Kommunales

Viele Menschen aus Nürnberg haben Gewässerproben abgegeben. (Foto: VSR-Gewässerschutz)

08.11.2016

Grundwasser im Raum Nürnberg mit Nitraten belastet

Aktuelle Messergebnisse liegen vor

Die EU-Kommission hat Ende Oktober eine seit Monaten angekündigte Klageschrift gegen Deutschland beim EuGH eingereicht. Die maßgebliche Ursache sei vor allem der Umgang mit Gülle und Dünger. Bundesagrarminister Christian Schmidt verweist auf die geplante Düngeverordnung. Damit solle ein Ausgleich zwischen Umweltinteressen und einer praktikablen Lösung für Landwirte geschaffen werden, so Schmidt. Daher müssten die neuen Düngeregeln zügig verabschiedet werden, "statt sich von Brüssel verurteilen zu lassen." Welche Auswirkungen das zögerliche Verhalten der Politik hat, zeigt sich derweil in Nürnberg. Viel zu hohe Nitratwerte im Grundwasser hat der VSR-Gewässerschutz bei den Brunnenwasserproben festgestellt, die im Rahmen der Informationsveranstaltungen am 13. September 2016 in Nürnberg beim Labormobil abgegeben wurden. In jeder vierten untersuchten Probe lag die Nitratkonzentration oberhalb des Grenzwertes der deutschen Trinkwasserverordnung von 50 Milligramm pro Liter. Insgesamt wurden bei der Untersuchung das Wasser aus 114 privat genutzter Brunnen aus dem Raum Schwabach – Fürth – Erlangen – Lauf analysiert. Die Gewässerexperten warnen vor einer weiteren Überdüngung der landwirtschaftlichen Böden. Es kommt dadurch zu einer unnötig hohen Nitratauswaschung ins Grundwasser. Die Mitglieder vom VSR-Gewässerschutz fanden bei der Untersuchungen über 300 Milligramm Nitrat pro Liter in einem privat genutzten Brunnen in Weinzierlein. Weitere mit Nitraten sehr stark verschmutzte Brunnen lagen auch im Knoblauchland in Poppenreuth mit 205 Milligramm pro Liter (mg/l), in Boxdorf mit 194 mg/l und in Kraftshof mit 167 mg/l. Aber auch im weiteren landwirtschaftlich genutzten Umland trafen die Gewässerschützer auf stark belastete Brunnen. So fanden die Mitglieder vom VSR-Gewässerschutz in Dietenhofen mit 123 mg/l, in Defersdorf mit 104 mg/l, in Stein mit 103 mg/l, in Kornburg mit 110 mg/l und in Worzeldorf mit 96 mg/l. Das Wasser ist wegen der Überschreitung der Trinkwasserverordnung nicht mehr zum Trinken geeignet. Besonders wichtig ist außerdem, dass derart belastetes Wasser nicht zum Befüllen eines Fischteichs genutzt wird. Es besteht die Gefahr, dass es zur Massenvermehrung von Algen kommt. Diese können beim Absterben zum Fischsterben führen. Beim Bewässern mit nitratbelastetem Grundwasser muss man bei der Düngung bedenken, dass es durch das Gießwasser zu einer zusätzlichen Nitratzufuhr kommt. Nur wenn man diese in seine Berechnung mit wie viel Stickstoff die angebauten Pflanzen gedüngt werden müssen einbezieht, kann eine unnötige Nitratanreicherung verhindern werden.

Landwirtschaft muss handeln

Die gemessenen viel zu hohen Nitratkonzentrationen zeigen einen deutlichen Handlungsbedarf in der Landwirtschaft. Das so belastete Grundwasser hält auch nicht die EU-Nitratrichtlinie ein. Ziel der Richtlinie ist es, die durch Nitrat aus landwirtschaftlichen Quellen verursachte Gewässerverunreinigung zu reduzieren. Hierfür bedarf es einer Düngeverordnung, die auch die vom VSR-Gewässerschutz aktuell festgestellten Belastungen in der Region schnellstmöglich verringert. Doch dafür reicht der bisherige Entwurf zur Novellierung der Düngeverordnung wieder nicht aus. Das hat nun auch die EU-Kommission verärgert festgestellt und eine Klage vor dem europäischen Gerichtshof eingereicht. Der VSR-Gewässerschutz begrüßt diesen Schritt der EU-Kommission. Die Bundesregierung sah sich bisher aufgrund des Drucks von Seiten der landwirtschaftlichen Lobby nicht in der Lage in den Betrieben geringere Stickstoffüberschüsse durchzusetzen. Gülle aus Massentierhaltungen, Gärreste aus Biogasanlagen und riesige Mengen an Mineraldünger dürfen damit weiterhin in viel größeren Mengen als die Pflanzen aufnehmen können von den landwirtschaftlichen Betrieben über die Ackerflächen verteilt werden.

Bürger als Verlierer

Der Bürger ist der Verlierer. Da es für die Wasserversorger in der Zukunft immer aufwendiger wird Wasser zu liefern, das den Grenzwert von 50 mg/l Nitrat einhält werden die Preise für Leitungswasser steigen. Umso ärgerlicher da viele Gartenbesitzer heute schon wegen der starken Belastung im Brunnenwasser für viele Verwendungen im Garten statt Brunnenwasser Leitungswasser verwenden müssen. Wenn der genervte Bürger dann im Sommer lieber aus seinem Garten flüchtet und an die Nordsee fährt, wird sein Urlaub aufgrund der Schaumberge am Strand schnell getrübt. Es hat ihn die Nitratbelastung seiner Heimat eingeholt. Denn das belastete Grundwasser sickert den Bächen und Flüssen zu und landet letztendlich in der bereits jetzt viel zu nährstoffbelasteten Nordsee. „Hoffentlich führt die Klage der EU-Kommission dazu, dass nun endlich eine Düngeverordnung erstellt wird, die nachhaltig zum Schutz des Grundwassers und der Oberflächengewässer führt.“ so Susanne Bareiß-Gülzow, Vorsitzende vom VSR-Gewässerschutz. Doch damit einschneidendere Maßnahmen bei der Düngung in Zukunft gesetzlich erlassen und auch umgesetzt werden, bedarf es ein Umdenken bei den Landwirten und landwirtschaftlichen Verbänden. Der VSR-Gewässerschutz möchte mit seinen Messungen dazu beitragen, dass die Notwendigkeit einer Änderung der Düngerausbringung akzeptiert wird. Es muss in den belasteten Regionen zu einem Informationsaustausch zwischen Bürger und Landwirten kommen.
(BSZ, dpa)

Bürger, die den Termin am Labormobil verpasst haben, können ihr Brunnenwasser dem VSR-Gewässerschutz ab Ostern 2017 auch mit der Post zuschicken. Informationen dazu gibt es auf der Homepage www.VSR-Gewässerschutz.de.

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