Kommunales

Thomas Müller ist seit neun Jahren für die Schwarzen politisch aktiv. Jetzt will er aus der CSU austreten.

12.11.2010

„Ich trenne mich von meiner Partei freundschaftlich“

Der derzeitige CSU-Ortsvorsitzende und künftige grüne Zwieseler Bürgermeister-Kandidat Thomas Müller über seine politische 180-Grad-Wende

In Zwiesel wird am 30. Januar ein neuer 1. Bürgermeister gewählt, weil das bisherige Stadtoberhaupt aus Gesundheitsgründen das Amt aufgibt. Die Grünen im Stadtrat haben sich einen ungewöhnlichen Kandidaten ausgesucht: Thomas Müller (38), derzeit CSU-Chef und ehrenamtlicher Bürgermeister in Bayerisch-Eisenstein. BSZ Herr Müller, wie kam es, dass Sie ausgerechnet von den Grünen gefragt wurden, ob Sie in Zwiesel kandidieren wollen?
Müller Es war genau einen Tag vor der Beerdigung von Sepp Daxenberger, mit dem ich seit vielen Jahren bekannt war. Ich habe ihn als Vorbild geschätzt: Er war ein konservativer Grüner und ich ein grüner Schwarzer. Jedenfalls hat mich eine der beiden Grünen-Stadträtinnen in Zwiesel angerufen – ich dachte, es ging um die Teilnahme an Sepps Beerdigung. Nein, hat sie gesagt: Es gehe um die Bürgermeister-Kandidatur in Zwiesel und ob ich mir vorstellen könne, für die Grünen anzutreten. Nach einigen Wochen Bedenkzeit habe ich zugesagt. BSZ Hat sich Ihre politische Orientierung dramatisch geändert oder hat die CSU Sie so schlimm enttäuscht, dass Sie jetzt für die Grünen antreten?
Müller Meine politische Orientierung hat sich nicht verändert. Grüne Themen, zum Beispiel alternative Energien und natürlich der Nationalpark Bayerischer Wald, der Erhalt dörflicher Strukturen oder auch eine bürgerfreundliche und nachhaltige kommunale Entwicklung waren mir immer wichtig, genauso wie umweltverträglicher Tourismus – wie ja meine gegenwärtige Tätigkeit als Geschäftsführer der Service GmbH des Bundes Naturschutz beweist. Das müsste ich allerdings aufgeben, wenn ich gewählt werden würde. Von der CSU bin ich nicht enttäuscht – allerdings konnte ich innerhalb der CSU das Grüne in mir nicht so ausleben, wie ich gerne gewollt hätte. Auf lange Sicht glaube ich in der großen Politik sowieso an eine schwarz-grüne Koalition. BSZ Sie verlassen die CSU also nicht im Unfrieden?
Müller Nein. BSZ Mit Wehmut?
Müller Nein. Bayerns Agrarminister Helmut Brunner, mein CSU-Kreisvorsitzender im Landkreis Regen, hat mich angerufen und meinen Abschied von der CSU bedauert. Wir haben uns freundschaftlich auf eine Trennung im gegenseitigen Einvernehmen, wie man so schön sagt, geeinigt. Eine Kandidatur für die Grünen ist für einen CSU-Mann ja auch nicht mit der CSU-Parteisatzung vereinbar. BSZ Aber Sie werden jetzt rasch den Grünen beitreten, oder nicht?
Müller Vorerst nicht. Allerdings möchte ich es zu einem späteren Zeitpunkt nicht ausschließen. BSZ Das macht den Wählern in Zwiesel eine parteipolitische Einordnung aber nicht gerade leichter.
Müller In der Kommunalwahl geht es ja sowieso um Personen. Die Zwieseler können mich eindeutig anhand meiner Arbeit in Bayerisch-Eisenstein bewerten. Dort habe ich wichtige städtebauliche Projekte angepackt und ein paar ungewöhnliche Ideen verwirklicht: das höchste Standesamt im Bayerischen Wald mit Trauungen am Arber-Schutzhaus, dann habe ich als Bürgermeister für Festgesellschaften gekocht und den Erlös für wohltätige Zwecke in der Gemeinde verwendet. BSZ Was das Grüne in Ihnen angeht, so haben Sie einen entscheidenden Persönlichkeitstest bestanden: Die Grünen-Landesvorsitzenden Theresa Schopper und Dieter Janecek finden Ihre Kandidatur toll. Und der niederbayerische Grünen-Bundestagsabgeordnete Eike Hallitzky soll nach einem Gespräch mit Ihnen schwer begeistert gewesen sein.
Müller Den Eike kenne ich ja schon seit Jahren, genauso wie viele andere Landes- und Bundespolitiker, die besonders wegen des berühmten Grenzbahnhofs oder auch wegen des Nationalparks immer wieder nach Bayerisch-Eisenstein gekommen sind. Da kam mir zustatten, dass ich schon immer ein Dialogmensch war, ohne Rücksicht auf die Parteizugehörigkeiten. BSZ Schopper und Janecek betonen aber auch, dass sie von Ihnen eine Übereinstimmung mit der grundlegenden Identität der Grünen erwarten: baldiger Atomausstieg, das Eintreten für Ökologie und Nachhaltigkeit, Weltoffenheit und Ausländerintegration. Deckt sich das mit Ihren Überzeugungen?
Müller Das deckt sich zu 100 Prozent mit meinen Überzeugungen. BSZ Glauben Sie, dass Ihnen die Zwieseler den Wechsel von der CSU zu den Grünen abnehmen?
Müller Davon bin ich überzeugt.
(Interview: Rolf Thym)

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