Kommunales

Nicht immer wenn aus dem Wald Rauch aufsteigt, ist das gleich ein Waldbrand. (Foto: dpa)

01.07.2015

Bayerische Luftrettungsstaffel - Auf der Suche nach Rauchsäulen

Beobachter sind ehrenamtlich unterwegs und bekommen keinen Cent

Nicht eine Wolke trübt den strahlend blauen Himmel. Die Sonne brennt heiß auf die Gras-Landebahn des Hettstadter Flugplatzes (Landkreis Würzburg). Im Schatten sind fast 30 Grad Celsius. Das Freibad ruft. Doch Michael Schäfenacker und Martin Gerbing zieht es stattdessen in die Luft. In etwa 300 bis 450 Meter Höhe suchen sie nach Rauch. Die beiden Männer aus Unterfranken sind Teil der bayerischen Luftrettungsstaffel. Sie wollen Feuer finden, bevor die Flammen unbemerkt ganze Wälder auffressen und immensen Schaden anrichten.
Die weiß-rote Cessna rollt über die Grasbahn des kleinen Flugplatzes. Die Propellermaschine ist betankt, technisch überprüft und glänzt in der Nachmittagssonne. Nach nur wenigen Metern hebt sie ab, und Pilot Schäfenacker nimmt Kurs auf eine festgelegte Route. In den nächsten zwei Stunden werden er und Luftbeobachter Gerbing mehr als 340 Kilometer über das südliche Unterfranken fliegen. Felder, Städte, Dörfer, die Autobahn, den Main, Gewässer und vor allem dichte Waldgebiete - mit geschulten Augen suchen die beiden Männer das Gebiet unter ihnen ab. "Wir schauen bewusst hin"

"Manche denken, wir schauen einfach nur raus. Aber wir schauen schon sehr bewusst hin", sagt Luftbeobachter Gerbing und markiert auf seinem Mobiltelefon jede auffällige Sichtung. Das muss nicht immer Rauch sein. Auch Verkehrsstau, Unfälle, Überschwemmungen, Schäden nach Stürmen, Ölfilme auf dem Main oder sogar Borkenkäfer-Befall im Spessart würde sich der 41-Jährige notieren.
Die Luftrettungsstaffel (LRS) des Freistaats ist in Deutschland einzigartig. "Katastrophenschutz wird auf Länderebene geregelt und Brandschutz kommunal. Deshalb unterscheiden sich die Konzepte von Bundesland zu Bundesland", sagt Silvia Darmstädter vom Deutschen Feuerwehrverband. Und während beispielsweise im Osten Deutschlands vorrangig auf Kameraüberwachung gesetzt wird, gibt es in Niedersachsen sowohl einen eigenen Feuerwehr-Flugdienst als auch die optischen Sensoren, die von früh bis abends die Gebiete scannen. Bayern setzt bei Waldbrand-Früherkennung komplett auf Freiwilligkeit

In Bayern stützt sich die Früherkennung dagegen komplett auf die Beobachtung aus einem Flugzeug - und auf Freiwilligkeit. Rund 300 Piloten der regionalen Flugsportvereine fliegen ehrenamtlich die Vereinsmaschinen und suchen gemeinsam mit den etwa 350 Luftbeobachtern nach Bränden. Dafür starten sie von 32 Stützpunkten, die über ganz Bayern verteilt sind. Jederzeit einsatzfähig, sind sie seit den 1970er-Jahren fester Bestandteil des Katastrophenschutzes.
"Das ist für uns unentbehrlich", sagt Alfons Weinzierl, Vorsitzender des bayerischen Feuerwehrverbandes. Dank der LRS seien schon unzählige Brände frühzeitig entdeckt worden. "Das ist für uns gerade in dichten Waldgebieten wichtig - nicht nur wegen des Findens, sondern auch, weil die Piloten uns aus der Luft zum Brandherd führen."
Die Piloten bekommen für die von der Regierung angeordneten Rundflüge kein Geld. Nur die Flugstunden stellen die Vereine in Rechung. Eine Flugstunde kostet etwa 180 Euro. "Das System hat sich auch insofern bewährt, als dass es mit Abstand das günstigste ist", sagt Karl Herrmann, Präsident der Luftrettungsstaffel Bayern.
Geld ist Schäfenacker und Gerbing indes gar nicht wichtig. "Ich mache das aus Überzeugung, aus Idealismus", sagt Gerbing, der Netzwerkadministrator beimWürzburger Landratsamt ist und sich vor acht Jahren freiwillig gemeldet hat. So sieht das auch Schäfenacker, der sich zudem über kostenlose Flugstunden freut.
Das System sei aber auch effektiv, sagt Staffelpräsident Herrmann. "Ein Fachmann kann die Informationen mit einem Blick erfassen, auswerten und eine Entscheidung treffen. Das kann ein Computer nicht." Zudem würde alle Piloten auch bei ihren Freizeitflügen Ausschau nach Rauch halten. "Gut ein Drittel der entdeckten Waldbrände haben unsere Piloten in ihrer Freizeit entdeckt".

Nicht jeder Verdachtsfall ist auch wirklich ein Feuer

Schäfenacker entdeckt plötzlich eine kleine Rauchsäule am Waldrand und lenkt sein Flugzeug in die Richtung. Nicht jeder Verdachtsfall ist auch wirklich ein Feuer. "Gerade im Sommer, wenn die Landwirte ihre Felder umpflügen, ist das sehr schwierig. Staub- und Rauchwolken sehen von oben gleich aus", erzählt Gerbing. In den meisten Fällen folgt Entwarnung. Auch dieses Mal. Nur eine Staubwolke aus der Kiesgrube.
Die Piloten fliegen, wenn die Waldbrandgefahr hoch ist, maximal zweimal täglich ihren Kontrollflug - meist in den Nachmittags- und Abendstunden. Eine flächendeckende Früherkennung wäre damit nicht gewährleistet, sagen Kritiker. Das Innenministerium sieht das anders: "Wir setzen auf ausgereifte und gut bewährte Überwachungsmittel", sagt ein Sprecher. Kameras und Drohnen könnten das noch nicht leisten.
2014 waren die Zweier-Teams rund 500 Stunden in der Luft, etwa 350 Einsätze sind sie geflogen. Dabei haben sie im Freistaat mehr als 50 Brände entdeckt, darunter elf Waldbrände.
(Christiane Gläser, dpa)

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