Kommunales

Die Steuerungssoftware wertet direkt die Wetterdaten aus. (Foto: Fritsch)

27.08.2010

Damit der O-Bus bei Kälte nicht schlappmacht

Salzburg testet als erste Stadt Europas eine neue Enteisungstechnik für Oberleitungen

Oberleitungsbusse rollen in Zukunft auch bei eisigen Temperaturen zuverlässig durch die Stadt, anstatt auf der Strecke liegen zu bleiben – dank eines neuen vollautomatischen Heizsystems für Verkehrsoberleitungen. Dieses basiert auf ausgeklügelter Technik und ist besonders energieeffizient. Entwickelt wurde das System – das auch im Sommer Vorteile bietet – von der Fachhochschule St. Pölten in Österreich im Auftrag des kommunalen Versorgungsunternehmens Salzburg AG. Dieses Jahr werden die ersten Module des innovativen Heizsystems in der Stadt Salzburg im laufenden Betrieb getestet. Es ergeben sich hiermit neue Potenziale, die umweltfreundlichen Oberleitungsbusse gegenüber anderen Verkehrsmitteln weltweit konkurrenzfähiger zu machen.

Netze werden ausgebaut

Weder klassischer Bus noch Bahn – sondern eine umweltfreundliche wie flexible Alternative, um Menschen in einer Stadt von A nach B zu bringen: der Oberleitungsbus, der seinen Fahrstrom von elektrischen Oberleitungen bezieht und auch gerne O-Bus oder Trolleybus genannt wird. Dieser zählt keineswegs zu den Auslaufmodellen, sondern ist weltweit derzeit in 50 Ländern und in 339 Städten weltweit unterwegs. Viele Netze werden dabei ausgebaut oder sogar neu erstellt, wie zum Beispiel vor Kurzem in Rom.
Gekoppelt an die weltweite Nachfrage besteht auch der Anspruch, die umweltschonenden Trolleybusse in Zukunft flotter zu machen – sowohl in optischer wie auch in technischer Sicht. Gerade bei der O-Bus-Technik kämpfte man bislang jedoch mit einem Problem: Die Oberleitungen versagen bei strengen winterlichen Temperaturen gern mal den Dienst – die Busse bleiben dann einfach auf der Strecke liegen. Dieses Problems haben sich nun Forscher der Fachhochschule St. Pölten im Auftrag der Salzburg AG angenommen und einen Lösungsansatz gefunden: In Zukunft soll der Stadt Salzburg eine vollautomatisierte Technologie zur Verfügung stehen, die eine energie- und kosteneffiziente Beheizung der Oberleitungen während des winterlichen Fahrbetriebes ermöglicht. Damit macht die neue Technologie die O-Busse fit für alle Jahreszeiten und auch konkurrenzfähiger gegenüber anderen Verkehrsmitteln. Nach Angaben der Erfinder ist das Modell zumindest europaweit einzigartig und kam auch in Deutschland noch nicht zur Anwendung.
„Die effizienteste Möglichkeit, große O-Bus-Netze zu enteisen, geschieht elektrisch durch die Erzeugung eines Kurzschlusses. Dies ist jedoch nur in der Nacht möglich, da der Kurzschluss ansonsten ja die gesamte Busflotte lahm legen würde“, erläutert Projektleiter David Hahn. Zudem brauche diese Methode viel Energie und beanspruche stark die öffentliche Infrastruktur. „Die nun neu entwickelte vollautomatische Technologie beruht auf zwei Kernelementen: Ein Element ist das Heizsystem an sich, das eine Beheizung mit regelbarem Heizstrom während des Fahrbetriebs ermöglicht. Das andere Element ist eine intelligente Steuerungssoftware, die dieses Heizsystem regelt“, so Hahn weiter.

Kaum zusätzliches Personal

Die Steuerungssoftware bildet die Zentrale, die alles managt. Diese wertet aktuelle Wetterdaten wie Außentemperatur und Windgeschwindigkeit aus und kombiniert diese mit Daten über den zu beheizenden Leitungsabschnitt wie zum Beispiel der Leitungslänge. Aus diesen Faktoren errechnet die Software vollautomatisiert die benötigte Heizleistung und -dauer. Die Ergebnisse werden schließlich an das Steuersystem der Heizanlage weitergegeben. Diese beheizt aufgrund der Daten einzelne Leitungsabschnitte, denen eine Vereisung droht, individuell und kontrolliert. Dabei ist das Ausmaß der Erwärmung des Oberleitungs-Kupferdrahtes mit einem Zustand vergleichbar, in dem ein Bus ständig fahren würde. Die Vorteile des innovativen Enteisung-Systems: Es ist untertags nutzbar, energieeffizient und bedarf aufgrund der vollautomatischen Anwendung kaum zusätzlichen Personals oder Service. Zudem bietet es auch einen Vorteil für heiße Sommer, denn den Oberleitungen setzt nicht nur Eis, sondern auch übermäßige Hitze zu und lässt die Fahrdrähte durchhängen. Für solche Fälle bietet die Software ein Frühwarnsystem, um Gefahren zu erkennen.
Die neue Heizungstechnologie für Busoberleitungen besteht aus mehreren Modulen, wovon noch in diesem Jahr die ersten im Einsatz getestet werden, wie Andreas Randacher, Leiter des Elektroservices des Bereichs Verkehr der Salzburg AG, erläutert: „In Salzburg haben wir ein O-Bus-System mit einer Länge von zirka 160 Kilometern. Dieses ist gut akzeptiert, da O-Busse in Bezug auf die Verkehrsemissionen konkurrenzlos sind und vergleichsweise auch sehr leise fahren. Mit dem neuen Heizsystem haben wir zudem nun noch einen technologischen Vorsprung gegenüber anderen O-Bus-Systemen. Die Vorbereitungen laufen bereits auf Hochtouren. Noch heuer werden wir den Testbetrieb auf einer O-Bus-Strecke aufnehmen und für nächstes Jahr ist der Einsatz bereits auf mehreren Strecken geplant.“
Das innovative Verkehrsleitungs-Heizsystem ist für alle größeren Verkehrssysteme optimal einsetzbar und bleibt dabei keineswegs nur auf O-Busse beschränkt. Denn auch bei Zügen, die mit Gleichstrom fahren, könnte dieses System in Zukunft angewendet werden. (Michaela Fritsch)

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