Kommunales

Ein Richter sorgte dafür, dass die Kirche im Dorf bleibt und wieder Frieden einkehrt. (Foto: dpa)

27.10.2016

Glockenturm muss schalldicht werden

Salomonische Lösung im Kirchenstreit in Niederbayern

Streit um Kirchenglocken gibt es immer wieder, aber dieser Fall war anders: Die Klägerfamilie ist katholisch, und der neue Glockenturm wurde ihr direkt vors Schlafzimmer gebaut. Ein Richter sorgte jetzt dafür, dass die Kirche im Dorf bleibt und wieder Frieden einkehrt.

Nach jahrelangem Glockenstreit einer katholischen Familie mit einer Kirchgemeinde in Niederbayern hat der Bayerische Verwaltungsgerichtshof für Ruhe gesorgt. Auf sanften Druck der Richter einigten sich die beiden Seiten am Donnerstag auf einen Kompromiss: Die Glocken dürfen auch zum täglichen Morgen-, Mittags- und Abendgebet geläutet werden. Aber der neu errichtete, nur 14 Meter vom Kinder- und Schlafzimmer der Familie entfernte Glockenturm wird in ihre Richtung schalldicht verschlossen.

Zugeständnisse "entgegen unserer Glaubensüberzeugung"

Das Gericht sprach von einem "Nachbarschaftskonflikt unter Christen" und schlug schon beim Prozessauftakt eine gütliche Einigung vor. Der lediglich acht Meter hohe Glockenturm wurde erst 2009 in Langquaid im Kreis Kelheim in einem Wohngebiet errichtet, in dem die Familie schon länger lebt. Die Glocken läuten nicht nur zu Gottesdiensten und Beerdigungen, sondern auch täglich von Montag bis Freitag um 7.00, 12.00 und 18.00 Uhr und am Samstag mittags und abends - an der Grenze zu den gesetzlichen Lärm-Grenzwerten.

Der Anwalt der evangelischen Kirchgemeinde sprach vom "Frohe-Botschaft-Charakter" des Geläuts. Die Familie beklagte aber, das Gebetsgeläut ertöne zu früh, zu lang und zu laut. Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte die Klage der Familie abgewiesen.

Der Verwaltungsgerichtshof sah das etwas anders. So sagte der Senatsvorsitzende Rainer Schenk, Kirchengeläut sei grundsätzlich zu akzeptieren. Aber der Glockenturm sei der Familie erst 2009 vors Haus gebaut worden. "Wer später dazukommt, dem kann man mehr Rücksichtnahme abverlangen als dem, der sich schon eingerichtet hat." Die Kirche könnte zum Beispiel kürzer oder später läuten oder den Glockenturm an der Seite zum Haus der Familie verschließen.

Pfarrer Uwe Biedermann sagte, mit dem Verzicht auf das Frühgeläut am Samstag habe er schon Zugeständnisse "entgegen unserer Glaubensüberzeugung gemacht". Mit Einwänden gegen Kirchenvorhaben an ganz anderen Stellen habe die Familie zudem Nebenkriegsschauplätze eröffnet.

Richter Schenk bremste den Pfarrer und die Klägerin, die sich immer wieder leidenschaftliche Vorwürfe machten, und warb freundlich und geduldig für einen Kompromiss. Mit dem vom Gericht angeregten Vergleich zieht die Familie ihre Einwände gegen einen geänderten Flächennutzungsplan jetzt zurück und akzeptiert, dass von Montag bis Samstag früh, mittags und abends jeweils zwei Minuten lang zum Gebet geläutet wird. Dafür "machen wir die Nordseite des Glockenturms dicht", sagte der Pfarrer und folgte damit dem Vorschlag eines Sachverständigen. Nach vierstündiger, leidenschaftlicher Debatte zeigten sich beide Seiten erleichtert und glücklich - der Pfarrer stellte der Klägerin sogar einen Blumenstrauß in Aussicht. (dpa)

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