Kommunales

Regelmäßiger Umgang mit den Kindern ist den meisten Trennungsvätern sehr wichtig. (Foto: Bilderbox)

16.12.2011

Ein Zuhause für geschiedene Papas

Ein gemeinnütziger Verein stellt Vätern preisgünstige Unterkünfte in München zur Verfügung, damit sie in der Nähe ihrer Kinder sein können

Nach einer Trennung behält meist die Frau mit den Kindern die Wohnung, der Vater kann seinen Nachwuchs oft kaum noch sehen, weil der Weg lang und teuer ist. Ein Münchner Verein will nun ein Haus für getrennt lebende Väter einrichten. Dort können sie mit ihrem Nachwuchs an den Besuchswochenenden wohnen und spielen.
Winfried Rauscheder hat zwei Söhne. Einer ist 14, sein anderer 24. Heute hat er ein gutes Verhältnis zu ihnen, auch wenn er sich vor 12 Jahren von der Muter der Söhne trennte. Damals stand Rauscheder vor einem Problem: Wo konnte er nach der Trennung leben? Rauscheder suchte eine neue Wohnung, die nicht weit von den Kindern entfernt lag und ihnen Platz zum spielen bot. „Natürlich wollte ich meine Kinder nach der Trennung bei mir haben, aber man kommt nicht leicht zu einer geeigneten Wohnung in einer so teuren Stadt wie München“, sagt er. Rauscheder fand eine Lösung: Er zog in eine eigene Wohnung im Haus seiner Kinder und seiner Ex-Partnerin.
Solche Probleme sind es, bei denen der Verein Väter Boarding Haus Hilfe leisten will: „Wir wollen eine kurzfristige Bleibe für Väter schaffen, in der Väter ihre Kinder würdig empfangen können“, sagt Vereinsvorsitzender Luis Teuber. Die Wohnungen, die der Verein stellen will, sollen keine reine Anlaufstelle für die soziale Unterschicht sein. „Die Väter sollen Miete bezahlen und in einer solidarischen Wohngemeinschaft leben, in der sie ihre Kinder zum Spielen und Abendessen empfangen können“, sagt Teuber. Dabei sollen die Väter maximal ein Jahr lang in der Wohngemeinschaft leben dürfen.
Mehr als 3500 Ehescheidungen verzeichnet die Stadt München jedes Jahr. Für Luis Teuber sind das 3500 Schicksale, die nach einer neuen Bleibe suchen: „Viele Väter schlafen nach der Trennung von ihrer Partnerin erst einmal im Auto oder wohnen in beengten Verhältnissen bei Freunden, während die Frau mit den Kindern in der Wohnung zurückbleibt“, sagt Teuber. Deshalb gründeten betroffene Väter schon im Jahr 2003 den Verein Väter Boarding Haus, in dem sich Teuber engagiert.


Es fehlte am Geld


Aber bis heute konnte das Projekt nicht umgesetzt werden. Es mangelt am Geld: Auch wenn die Väter einen großen Teil der Miete selbst bezahlen, muss der Verein geeignete Wohnungen vorfinanzieren und verwalten. Auf eine halbe Arbeitsstelle beziffert Luis Teuber den Verwaltungsaufwand für das Väterhaus. Bezahlen müsste das die Stadt München, eine Stiftung, der Freistaat oder das Ministerium. Doch die Kassen für solche Hilfsprojekte sind derzeit leer.
Neben einem Dach über dem Kopf will der Verein psychologische Hilfe über ein bestehendes Netzwerk in München leisten: „Soziale Hilfe für Väter gibt es in München, deshalb müssen wir selbst keine psychologische Hilfe bieten. Diese Aufgabe kann das Selbsthilfezentrum München oder das Väterbüro München leisten“, sagt Teuber.
Dass ein Väterhaus angenommen wird, weiß Wolfgang Rosenthal vom Verein Männerwohnhilfe Oldenburg. Vor elf Jahren erhielt Rosenthal kostenlose Wohnungen von der Stadt Oldenburg, als Zufluchtstätte für Väter in Beziehungskrisen oder Trennungsphasen. 60 Männer wohnen heute bei der Männerwohnhilfe. „Seit Gründung des Vereins waren unsere Wohnungen immer ausgelastet“, sagt Rosenthal. Die Männer müssen sich vor den Vereinsvorständen um die Wohnung bewerben. Die Wohnungen kosten 60 Euro je Woche – das sind die Nebenkosten, welche die Stadt Oldenburg nicht trägt. Männer, die Wohnungen in Oldenburg beziehen, lebten vor der Trennung meist in guten Verhältnissen: „Unser durchschnittlicher Bewohner ist 42 Jahre alt, gut ausgebildet, steht im Berufsleben und hat eine aktive Familienphase hinter sich“, sagt Rosenthal. Umso wichtiger sei es, zu solch einem Zeitpunkt die Männer sozial aufzufangen.
Was in München an der Organisation scheitert, funktioniert in Oldenburg ehrenamtlich: So suchen die Vereinsaktiven selbst die Bewohner des Hauses aus und sind bei Problemen über ein Notfallhandy erreichbar. Eine Arbeit, die für Luis Teuber in München nicht ohne finanzielle Förderung funktioniert: „München ist eine größere und teuere Stadt. Wir können ein Väterhaus hier nicht rein ehrenamtlich betreiben“, sagt Teuber.
Dass es finanzielle Mittel für solche Projekte gibt, beweist das Projekt ASDI von Familienmediator Elio Cirimbelli aus Bozen. Er gründete 1986 ein Beratungszentrum für Geschiedene in Südtirol und schaffte es, dass seine Arbeit von der Regierung und dem Sozialdienst anerkannt wurde – auch finanziell. So entstand 2004 sein erstes Väterhaus in Bozen. Bis heute folgten Wohnprojekte in acht weiteren Städten. „Nach der Trennung von meiner Frau 1997 habe ich gesehen, dass es nicht um die Bedürfnisse der Eltern, sondern in erster Linie um die Kinder geht“, sagt Cirimbelli. Aus diesem Gedanken entstand seine Idee der Übergangswohnungen für Väter, die ihre Kinder in die Wohnung einladen wollen.
Wilfried Rauscheder konnte auch ohne Väterhaus nach seiner Trennung eine Wohnung in der Nähe seiner Kinder finden und seine Kinder regelmäßig treffen. „Ich hatte Glück in der traurigen Trennungszeit. Hätte es ein Väterhaus in meiner Nähe gegeben, hätte ich ernsthaft darüber nachgedacht, dort einzuziehen“, sagt Rauscheder. „Trotz der Trennung von meiner Ex-Frau unternehme ich viel mit meinen Kindern. Das wäre so wahrscheinlich nicht möglich, wenn ich damals nicht eine passende Wohnung gefunden hätte.“ (Felix Scheidl)

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