Kommunales

Ein Arbeiter steht hinter einem Bauschild von Bilfinger Berger. (Foto: DDP)

03.09.2010

Eine Baufirma betreibt Schulen

Der Landkreis Hof überträgt die Verantwortung für zwei Gymnasien und zwei Realschulen bis 2030 dem Konzern Bilfinger Berger

In Zeiten knapper Kassen müssen Kommunen neue Wege gehen und unkonventionelle Entscheidungen treffen. Im Landkreis Hof überträgt man jetzt den Betrieb von vier weiterführenden Schulen für 20 Jahre an den Baukonzern Bilfinger Berger – ein Novum in Bayern, aber in anderen Bundesländern schon lange Realität.
Die vier Schulen in Trägerschaft des Landkreises waren in einem beklagenswerten Zustand, die Bausubstanz meist über 40 Jahre alt, eine Generalüberholung dringend geboten. Der Brandschutz musste verbessert werden, neue Rettungswege waren anzulegen, außerdem stand eine energetische Sanierung an. Das Problem: In jedem der vier Häuser in Münchberg, Helmbrecht und Naila war der Handlungsbedarf gleich akut. „Doch der Landkreis hätte aus eigener Kraft nur ein Gebäude nach dem anderen in Angriff nehmen können“, erläutert Kreiskämmerer Dietmar Scholz. Hintereinander hätten die Arbeiten aber pro Haus – betroffen sind zwei Gymnasien und zwei Realschulen – jeweils drei Jahre gedauert, zusammen also zwölf Jahre. So lange wollte die Kreisverwaltung nicht warten.
Die Lösung des Problems heißt Public Private Partnership (PPP). Das Modell, wo privates Potenzial zur Erledigung staatlicher Aufgaben herangezogen wird und man sich die Verantwortung teilt, findet auch in Bayern schon seit einigen Jahren in verschiedenen Bereichen Anwendung, unter anderem bei Bau und Betrieb von Gefängnissen. Im Schulsektor ist es aber relativ neu. Eine Wirtschaftlichkeitsstudie errechnete den Hofern, dass sie mit der PPP-Variante bei der gesamten Investitionssumme gut 10 Prozent günstiger kommen, als wenn die Kommune das Projekt allein geschultert hätte.
Ein Besonderheit gegenüber anderen PPP-Modellen ist, dass der Landkreis die Finanzierung in eigenen Händen behält und dem privaten Partner lediglich Bau und Betrieb überlässt. „Als Kommune kommen wir am Kapitalmarkt viel günstiger an Kredite, beispielsweise bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau (KfW)“, begründet Kämmerer Scholz die Entscheidung. Außerdem erleichtert diese Variante die Bewilligung von staatlichen Fördermitteln.
Bilfinger Berger wird also zunächst die Schulen instand setzen und anschließend für 20 Jahre den Betrieb und die Wartung übernehmen, dazu gehören etwa die Hausmeisterdienste und das Reinigungspersonal. Die bisherigen kommunalen Angestellten werden deshalb nicht gekündigt, nach Auskunft der Landkreisverwaltung gehen sie innerhalb der nächsten Jahre in Rente, erst danach stellt der Baukonzern eigene Arbeitskräfte ein.
Ein weiterer Vorteile ist die deutlich verringerte Bauzeit. Bilfinger Berger hat eine Fertigstellung aller vier Schulen bis 2012 zugesagt. Gegen eine theoretische Insolvenz des Unternehmens in der Bau- und Sanierungsphase sichert sich der Landkreis dadurch ab, dass keine Abschlagszahlungen getätigt werden, das Geld gibt es immer erst bei Fertigstellung vorher festgelegter Bauabschnitte. Für die anschließende Betriebszeit werden Rücklagenkonten angelegt. Im Gegenzug gewährt der Landkreis dem Konzern freie Hand bei der Bauausführung.
In anderen bayerischen Landkreisen stößt das Hofer Vorbild auf unterschiedliche Resonanz. Während sich Vertreter aus dem Ostallgäu aufmachten nach Oberfranken, um sich ausführlich zu informieren, erteilte man dem Modell im mittelfränkischen Ansbach eine Absage – mit der Begründung, bei der Gewährung von Zuschüssen gebe es dann „Hemmnisse“. Diese mag der Hofer Kreiskämmerer zwar nicht sehen, gleichwohl knüpft er die Übertragbarkeit auf andere Kommunen an spezielle Voraussetzungen. „Es rechnet sich erst ab einer Investitionssumme von mindestens 5 Millionen Euro“, meint Dietmar Scholz. Eine Kommune, die sich mit dem Gedanken trägt, sollte sich vorab ausführlich in betriebswirtschaftlicher, juristischer und technischer Hinsicht beraten lassen. „Und das kostet viel Geld, der Betrag muss also zur Investitionssumme in einem vernünftigen Verhältnis stehen“, rät der Hofer Kreiskämmerer. Jede kleine Grundschule kann also nicht als PPP-Projekt betrieben werden. (André Paul)

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