Die Stadt hat sich bei den anderen Gesellschaftern unbeliebt gemacht, weil sie nur einen Bruchteil der Sanierungskosten des Festspielhauses von insgesamt 30 Millionen Euro übernehmen möchte. (Foto: DPA)
So verfahren war die Situation auf dem Grünen Hügel in Bayreuth selten: Die Fassade des Festspielhauses ziert seit Monaten ein Baugerüst, die Sanierungsarbeiten kommen nur schleppend voran, die Zukunft der Leitung der Festspiele ist ungewiss und nun streiten der Freistaat und die Stadt Bayreuth auch noch um die Satzung.
Paukenschlag in der Stadtratssitzung
Es war ein Paukenschlag in der Bayreuther Stadtratssitzung vor wenigen Tagen, als der Stadtrat auf ungelöste rechtliche Konflikte im Entwurf der neuen Satzung der Festspiel GmbH mit der geltenden Satzung der Richard-Wagner-Stiftung hinwies und mehrheitlich neue Verhandlungen mit den übrigen Gesellschaftern forderte. Die anderen Gesellschafter sind der Bund, der Freistaat Bayern und die Mäzenatenvereinigung Gesellschaft der Freunde von Bayreuth. Die bisherige Satzung stammt noch vom früheren Festspielleiter Wolfgang Wagner, dem Enkel Richard Wagners. Er war 2010 verstorben.
Hintergrund ist, dass die Stadt Bayreuth bangt, an Einfluss in den Festspielgremien zu verlieren. Noch im März hatte das Kommunalparlament einem ersten Entwurf für eine GmbH-Satzung zugestimmt. Allerdings forderten die Stadträte, dass die Bestellung der Geschäftsführung von der Zustimmung der Stadt abhängig sein soll. Im jetzt vorliegenden Entwurf, der aus dem bayerischen Finanzministerium kommt, ist diese Forderung nicht mehr enthalten. Während die aktuelle Satzung die Stimmenanteile der Gesellschafter gleichwertig behandelt, sieht der neue Entwurf eine Stimmenverteilung nach den Finanzierungsanteilen an den Betriebskosten der Festspiele vor. Da die Stadt Bayreuth naturgemäß weniger Kapital einbringen kann, als etwa Bund oder Freistaat, soll die Stadt nun auch weniger Stimmanteile erhalten.
Für die Kommune bedeutet das ganz klar eine Schwächung ihrer Position, denn Bund, Freistaat und Gesellschaft der Freunde könnten die Stadt künftig überstimmen, wenn es um eine Berufung oder eventuell sogar auch um eine Abberufung der Festspielleitung geht. Auch ein Mitspracherecht der Richard-Wagner-Stiftung ist in der neuen Satzung nicht mehr vorgesehen.
Dass man als Stadt so regelrecht ausgebremst werden soll, habe man gerade durch eine erste Einschätzung der Stiftungsaufsicht der Regierung von Oberfranken bestätigt bekommen, teilt Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe (parteilos) mit. Nach dem Willen des Stadtrats soll die Verwaltung nun nicht nur erneute Verhandlungen mit den übrigen Gesellschaftern aufnehmen, sondern auch darauf hinwirken, dass die Rechte und Interessen der Richard-Wagner-Stiftung auch weiterhin zu berücksichtigen sind.
In der Richard-Wagner-Stiftung sind – im Gegensatz zur Festspiel-GmbH – auch Mitglieder der Familie Wagner, des Bezirks Oberfranken, der Bayerischen Landesstiftung sowie der Oberfrankenstiftung stimmberechtigt. Geschäftsführerin ist pikanterweise von Amts wegen die Bayreuther Oberbürgermeisterin. Merk-Erbe vertritt aber zugleich auch die Stadt Bayreuth in den Gremien der Festspiele GmbH. Während die GmbH die Festspiele durchführt, also praktisch Veranstalter der Festspiele ist, pflegt die Richard-Wagner-Stiftung offiziell den künstlerischen Nachlass von Richard Wagner und soll das Festspielhaus dauerhaft für die Nachwelt erhalten.
Als eigentlichen Hintergrund des Geschehens vermuten Kenner hinter vorgehaltener Hand das angespannten Verhältnis von Oberbürgermeisterin Brigitte Merk-Erbe zu den Festspiel-Leiterinnen Katharina Wagner und Eva Wagner-Pasquier. Deren Vertrag läuft 2015 aus und aus dem Rathaus kommen keine euphorischen Rufe für eine Vertragsverlängerung. Gelegentlich artet das Ganze auch in einen Zickenkrieg aus: Bei der alljährlichen Auffahrt zur Premiere der Festspiele heuer waren die Wagner-Schwestern auch in diesem Jahr nicht zusammen mit der Oberbürgermeisterin vor das weltberühmte Opernhaus getreten – was ihr Vater Wolfgang Wagner mit den früheren Oberbürgermeistern stets so gehalten hatte – um prominente Gäste wie Bundespräsident Joachim Gauck oder Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) zu begrüßen. Die Stadt wiederum hat sich bei den anderen Gesellschaftern unbeliebt gemacht, weil sie nur einen Bruchteil der Sanierungskosten des Festspielhauses von insgesamt 30 Millionen Euro übernehmen möchte. Eine endgültige Entscheidung über die Satzung wird noch im November bei einer Sitzung der Gesellschafter erwartet. (Stephan Herbert Fuchs)
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