in den Pubs zu, die über der Brücke des Flusses Nore liegen. Dort hört man abends schon von weitem die live gesungenen Folklorelieder. Am Tresen stehen die Gäste dicht gedrängt, klatschen in die Hände und bewegen sich im Takt. Die Stimmung ist bestens bis zum Schluss, wenn dreimal das Licht ausgeht und „the last order“ ausgerufen wird.
Eigentlich wirkt das stattliche Gebäude an der Bennetsbridge in Kilkenny eher abweisend. Die graue Fassade, fünf Stockwerke hoch, seit 1501 eine Mühle, beherbergt die Nicholas Mosse Pottery. In der wasserangetriebenen Fabrik befinden sich die Keramikwerkstatt, die Schauräume für die handgemachten Teller, Tassen, Kannen und Schüsseln und ganz oben lockt ein feines, kleines Kaffee mit exzellenten, frischen scones, Erdbeermarmelade und clotted cream. Manager David Purcell erklärt das aufwendige Herstellungsprocedere. „Bei 1000 Grad Celsius wird die Keramik zwölf Stunden gebrannt. Eine Füllung im Brennofen kostet rund 10 000 Euro“, sagt er. „In verschiedenen Schritten werden die Teile dann bemalt, glasiert und noch einmal gebrannt. Die Muster und Designs sind zum einen noch aus dem 18. Jahrhundert oder aber von heutigen Künstlern neu entworfen“, so Purcell. In erster Linie werden Blumen, Blüten und Ranken in Blau, Grün rot oder Gelb aufgemalt. Sehr beliebt sind auch Tiermotive. Michael Holdon sitzt etwas abseits in einem eigenen Raum. Seit 1979 gestaltet der 52-jährige Künstler großformatige Platten und Teller mit historischen Jagdszenen und romantischen, irischen Landschaften. Seine Werke sind etwas ganz Besonderes und auch nicht ganz billig. Aber im Verkaufsraum findet jeder was Passendes. Vielleicht einen kleinen Salzstreuer oder ein Schüsselchen, sie sind erschwinglich und ein nettes Souvenir. Um die Relikte der 6000-jährigen Geschichte Irlands besichtigen zu können, muss man schon zwei Stunden mit dem Auto nach Westen fahren, denn dort liegt die Grafschaft Limerick und der dunkle See Lough Gur. 1981 hat man an seinen Ufern ein Zentrum für die Geschichte der Steinzeit eingerichtet und beispielsweise Wohnhäuser aus dem Mittelalter nachgebaut. Denn um den hufeisenförmigen See entdeckte man zahlreiche, archäologische Funde wie Menhire, Steinkreise, neolithische Gefäße und ein Bronzeschild. Außerdem fand man dort den größten, erhaltenen Steinkreis Irlands mit 45 Metern Durchmesser. Er wird verglichen mit Stonenge in England und es heißt, von ihm ginge eine ähnliche Mystik aus. Blickt man über die spiegelglatte Oberfläche des Sees, hinein in die scheinbar unberührte Landschaft, erinnert man sich an all die urgeschichtlichen Ereignisse und ihre Relikte, so wird die Vergangenheit für einen Moment zur Wirklichkeit. Noch dazu, wo auf erhabenem Ort eine normannische Burgruine steht, in die einst Graf von Desmond 1573 zurückkehrte, nachdem er erbittert gegen die englische Krone gekämpft hatte und von Elizabeth I. dafür in den Tower geworfen worden war. Und die Legende besagt, dass jedes Mal zu Weihnachten Licht in der Burg zu sehen ist, sodass man glauben könnte, der Earl sei heimgekehrt. Nicht ganz so lange her, aber dennoch schon Geschichte, ist das Auswandererschiff Dunbrody Famine, das am 14. März 1849 in New Ross auslief, um mindestens lange 45 Tage nach Amerika unterwegs zu sein. Denn eine große Hungersnot zwang die Menschen damals auf die Schiffe, um eine Überlebenschance zu haben. In New Ross liegt ein Nachbau dieser legendären Dunbrody Famine vor Anker und Guides sowie Schauspieler in historischen Kostümen erzählen den Besuchern eindrucksvoll, wie man sich das Leben damals auf dem Dreimaster vorzustellen hatte. In welchen armseligen Holzverschlägen unter Deck die Passagiere wie Ölsardinen aneinander gepfercht waren und mit kaum genügend Essen tagelang im Dunkeln ausharren mussten. Auch der Urgroßvater des späteren US-Presidenten John F. Kennedy kam einst als Auswanderer von New Ross nach New York. In Dunganstown, ganz in der Nähe von New Ross, ist der ehemalige Bauernhof der Homstead-Kennedy-Familie noch erhalten. Ein Museum, das 2013 von Caroline Kennedy eröffnet wurde, erinnert an die Geschichte der berühmten Politikerfamilie und an den Besuch des Presidenten1963 mit seinen irischen Cousinen in Dunganstown.
(Eva-Maria Mayring) (Michael Holdon bemalt die Keramikteller mit historischen Jagdszenen; Nachbau des Auswandererschiffs Dunbrody Famine - Fotos: Mayring)

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