Kommunales

Das ist Miesbachs neuer Landrat: Wolfgang Rzehak (Bündnis 90/Die Grünen). (Foto: dpa)

08.05.2014

Kleiner und bescheidener

So lautet das Credo des Grünen-Landrates Rzehak aus Miesbach

Er hat es schwarz auf weiß. Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) wünschte dem neuen Miesbacher Landrat Wolfgang Rzehak zum Amtsantritt schriftlich "eine glückliche Hand". Das ist nicht selbstverständlich. Schließlich ist Rzehak "a Greaner", wie die Einheimischen Mitglieder der Grünen-Partei nennen, und das auch noch im oberbayerischen Stammland der CSU. Seehofers Stellvertreterin Ilse Aigner (CSU) hat in Miesbach ihren Stimmkreis. Erst am kommenden Montag (12. Mai) wird der 46-Jährige vereidigt, obgleich schon eine Woche im Amt. Der gelernte Diplom-Verwaltungswirt war am 30. März mit gut 53 Prozent zum Landkreischef gewählt worden.
Rzehak ist Nachfolger des über zahlreiche Affären gestürzten Landrates Jakob Kreidl (CSU). Seehofer selbst hatte den 61-Jährigen zum Verzicht auf die Wiederwahl gedrängt und muss nun miterleben, wie ein Grüner das "schwarze" Miesbacher Land regiert. Berührungsängste scheinen beide nicht zu haben. Beim Patronatstag der Gebirgsschützen vorigen Sonntag in Miesbach begrüßten sich Seehofer und Rzehak herzlich - keine Spur von Distanz beim ersten Zusammentreffen der beiden.
Überhaupt trat Rzehak bei dem Brauchtumsfest auf, als wäre er schon immer oberster Repräsentant seines Landkreises. Formvollendet hieß er Bundespräsident Joachim Gauck mit seiner Lebensgefährtin Daniela Schadt willkommen, schüttelte hier Hände und scherzte dort mit der zahlreich anwesenden Polit-Prominenz.
Im Landratsamt warten freilich große Aufgaben auf den Neuling im Chefsessel. Der Landkreis Miesbach ist mit 134 Millionen Euro hoch verschuldet. "Wir müssen mit äußerster Haushaltsdisziplin unsere Schulden deutlich reduzieren", sagt Rzehak. Gerade entstehen in Holzkirchen ein neues Gymnasium und eine Fachoberschule. Bildung soll trotz des Sparappells ein Schwerpunkt seiner Arbeit werden, versichert der verheiratete Vater zweier kleiner Töchter.
Rzehak hat keine Angst, dass der Landkreis künftig von den Geldtöpfen der Staatsregierung abgeschnitten wird, nur weil einer von den Grünen Landrat ist. "Es wird kein Unterschied nach Parteibuch gemacht", gibt sich der 46-Jährige überzeugt, "und wenn es so wäre, würde ich mich deutlich zu Wort melden."
Rzehak ist selbstbewusst genug, die neue politische Konstellation mit zwei Grünen-Landräten auch der Regierungspartei schmackhaft zu machen. "Die CSU kann etwas lernen: Wie arbeitet eine Regierung mit einem Grünen-Landrat zusammen?" Dabei kann sie auch nach Unterfranken schauen. Neben Rzehak ist mit Jens Marco Scherf im Kreis Miltenberg neuerdings ein weiterer Grünen-Politiker Landrat.
Ohnedies sieht Rzehak sich als Brückenbauer, der "zum Wohle des Landkreises mit allen Parteien zusammenarbeitet". Das erwartet er auch umgekehrt. Im Kreistag, dem Landkreisparlament, will er sich je nach Thema wechselnde Mehrheiten suchen. Bei seinen grünen Kernthemen wie Klimaschutz und Energiewende dürfte das nicht immer leicht werden. Zahlreiche Bürgermeister vor allem in den Ferienregionen um Tegernsee und Schliersee wollen neue Hotels - der Landschaftsschutz soll dabei hinten anstehen.
Rzehaks Vorgänger Kreidl hat als letzte Amtshandlung grünes Licht für den millionenteuren Ausbau des Skigebietes Sudelfeld samt riesigem Speicherbecken für den Betrieb von bis zu 250 Schneekanonen gegeben. Als Chef der Genehmigungsbehörde kann Rzehak dies nachvollziehen, als ökologisch denkender Politiker nicht. Langfristig werde der Tourismus davon nicht profitieren, ist Rzehak überzeugt.
Als Landrat ist Rzehak automatisch Vorsitzender des Verwaltungsrates der Kreissparkasse Miesbach-Tegernsee, jene Bank, die die Feier zum 60. Geburtstag Kreidls mit 77.000 Euro sponserte - Auslöser für dessen Sturz. "Alles wird kleiner und bescheidener", kündigt der neue Oberaufseher schon einmal an. Auch die Bezüge der Verwaltungsräte und damit seine eigene Aufwandsentschädigung sollen spürbar verringert werden. Ein Zeichen will Rzehak zudem bei seinem Dienstwagen setzen -deutlich kleiner und dafür umweltfreundlicher lautet die Devise.
Rzehak arbeitete seit 2001 im Münchner Kreisverwaltungsreferat. Kommunalpolitische Erfahrungen sammelte er seit 1996 im Kreistag von Miesbach und seit 2002 als Gemeinderat in seiner Heimat Gmund am Tegernsee. Zu den Grünen fand Rzehak nach der Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Der Genussmensch reist gerne, bevorzugt nach Italien und Spanien, war aber auch schon in Australien und Kanada. Seine Leidenschaft gilt neben der Familie dem Eishockey. Seinen Posten als ehrenamtlicher Kassierer des TEV Miesbach musste er als Landrat freilich aufgeben. Nun warten andere Aufgaben auf ihn.  (Paul Winterer, dpa)

Kommentare (1)

  1. Zitrone am 10.05.2014
    Kein Wunder, dass die zwei Landkreise Miesbach und Miltenberg für die CSU verloren gingen. In beiden Fällen haben die Landräte öffentliche Gelder für weit überzogene private Feiern in Anspruch genommen. Kreidl bei seinem Sechzigsten jetzt, Schwing bei seinem 50igsten im Jahre 1999. Und es gibt Gerüchte im Landkreis, dass zum Abschied eine Feier mit rd 500 Gästen geplant war, aber wegen der Affäre um Kreidl abgeblasen wurde.
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