Kommunales

Der ländliche Raum will nicht nur als Erholungsgebiet gelten. (Foto: dapd)

28.01.2011

„Die Thesen sind völlig ungeeignet“

Jakob Kreidl, Präsident des Bayerischen Landkreistags, über die Aussagen des Zukunftsrates zum ländlichen Raum

Einige wenige Metropolen sollen gestärkt werden, der Rest des Landes wird abgehängt: So etwa kamen die Aussagen des Zukunftsrates beim Bayerischen Landkreistag an. Darüber hinaus fühlt man sich beim kommunalen Spitzenverband brüsk übergangen, weil es vorab keinerlei Angebote für ein Gespräch gegeben hat. BSZ: Herr Kreidl, das Papier des Zunftsrates hat beim Landkreistag für Empörung gesorgt. Welche Punkte stören Sie am meisten?
Kreidl: Zunächst stört mich die Tatsache, dass ich über das Gutachten des Zukunftsrats der Staatsregierung und die darin enthaltenen Empfehlungen aus den Medien erfahren musste. Die Botschaft, dass Millionen von Menschen im ländlichen Raum einfach abgehängt werden sollen, ist für mich inakzeptabel. BSZ: Warum sollten denn der Landkreistag und der Gemeindetag außen vor bleiben?
Kreidl: Ich kann da nur mutmaßen. Da wollte sich wohl zunächst ein kleiner Kreis in der Staatsregierung erst mal vorab damit beschäftigen. Erst in einem weiteren Schritt war wohl die Einbindung der kommunalen Spitzenverbände vorgesehen. BSZ: Kann es nicht sein, dass Ministerpräsident Horst Seehofer sie gar nicht dabei haben wollte, damit sie ihm nicht vorab reinreden?
Kreidl: Das glaube ich nicht. Der Ministerpräsident hat uns in den vergangenen zwei Jahren bei allen Treffen immer wieder bestätigt, wie wichtig ihm die Stärkung des ländlichen Raumes ist, dass er die Landflucht stoppen will. Das wir so geschwächt werden, wie es die Autoren fordern, das entspricht sicher nicht seinen Vorstellungen. Zumal er erklärt hat, dass keine Region abgekoppelt werden soll. BSZ: Angerufen hat er Sie vorab jedenfalls nicht, oder?
Kreidl: Da ist definitiv im Ablauf einiges durcheinander gekommen und muss am Ministerpräsidenten vorbeigegangen sein. Für mich war er in den vergangenen Diskussionen immer glaubwürdig und ist auf unsere Vorschläge eingegangen. Nach welchen Kriterien da genau informiert wurde, das weiß ich nicht und möchte auch nicht spekulieren. BSZ: Kann es sein, dass die beiden kommunalen Spitzenverbände für den ländlichen Raum, also Landkreistag und Gemeindetag, jemanden im Umfeld der Staatsregierung haben, der ihnen nicht wohlgesonnen ist?
Kreidl: Das kann ich mir nicht vorstellen. BSZ: Sie haben Gegenwehr angekündigt. Wie sieht die genau aus?
Kreidl: Ich dränge auf ein baldmögliches Gespräch mit dem Ministerpräsidenten. Ich werde meinen ganzen Einfluss geltend machen, so dass die Punkte, die auf eine Schwächung des ländlichen Raumes hinauslaufen, keinesfalls umgesetzt werden. Ziel muss es vielmehr sein, dass alles getan wird, um die ländlichen Räume zu stärken. Doch dazu sind die Thesen des Papiers völlig ungeeignet. BSZ: Während Sie schimpfen, sieht sich der Vorsitzende des Städtetags, Hans Schaidinger, bestätigt und tut das auch laut kund. Mit Ihrem Vorgänger Theo Zellner hatte er sich über diese Materie jahrelang schon gestritten. Ab jetzt mit Ihnen auch?
Kreidl: Ich will das Ganze nicht auf eine persönliche Ebene ziehen. Hans Schaidinger und ich stimmen in vielen anderen Punkten überein, in diesem Fall gibt es aber klare Differenzen und einen fairen Interessenwiderstreit der Argumente. Dass er gegen die Landkreise agitiert, glaube ich nicht. BSZ: Ihr Kollege Uwe Brandl vom Bayerischen Gemeindetag hat aus Empörung sogar seinen Austritt aus der CSU angedroht – auch für Sie eine Option?
Kreidl: Nein. Die CSU-Mitgliedschaft hat mit der Sache ja nichts zu tun, nachdem es hier nicht um CSU-Positionen geht. Ich glaube, der Kollege Brandl wollte durch diesen Paukenschlag auf die Dramatik der Situation aufmerksam machen. BSZ: Die CSU ist gerade wieder ein wenig im Aufwind beim Wähler, gerade in den kleineren Orten steigen die Umfragewerte. Kommt jetzt erneut ein massiver Einbruch?
Kreidl: Wenn wir das Problem wirklich zeitnah klären und die Partei eine eindeutige Perspektive zugunsten des ländlichen Raumes abgibt, dann nicht. Schließlich ist niemand gezwungen, die Empfehlungen des Zukunftsrates umzusetzen.
(Interview: André Paul)

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