Kommunales

Zum bürgerschaftlichen Engagement gehört auch die Hilfe der Jüngeren für die Älteren. (Foto: Bilderbox)

15.04.2011

Die Vorbild-Gemeinden

Das Umweltministerium zeichnete 34 Kommunen mit dem „Gütesiegel nachhaltige Bürgerkommune“ aus

Sie können sich ab sofort eine neu geschaffene Emaille-Plakette ans Rathaus nageln: 34 Städte und Gemeinden in ganz Bayern erhielten aus den Händen von Bayerns Umweltminister Markus Söder das „Gütesiegel Nachhaltige Bürgerkommune“.
Allerdings: Laut Söder verstehe „jeder unter Nachhaltigkeit etwas anderes.“ In vier Kategorien diskutierten die Orte in den letzten zwei Jahren ihr nachhaltiges Gemeindeengagement: Klimawandel, strukturelle Finanzkraft, bürgerschaftliches Handeln, Bewältigung der Probleme einer älter werdenden Gesellschaft („demografischer Wandel“).
Für Barbings Bürgermeister Albert Höchstetter (CSU), dessen Gemeinde selbst ausgezeichnet wurde, ist „die Distanz zwischen Handelnden und Bürgern überall spürbar.“ Als Vertreter des Bayerischen Gemeindetags plädierte er für „Bürger hereinnehmen, Bestandsaufnahme, Zukunftsvisionen entwickeln“, sonst werde die Distanz bleiben.
Die oberbayerische Gemeinde Schleching im Chiemgau steht beispielhaft für den Arbeitskreis „Bürgerschaftliches Engagement“. Bürgermeister Josef Loferer (CSU) gestand seinen Mitbewohnern in der jüngeren Vergangenheit „Bürgerbeteiligung in allen Projekten am Ort“ zu. Am Anfang stand Mitte der 1990er Jahre die Dorferneuerung, die „ein Initiativkreis aus interessierten Bürgern und Landwirten im Sinne der Agenda 21“ mitentwickelt habe. Aus den einst drei Arbeitskreisen mit jeweils etwa zehn Teilnehmern entstanden viele Projekt- und Arbeitsgruppen. Seit 1999 existiert die landwirtschaftliche Tourismusmarke „Ökomodell Achental“, heute ein Verein, dem sieben Gemeinden angehören. Selbst die Anfahrt-skizze im Internet hat die „Arbeitsgruppe des Initiativkreises Ökomodell Schleching“ erstellt.
So scheint es fast normal, dass bei den beiden aktuellen Dorferneuerungen auch „Teilnehmergemeinschaften“ maßgeblich mitplanen. So sind drei wesentliche Ziele des „Verfahrens Raiten“ im gleichnamigen Ortsteil: „Bildung neuer gemeinschaftlicher Aktivitäten, die gerade Neu- und Altbürger sowie jüngere und ältere Bürger zusammenführen; Schaffung besserer Lebens- und Arbeitsbedingungen für junge Familien; Stärkung und Ausweitung des sanften Tourismus“. Und so will Josef Loferer das Söder-Schild denn auch nicht am Rathaus, sondern „am Bürgerhaus, dem Haus des Gastes“ anbringen.


Schwerpunkt Klimaschutz


Nordhalben, die Frankenwald-Gemeinde aus Oberfranken, bekam, die Plakette für „Strukturelle Finanzkraft“. Für den 2. Bürgermeister Michael Wunder (CSU) „sehr überraschend.“ Denn „mit unseren Finanzen schaut es nicht gerade rosig aus“, wie Wunder zugibt. Vielleicht gab es den Preis, weil „die Bürger der Gemeinde überdurchschnittlich geholfen haben“, nicht noch mehr Finanzprobleme zu bekommen, versucht Oberfrankens Regierungspräsident Wilhelm Wenning eine Erklärung.
Die Poppenrichter Gemeinderätin Waltraud Lobenhofer (SPD) sieht ihre Gemeinde (Landkreis Amberg-Sulzbach) „stellvertretend für neun Gemeinden im Verbund der Arbeitsgemeinschaft Obere Vils-Ehenbach ausgezeichnet“. Und zwar im „Qualitätszirkel demografischer Wandel“, wie Thomas Röbke vom Landesnetzwerk Bürgerschaftliches Engagement erläutert, dem Koordinator des Projekts. Da wäre zum Beispiel „Alt werden zu Hause“ – 30 Ehrenamtliche, meist aus örtlichen Vereinen, helfen Menschen, die noch nicht ins Heim wollen und beraten sie. Das passiert entweder im Rathaus, aber auch zuhause. In der eigenen Wohnung findet für viele Ältere das „Betreute Wohnen“ statt. Für eine monatliche Pauschale von 40 Euro für den Einzelnen oder 70 Euro für Paare gibt es Besuche durch ehrenamtliche „Alltagsbegleiter“, die Organisation notwendiger Dienstleistungen, die Vermittlung von Hilfe im Haushalt und vieles mehr. Auch ein „inte(r)griertes Klimaschutzkonzept“ oder den „Energieberatungsbericht Gebäudesanierung“ haben die neun Orte gemeinsam auf die Beine gestellt.
Doch bei der Gütesiegel-Verleihung sind gerade mal sieben bayerische Orte unter dem Stichwort „Klimawandel“ aufgeführt, darunter das mittelfränkische Schwarzenbruck. Die Nachhaltigkeit der örtlichen Klimaaktivitäten ist laut Rathauschef Bernd Ernstberger (SPD) ohne Zweifel gegeben: „Schon mein Vorgänger hat die gemeindlichen Gebäude von Öl- auf Gasheizung umgestellt. Dann haben wir die Häuser saniert, als Vorbildcharakter für die Bürger. Und seit mindestens 15 Jahren fördern wir Sanierungen von Heizungen, Fenstern, Wärmedämmung – aber nur, wenn die Werte besser als der Standard sind.“ Bei allem „hat uns die rührige Agenda-21-Gruppe unterstützt“, auch bei der Initiative für Bürgersolarstromanlagen, „für die wir die Dächer kostenlos überlassen haben“, wie Ernstberger herausstellt. Vielleicht hat sich die Gemeinde deshalb auch „den Mehrpreis für Ökostrom in allen Liegenschaften gegönnt.“
Kein Wunder dagegen ist laut dem Schwarzenbrucker Ortschef „die Umstellung der Straßenbeleuchtung auf Induktionslampen.“ Denn das sei sogar eine Entlastung des Haushalts: Vorher waren 90 Watt Verbrauch nötig, jetzt nur noch 40 Watt. Außerdem haben die neuen Leuchtmittel fünf Jahre Garantie.
Bis Februar 2012 soll das Netzwerk in Bayern auf 80 Kommunen anwachsen.
(Heinz Wraneschitz)

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