Kommunales

Die zum Teil uralten Buchenbestände sind das besondere ökologische Merkmal des Steigerwalds. (Foto: dpa)

29.05.2015

"Die Agrarlobby im Landtag ist stark"

Der oberfränkische Bezirkstagspräsident Günther Denzler (CSU) rechtfertigt seine Entscheidung, im Steigerwald ein Naturschutzgebiet auszuweisen

Als Günther Denzler im Frühjahr 2014 in seinen letzten Amtstagen als Bamberger Landrat das 800 Hektar große Areal bei Ebrach im Steigerwald zum Naturschutzgebiet erklärte, schäumte die Staatsregierung vor Wut und drohte, das Projekt rückgängig zu machen. Jetzt wurde das Regierungspräsidium von Oberfranken angewiesen, ein Aufhebungsverfahren einzuleiten. Der Bund Naturschutz wiederum kündigte dagegen Widerstand an, Denzler selbst sieht sich juristisch und moralisch weiterhin im Recht.

BSZ Herr Denzler, sind Sie wütend, dass die Staatsregierung Ihr politisches Herzensprojekt nun ausgehebelt hat?
Denzler Das letzte Wort ist in dieser Angelegenheit sicher noch nicht gesprochen. Die Staatsregierung hat nach der eigens vorgenommenen Änderung der Zuständigkeit durch den Landtag nun die Regierung von Oberfranken angewiesen, den Geschützten Landschaftsbestandteil wieder aufzuheben. Dies geht nur in einem förmlichen Verfahren, denn die Untere Naturschutzbehörde im Landratsamt Bamberg hat diese Verordnung nach reichlicher Überlegung erlassen.

BSZ Aber bedeutet die Einleitung eines Aufhebungsverfahrens nicht zwangsläufig das Ende des Naturschutzgebietes?
Denzler Nein, durchaus nicht. Zunächst mal: Die Regierung von Oberfranken muss dieses Aufhebungsverfahren einleiten, ob sie will oder nicht. Anders als gegenüber einem gewählten Landrat ist die Staatsregierung gegenüber einem Regierungspräsidenten weisungsbefugt.

BSZ Es heißt aber aus München, Sie hätten im Frühjahr 2014 rechtswidrig gehandelt und Ihre Kompetenzen überschritten?
Denzler Die Untere Naturschutzbehörde am Landratsamt Bamberg, das von mir geleitet wurde, hat den ganzen Prozess der Ausweisung eng mit der Höheren Naturschutzbehörde bei der Regierung von Oberfranken in Bayreuth und auch mit Mitarbeitern das Umweltministeriums abgestimmt. Nach meiner festen Überzeugung ist die Verordnung rechtmäßig und wird vor Gericht Bestand haben, wenn der Bund Naturschutz wie angekündigt gegen die Rücknahme klagt.

BSZ Was macht Sie da so sicher?
Denzler Das Bundesnaturschutzgesetz erlaubt die Ausweisung von Geschützten Landschaftsbestandteilen und bildet die Rechtsgrundlage der Verordnung „Hoher Buchener Wald“. Darin ist keine bestimmte Größe definiert. Bundesweit wurden mehrere deutlich größere solcher Geschützter Landschaftsbestandteile ausgewiesen, die höchstrichterlichen Überprüfungen Stand gehalten haben.

BSZ Genau deshalb hat sich die Staatsregierung ja durch die Änderung des Naturschutzgesetzes im Landtag eine Hintertür eröffnet: Nämlich dass für Gebiete mit mehr als zehn Hektar Fläche künftig nicht mehr die Landräte zuständig sind, sondern die Regierungspräsidenten.
Denzler Die ganze Auseinandersetzung zeigt, dass die Agrar- und Forstwirtschaft im Landtag eine starke Lobby hat. Und sicherlich beruht die Weisung der Staatsregierung auch darauf, dass mit dem Innenstaatssekretär Gerhard Eck ein ausgewiesener Gegner eines Nationalparks am Kabinettstisch von Ministerpräsident Horst Seehofer sitzt. Nach meiner festen Überzeugung würde ein Nationalpark mehr Vor- als Nachteile mit sich bringen. Es wäre eine vertane Chance für die Region, in der ich aufgewachsen bin, wenn es nicht zu einem Nationalpark käme. Diese touristische Aufwertung könnte der Steigerwald auch wirtschaftlich gut vertragen.

BSZ Was wäre ein vernünftiger, kompromissorientierter Weg?
Denzler Die Erstellung einer Machbarkeitsstudie. Eine solche wurde vor Jahren vom damaligen bayerischen Umweltminister Werner Schnappauf zugesagt und auch die notwendigen Mittel dafür bereitgestellt. In den Folgejahren wurde alles getan, um eine solche Machbarkeitsstudie zu verhindern. Wahrscheinlich auch deswegen, weil man befürchtet, dass eine solche Studie die Sinnhaftigkeit eines Nationalparks bestätigt. Vielleicht haben die Gegner deshalb so viel Angst vor einer Machbarkeitsstudie.
BSZ Sie sind auch enttäuscht von Ihrer Partei, die Sie so attackiert hat?
Denzler Die CSU war früher bekannt dafür, dass sie nicht sagt, was ankommt, sondern, worauf es ankommt. Heute ist es leider so, dass die CSU in Konfliktfällen zu oft das Fähnchen in den Wind des Zeitgeistes hängt.

BSZ Was bedeutet die Entwicklung für die künftige Umweltpolitik im Freistaat?
Denzler Bayern war einmal Vorreiter in Deutschland beim Umweltschutz. Wir waren das erste Bundesland mit einem eigenen Umweltminister und hatten mit dem Bayerischen Wald den ersten Nationalpark in Deutschland. Und wir waren Nummer eins, wenn es um den Schutz des Waldes gegangen ist. Franz Josef Strauß hat damals auf die Frage, warum er trotz des Widerstandes der Kommunalpolitiker für die Erweiterung des Nationalparks Bayerischer Wald ist, geantwortet: „Weil es sich hier um nationale Interessen handelt, deshalb heißt es Nationalpark. Ginge es um kommunale Interessen, würde er Kommunalpark heißen.“
(Interview: André Paul)

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