Kommunales

Aus keinem Land kommen so viele Asylbewerber nach Deutschland wie aus dem Kosovo. (Foto: dpa)

22.05.2015

"Die Kosovaren binden die Ressourcen für die Syrer"

Karl Straub (CSU), Kommunalpolitiker und asylrechtspolitischer Sprecher im Rechtsausschuss des bayerischen Landtags, über die Nöte der Gemeinden bei der Flüchtlingsunterbringung

Karl Straub ist als Politiker doppelt mit Flüchtlingsthemen befasst: für die CSU-Landtagsfraktion als Sprecher für Asylrechtsfragen im Rechtsausschuss und im Landkreis Pfaffenhofen als Kreisrat und CSU-Vorsitzender. Sein Vorschlag, abgelehnten Asylbewerbern Essenspakete statt Bargeld zu gewähren, stieß auf teils wütenden Protest.

BSZ Herr Straub, sind Essenspakete für abgelehnte Asylbewerber, wie von Ihnen gefordert, denn nicht nur der verdeckte Versuch, bei den derzeit rasant steigenden Flüchtlingskosten Geld zu sparen?
Straub Nein, denn ein gesundes, ausgewogenes Essenspaket kommt sogar ein wenig teurer, als nur Bargeld auszuzahlen.

BSZ Was wollen Sie dann damit erreichen?
Straub Wie gesagt, es geht nur um die abgelehnten Asylbewerber – also Menschen, die eigentlich in ihre Heimatländer zurückkehren müssten. Viele tun das aber nicht, sondern bleiben einfach hier. Ich werfe denen das menschlich nicht vor, aber der Asylantrag wurde ja nicht von Politikern abgelehnt, sondern von einem Gericht. Dort müssen wir den Druck erhöhen, damit die Bereitschaft zur Heimkehr steigt, eben durch Essenspakete statt Bargeldzahlungen oder durch eine Reduzierung der Geldbeträge.

BSZ Ihre Kritiker sagen, dass wäre menschenverachtend und populistisch.
Straub Das stimmt nicht – außerdem wenden wir die gleiche Methode doch auch bei Hartz-IV-Empfängern an, die etwa nicht zu Vorstellungsgesprächen gehen oder eine zumutbare angebotene Arbeit ablehnen. Ich bin ja auch offen für andere Vorschläge – es muss aber etwas geschehen.

BSZ Wie muss man sich eine Verweigerung der angeordneten Heimkehr denn vorstellen?
Straub Unter anderem vernichten diese Menschen gezielt ihren Pass, sodass die Rückkehr in ihr Heimatland erschwert wird. Es findet keinerlei Mitwirkung statt.

BSZ Aber das setzt doch Kenntnisse der deutschen Justiz voraus?
Straub Natürlich, und es gibt auch Hinweise, dass sie von Deutschen bei ihren Vorhaben konkret unterstützt werden. Aber die tun diesen Leuten keinen Gefallen. Irgendwann werden die abgelehnten Asylbewerber doch zurückkehren müssen, und dann stehen sie daheim vor dem Nichts – eben weil sie das wenige, dass sie hatten, verkauft haben, um nach Deutschland zu reisen. Die Schlepper haben ihnen versprochen, dass hier Milch und Honig fließen – aber das stimmt ja nicht. Und es kann doch keine Lebensperspektive sein, als Wirtschaftsflüchtling in Deutschland auf die Abschiebung zu warten.

BSZ Von welchen Zahlen sprechen wir eigentlich?
Straub Also bei den Menschen, die beispielsweise vom Westbalkan zu uns kommen, werden 99,3 Prozent abgelehnt. Aber aus dem Kosovo, aus Albanien, aus Serbien, Bosnien und Montenegro kommt ein Großteil der Flüchtlinge. Doch binden diese Menschen Kapazitäten und finanzielle Ressourcen, die wir für die wirklich politisch Verfolgten, beispielsweise aus Syrien, dringend benötigen.

BSZ Als Kommunalpolitiker sind sie ja auch mit der Unterbringung der Flüchtlinge vor Ort befasst – in einem der am dichtesten besiedelten Landkreise Bayerns – wie funktioniert das?
Straub Bei uns in Pfaffenhofen setzen wir konsequent auf die dezentrale Unterbringung, das hat eine Eskalation bisher verhindert. Bis zu 1200 Personen maximal können wir auch noch unterbringen – aber dann ist definitiv Schluss und alles voll.

BSZ Und wenn doch mehr kommen – es schaut derzeit ja danach aus?
Straub Dann wird dem Landrat eben nichts anderes übrig bleiben, als irgendwann auch die Schulen zu belegen. Es gibt einfach keine freien Räumlichkeiten mehr.

"Mehr Wirtschaftsflüchtlinge aufnehmen?
Dann sollen die Grünen sagen, was das kostet!"

BSZ Wie ist denn die Stimmung in den kleinen Orten?
Straub Bis jetzt ist da noch eine große Hilfsbereitschaft vorhanden – auch weil wir immer das Gespräch gesucht haben. Aber die Ängste der Menschen sind da, besonders, wenn immer mehr kommen. Aber um es noch mal klar zu sagen: Es geht nicht um politisch Verfolgte, denen müssen wir weiterhin helfen. Sondern nur um die Wirtschaftsflüchtlinge.

BSZ Aus den Reihen der Landtagsopposition, speziell der Grünen, heißt es, Bayern könnte auch da noch viel mehr leisten?
Straub Dann sollen die Grünen aber auch konkrete Zahlen nennen, wie viele Wirtschaftsflüchtlinge wir aufnehmen sollen und was das genau kosten wird. Und dann müssen wir dafür aber auch eine Rechtsgrundlage schaffen. In der Bundesregierung plädiert da aber niemand dafür, auch nicht die SPD. Doch die Grünen in Bayern versuchen ja inzwischen sogar, Dublin III auszuhebeln. Dass ist aktuell Thema im Rechtsausschuss.

BSZ Was heißt das?
Straub Flüchtlinge, die aus Ungarn nach Bayern kommen, sollen nicht mehr dorthin zurückgeschickt werden dürfen. Sie wären dort angeblich nicht sicher. Dabei handelt sich um einen demokratischen Rechtsstaat innerhalb der EU. Wenn dort Menschen tatsächlich verfolgt würden, müsste sich sofort der Rat der Europäischen Union damit beschäftigen und ein Verfahren gegen Ungarn einleiten. Da ist aber nicht der Fall und dazu sieht die EU auch überhaupt keinen Grund.
(Interview: André Paul)

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