Kommunales

„Die Auslöschung Israels ist das erklärte Ziel des Iran, der Hisbollah, der Hamas und etlicher islamistischer Terrorgruppen“, sagte Charlotte Knobloch, die langjährige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland. (Foto: Wraneschitz)

16.04.2018

Eindrucksvolles Friedensbekenntnis

Festakt „70 Jahre Staat Israel“ in der Nazi-Kongresshalle Nürnberg

„70 Jahre Staat Israel“ stand als Titel über eine Festakt in der von den Nazis niemals fertiggestellten Kongresshalle in Nürnberg. Den symbolträchtigen Ort hatten die Veranstalter Stadt Nürnberg, die dortige Israelitische Kultusgemeinde und die Deutsch-Israelische Gesellschaft Nürnberg-Mittelfranken ganz bewusst gewählt. „Die Auslöschung Israels ist das erklärte Ziel des Iran, der Hisbollah, der Hamas und etlicher islamistischer Terrorgruppen.“ Charlotte Knobloch, die  langjährige Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, zählte neben diesen Beispielen auch den türkischen Präsidenten dazu: „Erdogan profiliert sich mit antisemitischem Gebaren.“ Aber nicht nur Knobloch: Kurz vor dem Unabhängigkeitstag, dem Nationalfeiertag von Israel, beschrieben alle Rednerinnen und Redner die Gefahr, die Israel durch die Kriegserklärungen direkter und indirekter Nachbarländer weiterhin droht.

Monument des menschenverachtenden Größenwahns

In „der unvollendet gebliebenen NS-Kongresshalle, die als Monument des menschenverachtenden Größenwahns ihre Zeit überdauert hat“, hielt Charlotte Knobloch mit ihrer Kritik an der internationalen Gemeinschaft nicht hinter‘m Berg. Es sei „eine Schande, dass Israel auch in der Europäischen Union oft vergeblich treue Freunde und Fürsprecher sucht“, wenn es mit „irrationalen Anschuldigungen und haltloser Agitation konfrontiert“ werde. „Diese Ungerechtigkeit zu bekämpfen“ forderte sie „von Politik und Gesellschaft“ ein. Knobloch ist überzeugt: Um die „gemeinsamen Werte und Ziele in der Gegenwart – als demokratische Staaten“ zu erhalten, seien „wir auf dieser Welt wieder öfter und stärker gefordert und herausgefordert“. Bayern nahm die amtierende Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München-Oberbayern von ihrer Kritik ausdrücklich aus: „Israel hat Freunde, allen voran Bayern.“ Sie erinnerte an jenen 14. Mai 1948, als David Ben Gurion die israelische Unabhängigkeitserklärung verlas. Es mache sie „glücklich, zu wissen, dass nun das jüdische Volk, das über Jahrtausende verfolgt, vertrieben, vernichtet worden war, jenen Schutz - und Zufluchtsort hatte, der meiner Großmutter und sechs Millionen anderen ermordeten jüdischen Menschen verwehrt war“. Als im Jahr 1948 die Unabhängigkeit Israels ausgerufen wurde, „wurde die Staatsgründung – dieser Traum – Realität.“

Deutsche Schuld immer wieder benennen

Nürnbergs Oberbürgermeister Ulrich Maly (SPD) hatte in seiner Einführung die deutsch-israelitische Geschichte seit 1948 Revue passieren lassen: Erst nach der Aufhebung der Verjährungsfrist für NS-Verbrechen konnten diplomatische Beziehungen starten; erst 1973, also 25 Jahre nach der Staatsgründung reiste mit Willy Brandt ein deutscher Kanzler nach Israel; erst 2008 sprach mit Angela Merkel eine deutsche Regierungschefin vor der Knesset. Maly erinnerte auch an Karl Friedrich von Weizsäckers Rede am 8. Mai 1985. Darin habe der Bundespräsident davon gesprochen, dass die Deutschen wegen der Nazis „zwar kein Büßerhemd, sehr wohl aber diese Vergangenheit zu tragen“ hätten. „Die deutsche Schuld muss immer wieder benannt werden“, so Maly, sonst werde man wieder anfällig für solche Entwicklungen wie zu der Nazis Zeiten. „Wir wollen nie wieder Täter, die Israelis nie wieder Opfer werden.“ Deshalb, so erklärte das Stadtoberhaupt, habe Nürnberg erstmals eine Ausnahme gemacht und gemeinsam mit Israel dessen Nationalfeiertag gefeiert. Und er forderte „eine klare Haltung gegen alten und neuen Antisemitismus“. „Israel ist das Land jeder jüdischen Identität“, stellte Sandra Simovich heraus, die Leiterin des Generalkonsulats des Staates Israel in München. Zudem sei es auch „der einzige multi-ethnische und multi-religiöse Staat im Nahen Osten.“ Seit der Staatsgründung habe sich dort „eine High-Tech-Region entwickelt, wurden Wüsten in blühende Landschaften verwandelt“. Aber „unsere Gesellschaft lebt in ständiger Bedrohung, die Geschichte ist Bestandteil der Jüdischen DNA. Dabei wollen die Israelis Frieden und träumen vom Frieden“ erklärte die Generalkonsulin überzeugt. Es gelte, die Kommunikation zu fördern. Deshalb seien Veranstaltungen wie die in Nürnberg wichtig, um Israelis und Deutsche in „viele weitere gemeinsame, erfolgreiche und friedliche Jahre“ zu führen.

Grüß Gott und Shalom

Mit „Grüß Gott und Shalom“ wollte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann wollte diese Gemeinsamkeit unterstreichen. „Die Bayerisch-Israelische Freundschaft ist ein Geschenk für uns alle. Und das Existenzrecht Israels gehört existenziell zur Bundesrepublik Deutschland“ – auch wenn „eine Partei im Bundestag leider keine Distanzierung zum Antisemitismus zeigt. Wer ein Ende der Holocaust-Gedenkkultur fordert, ist auf völlig falschem Pfad in die Zukunft. Solchen Tendenzen müssen wir uns klar entgegenstellen.“ Dafür erntete er viel Applaus der gut 500 Gäste. Außerdem bekannte er sich zum „Credo Null Toleranz gegenüber fanatischer Intoleranz. Wir dürfen Antisemitismus von rechts- oder linksextremer Seite, aber auch von islamistischer Seite nicht akzeptieren. Wer jüdische Mitbürger bedroht, bedroht uns alle.“ Jo-Achim, Sohn des 1939 mit viel Glück noch den Nazis entkommenen Arno Hamburger und aktueller Vorsitzender der Israelitischen Kultusgemeinde Nürnberg, sprach sich als Mitveranstalter „gegen Ausgrenzung, Hass, Homophobie und Rassismus“ aus. Und André Freud von der Deutsch-Israelischen Gesellschaft Nürnberg-Mittelfranken forderte diejenigen, welche noch nicht in Israel waren, zu einem Besuch dort auf: „Nichts wirkt so, wie eine Reise. Sehen sie sich Israel an und wofür es steht: Demokratie, Rechtsstaat und Freiheit, die Grundlage von allem.“

Lebensfreude junger Israelis vermitteln

Die Givatayim Dance Company vermittelte den Gästen einen Eindruck von der Lebensfreude gerade der jungen Menschen in Israel: Ihre Tänze ließen das multikulturelle Leben dort spüren. Die Musik dazu lieferten die Nürnberger Symphoniker: In deren Konzertsaal ging der Festakt über die Bühne. Eingeleitet worden war er – ebenfalls begleitet von den Symphonikern auf ihren Instrumenten – vom einer Kombination aus Kinderchor der Israelitischen Kultusgemeinde und Jungem Chor der Musikschule Nürnberg: Diese hatten die Hymnen des Staates Israel und der Bundesrepublik Deutschland erklingen lassen. Und trotz aller Gefahren für Israel: Shalom, das Wort für Frieden war an diesem Tag in aller Redner und Rednerinnen Munde.
(Lars Rufer)

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