Kommunales

12.08.2011

„Auch mal was Verbotenes tun“

Bundesverkehrsministerium stellt in Würzburg „Regionalstrategie Daseinsvorsorge“ vor

Wie können Jugendzentren und Musikschulen, Altenheime, Arztpraxen, Buslinien und Schulen angesichts sinkender Bevölkerungszahlen auf dem flachen Land gehalten werden? Neue Ideen sind gefragt. Gesucht werden sie vom „Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge“ des Bundesministeriums für Bau, Verkehr und Stadtentwicklung. Im Mai wurde das Programm 90 Kommunalvertretern und Wirtschaftsförderern aus Bayern und Baden-Württemberg in Würzburg präsentiert.
Einrichtungen aus demographisch bedingtem Geldmangel zu schließen, kann äußerst kontraproduktiv sein, sagt Hanno Osenberg, der beim Verkehrsministerium für das Aktionsprogramm verantwortlich ist. Beschließt eine Kommune, die Schule aufzugeben, könne dies bedeuten, dass sich Familien gegen einen Zuzug entscheiden. Damit gingen der Region Fachkräfte verloren: „Weshalb Firmen möglicherweise einen anderen Standort wählen.“ Umgekehrt könne die finanziell riskant erscheinende Eröffnung eines Seniorenheims zum Zuzug von Pflegekräften und ihren Familien führen: „Die Kommune profitiert letztlich durch mehr Einkommenssteuer.“
Dass Bayern weiterhin an der Gleichwertigkeit der Lebens- und Arbeitsbedingungen in seinem Flächenstaat festhalten will, lobte Osenberg: „Andernorts wird davon gesprochen, dass es verlorene Regionen geben wird.“ Das „Aktionsprogramm regionale Daseinsvorsorge“ passe damit gut zum Leitziel, überall im Freistaat Strukturen der Daseinsvorsorge aufrechtzuerhalten. Bayern halte „ohne Wenn und Aber“ an der Gleichwertigkeit der Lebensbedingungen fest, sagt Robert Schreiber, Leiter der Abteilung Landesentwicklung im Bayerischen Wirtschaftsministerium: „Keine Region wird von uns hängengelassen.“ Das Aktionsprogramm will Strategien unterstützen, die mit hoher Wahrscheinlichkeit in konkrete Entscheidungen münden.
Sieben deutschlandweite Modellregionen dienen als Beispiel. So gelang es im Werra-Meißner-Kreis, die Nahversorgung zu verbessern. Zwei Supermarktketten waren laut Landrat Stefan Reuß bereit, mit den Akteuren der dort entwickelten Regionalstrategie zu kooperieren: „Auf diese Weise konnten wir drei kleine Lebensmittelläden aufbauen, ein vierter ist in Planung.“ Die beiden Ketten garantieren Lieferungen zu konkurrenzfähigen Preisen: „Die Produkte sind darum nicht teurer als in den großen Supermärkten.“
Für Pessimismus sorgen vielerorts die engen Handlungsspielräume aufgrund gesetzlicher Vorgaben. Zum Beispiel, was den Erhalt von Schulen betrifft. „Gerade ein Strategieprozess kann ein Ventil sein, um Machtlosigkeit in aller Deutlichkeit zum Ausdruck zu bringen“, heißt es in der Broschüre „Regionalstrategie Daseinsvorsorge“. Regionen werden darin aufgefordert, auch einmal „etwas Verbotenes auszuprobieren“. Wie viel das bringen kann, zeigt die Modellregion Kyffhäuserkreis.
Dort wurde kurzerhand ein „Gemeinsames Lernen bis Klasse 8“ eingeführt. Inzwischen erlaubt die Thüringer Landesregierung das Modell, damit Schulstandorte erhalten bleiben. In den sieben Modellregionen wurde vor allem das Thema Schule bearbeitet. Auf Rang zwei rangierten die Themen „Kinderbetreuung“ und „Pflege“. Nur der Werra-Meißner-Kreis wagte sich bislang an die Aufgabenfelder „Energie“ und „Nahversorgung“. Der Kreis Nordfriesland beschäftigte sich als einziger mit „Wasser“. Das brisante Thema „Brandschutz und Rettung“ wurde bisher nur zweimal aufgegriffen.
Bis 2015 werden weitere acht Projekte gefördert
Die bundesweit bis zu 30 Sieger des Wettbewerbs „Regionale Daseinsvorsorge“ erhalten in den Jahren 2012/13 zwischen 50.000 und 200.000 Euro, um eine Regionalstrategie zu erarbeiten. Vorgestellt werden die Modellregionen im Dezember beim Demographiekongress des Verkehrsministeriums. Für fünf Regionen, die umsetzungsreife Innovationen entwickeln wollen, sind bis 2015 weitere Mittel für insgesamt acht Projekte vorgesehen. Adressaten des Wettbewerbs sind Landkreise, Planungsregionen und interkommunale Kooperationen in ländlichen Räumen. (Pat Christ)

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